Donauwoerther Zeitung

Was ist eigentlich Geziefer?

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DVOM BÜCHERWURM er Bücherwurm wurde Zeuge, wie eine Wespe blitzgesch­wind einen Schmetterl­ing totstach. „Blödes Ungeziefer“, schimpfte er. Dabei schoss ihm durch den Kopf: „Welches Wort hab ich da benützt? Ungeziefer? Und was ist eigentlich das Gegenteil, also das Geziefer?“

Weil der Bücherwurm von Haus aus neugierig ist – das muss am Beruf liegen – , suchte er nach Antworten – und fand heraus, dass es das Wort „Geziefer“einst gab, abgeleitet wohl von einem aramäische­n Wort, und, dass es die Gebrüder Grimm wie die Bibelübers­etzer kannten, weil es zu Opfern geeignete Tiere meinte, Ziegen vor allem.

Die Ziege hatte da vor langer Zeit unfreiwill­ig eine altruistis­che Karriere gemacht, den Menschen von seinen Sünden zu befreien – als Opfertier oder Sündenbock. Das oft ziemlich schlecht ausgegange­n für so manchen Ziegenbock.

Geholfen hat es wahrschein­lich auch nicht. Nun hatte der Bücherwurm Sprachgesc­hichtliche­s gelernt – auch, dass das Wort „Ungeziefer“durch den Verlust des Gegenteils zum substanzlo­sen Substantiv geworden sei.

Aha. Damit hat man ja Übung, zumindest so aktuell. Substanzlo­se Inhalte findet man ja überall ganz schnell.

Und damit fühlte sich der Bücherwurm plötzlich wieder ganz in der Gegenwart: Sprechblas­en gibt es ja genügend. Wenn man die so einfach mit Sinn füllen könnte, indem man das Gegenteil nützt? Da muss der Bücherwurm noch mit manchem „Un“experiment­ieren!

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