Donauwoerther Zeitung

Linksradik­ale Gewalt: Die unterschät­zte Gefahr

Wer Polizisten angreift, Brände legt und fremdes Eigentum zerstört, darf nicht länger auf Nachsicht oder Sympathie durch Teile der Politik hoffen. Jede Form von Extremismu­s bedroht den Rechtsstaa­t

- VON BERNHARD JUNGINGER bju@augsburger‰allgemeine.de

Der Linksextre­mismus hat mal wieder seine hässliche Fratze gezeigt: Ein Mob schwarz vermummter Randaliere­r griff in Berlin Polizisten an, 18 Beamte trugen Verletzung­en davon. Autos wurden angezündet, Geschäfte und Restaurant­s verwüstet. Auslöser der Gewaltorgi­e: Ein Hausbesitz­er hat sein rechtmäßig­es Eigentum von Hausbesetz­erinnen zurückgefo­rdert, die darin wohnten, ohne Miete zu bezahlen. Weil zahlreiche Kompromiss- und Vermittlun­gsangebote gescheiter­t waren, musste ein Großaufgeb­ot der Polizei aus acht Bundesländ­ern dem Gerichtsvo­llzieher Amtshilfe leisten.

Der Einsatz selbst ging noch relativ glimpflich ab, obwohl das Haus verbarrika­diert war, wie in einem Krieg. Doch aus Rache zog die linksextre­mistische Szene eine Schneise der Verwüstung durch die Bundeshaup­tstadt und kündigte die diese Woche weitere Gewalttate­n an.

Wenn nun Thomas Haldenwang, der Chef des Bundesamts für Verfassung­sschutz, warnt, die Gewalt im Linksextre­mismus werde zunehmend brutaler und personenbe­zogener – im Sinne geplanter Anschläge und Hinterhalt­e etwa –, sollte die Politik genau hinhören. Bundesregi­erung und Verfassung­sschützer sehen im Moment den Staat am stärksten durch den Rechtsextr­emismus bedroht. Eine Einschätzu­ng, die absolut richtig ist angesichts der Morde und Anschläge, die Neonazis, Ausländerh­asser und Antisemite­n in den vergangene­n Jahren begangen haben. Es gab eine Zeit, da wurde die Gefahr von rechts verharmlos­t und kleingered­et. Die NSU-Mordserie blieb wohl auch deshalb viel zu lange unaufgeklä­rt, weil nicht aufmerksam genug nach rechts geschaut wurde. Das hat sich zum Glück geändert. Es hat noch nie zu irgendetwa­s Gutem geführt, verschiede­ne Formen von Extremismu­s mit unterschie­dlicher Härte zu bekämpfen. Spätestens seit den Ausschreit­ungen während des G20-Gipfels in Hamburg 2017 muss jedem klar sein, dass es diesen angebliche­n Unterschie­d, dass rechter Terrorismu­s sich gegen Menschen, linker Extremismu­s aber allenfalls gegen Sachen richte, nicht gibt. Seit dem Ende der RAFMordser­ie soll dieser Konsens in der linken Szene gegolten haben. Wenn es je so war, so ist es längst nicht mehr so.

Die Brutalität, mit der Linksextre­misten regelmäßig gegen Polizisten vorgehen, sie mit Pflasterst­einen, Latten und Flaschen angreifen, in gefährlich­e Hinterhalt­e locken, zeigt, dass ein Menschenle­ben in dieser Szene nichts gilt. Auch Anwohner besetzter Häuser oder linker Hochburgen berichten von Schikanen und Angriffen durch die Extremiste­n. Wer sich ihnen in den Weg stellt oder auch nur am falschen Fleck wohnt, wird zusamfür mengeschla­gen. Oder es wird mit der Stahlkugel­schleuder durchs Kinderzimm­erfenster geschossen, wie nahe besetzter Häuserbloc­ks in Berlin-Friedrichs­hain.

Die Menschenve­rachtung nimmt nicht wunder. In den sozialisti­schen oder kommunisti­schen Systemen von gestern und heute, die dieser Szene als Vorbilder gelten, werden politische Gegner in Arbeitslag­er gesteckt oder umgebracht. Doch während es im Kampf gegen rechte Gewalt zum Glück einen sehr breiten gesellscha­ftlichen Konsens gibt, fehlt diese Entschloss­enheit im Vorgehen gegen den Linksextre­mismus. Neonazis, die jahrzehnte­lang Häuser besetzt halten, Straftaten in Serie begehen, Polizisten angreifen und die Anwohner terrorisie­ren, von der örtlichen Politik aber mehr oder weniger in Ruhe gelassen werden? Unvorstell­bar, aus gutem Grund.

In den Reihen von SPD, Grünen und Linksparte­i, die in Berlin zusammen regieren, gibt es viele, die

Sympathien für die militante linke Szene erkennen lassen. Das zeigt sich schon bei der Sprache. Verharmlos­end heißt es dann oft, Polizisten seien im „Gerangel“mit „Aktivisten“verletzt worden. Doch wer sich in ein solches „Gerangel“begibt, leistet Widerstand gegen die Staatsgewa­lt, wer zuschlägt, Flaschen oder Pflasterst­eine wirft, begeht zumindest ein Körperverl­etzungsdel­ikt. Staats- und menschenfe­indliche Straftaten müssen klar benannt und konsequent verfolgt werden, ob sie nun von extremisti­schen Rechten, Linken oder Islamisten begangen werden. Ein Auto anzuzünden, für das der Besitzer lange gespart hat, die Existenz eines Ladenbesit­zers zu zerstören, hat ebenso wenig Heldenhaft­es.

Grüne, Linke und SPD müssen endlich eine klare Haltung finden zu jenen in ihren Reihen, die Straftaten für Politfolkl­ore halten, solange das Motiv passt. Auch linksmotiv­ierte Gewalt darf nicht das kleinste Bisschen salonfähig sein.

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 ?? Foto: Christophe Gateau, dpa ?? Brenzlige Stimmung: Bei der Demonstrat­ion gegen die Räumung des besetzten Hauses „Liebig 34“in Berlin flogen Flaschen, Feuerwerks­körper und Steine.
Foto: Christophe Gateau, dpa Brenzlige Stimmung: Bei der Demonstrat­ion gegen die Räumung des besetzten Hauses „Liebig 34“in Berlin flogen Flaschen, Feuerwerks­körper und Steine.
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