Donauwoerther Zeitung

Fragen über Fragen

Während seine Spieler bei Günther Jauch für einen guten Zweck spielen, muss auch Joachim Löw Antworten finden. Der Bundestrai­ner hat es dabei schwerer

- VON TILMANN MEHL

Köln/Augsburg Joachim Löw dürfte froh gewesen sein, dass er diesen Termin nicht wahrzunehm­en brauchte. Der Bundestrai­ner muss derzeit mehr Fragen beantworte­n, als es ihm lieb ist. Da kann er gut darauf verzichten, sich auch noch von Günther Jauch piesacken zu lassen. Der inoffiziel­le Bildungsbe­auftragte des ansonsten nicht zwingend für die Steigerung des Allgemeinw­issens bekannte Sender RTL, empfing vergangene Woche im Fernsehstu­dio hohen Empfang des Deutschen Fußball Bundes.

Spieler und Offizielle der Nationalma­nnschaft stellten sich in einer Sonderausg­abe von „Wer wird Millionär“den Fragen Jauchs. Weil bei Leon Goretzka oder Joshua Kimmich die Frage aber nicht im Vordergrun­d steht, wer denn sein Konto etwas aufbessern kann, kam der gesamte Gewinn gemeinnütz­igen Einrichtun­gen zugute. Ausgestrah­lt wurde die Sendung am gestrigen Montag. Die drei Rate-Duos des DFB erspielten insgesamt 222500 Euro, die etwa der „Egidius-Braun

Stiftung“oder der von Kimmich und Goretzka initiierte­n Spendenakt­ion „We kick Corona“zugutekomm­en. Den Großteil des Gewinns errang das Abwehrduo Niklas Süle/ Lukas Klosterman­n, das für 125000 Euro verantwort­lich war.

Löw aber hat derzeit andere Probleme als seinen Bildungsst­and abklopfen zu lassen – und sei es für den guten Zweck. Die Fußball-Nation fordert ganz andere Antworten von ihm. Wie es denn bitte sein kann, dass sich das Land nicht mehr vor dem Fernseher versammelt, wenn die von ihm trainierte Mannschaft zu bedeutsame­n Testspielc­hen gegen die Türkei antritt? Oder ob es wirklich sinnig ist, das Team mit dieser eigentümli­chen Dreierkett­e auflaufen zu lassen? Schließlic­h hatte man sich doch gerade daran gewöhnt, dass vor dem Libero keine Vorstopper mehr alles wegflexen, was den Ball verletzung­sfrei annehmen kann. Und: Ist es wirklich nötig, Spieler in ein Trikot der Nationalma­nnschaft zu stecken, wenn sie die Partien ihrer Vereinsman­nschaft meist in Warmhaltej­acken auf der Bank verfolgen?

Die Kritik an seiner Vorgehensw­eise ist bei Löw sehr wohl angekommen, auch wenn er zuletzt behauptete, „über den Dingen“zu stehen. Wirklich maßgeblich ist für den Bundestrai­ner aber nicht, was ehemalige Nationalsp­ieler sagen, die aufgrund ihrer Verdienste nun als „Experten“im Fernsehen agieren. Intern zerbreche man sich wahrlich den Kopf. Überlege teilweise nach Trainingse­inheiten stundenlan­g, wo man wie noch was besser machen könne.

Leider sind die dort gefassten Schlüsse zuletzt auf dem Feld nicht allzu offensicht­lich gewesen. Wenn die Mannschaft am Dienstag gegen die Schweiz antritt (20.45 Uhr,

ARD) geht es deshalb nicht nur darum, Punkte in der Nations League zu sammeln, sondern Experten, Fans und Kritiker zumindest bis zur nächsten Länderspie­lpause im November ruhig zu stellen.

Löw wird gegen die Schweizer wieder auf die infrage gestellte Dreierkett­e setzen. Wohlwissen­d, dass die meisten seiner Spieler im Verein ein anderes System spielen. Allerdings haben seine Analysen (und auch die der „Experten“) nach der WM in Russland ergeben, dass es nun eben ausgerechn­et an der Stabilität mangelt und dass da ein zusätzlich­er Verteidige­r nun wirklich nicht schaden könne. Ganz generell gehe es ihm aber auch nicht um formations­theoretisc­he Debatten, sondern darum, die „richtigen Räume zu bespielen“.

Das wiederum dürfte mit zusätzlich­em Training leichter fallen. Im Kreise der Nationalma­nnschaft blieben aber nur „lächerlich wenig“Gelegenhei­ten, sich in den Übungseinh­eiten aufeinande­r abzustimme­n, sagt Leaon Goretzka.

Auch deswegen habe er beim 2:1-Sieg in der Ukraine ab und an mit Serge Gnabry „aneinander vorbeigeda­cht.“Gegen die Schweiz soll nun eine Leistungss­teigerung gelingen. Von einem Bedeutungs­verlust der Nationalma­nnschaft will der Münchner jedenfalls nichts wissen. „Wenn ich das Trikot der deutschen Nationalma­nnschaft anziehe, dann fühlt sich das für mich immer noch brutal gut an. Ich habe das Gefühl, dass ich für 80 Millionen Menschen in Deutschlan­d spiele.“

 ?? Foto: TVNOW/Frank Hempel ?? Neben Leon Goretzka und Joshua Kimmich saßen auch noch Lukas Klosterman­n und Niklas Süle sowie Oliver Bierhoff und Kevin Trapp auf den Ratestühle­n bei „Wer wird Mil‰ lionär“. An mangelnder Nervenstär­ke sollen sie bei den Fragen von Günther Jauch nicht gescheiter­t sein.
Foto: TVNOW/Frank Hempel Neben Leon Goretzka und Joshua Kimmich saßen auch noch Lukas Klosterman­n und Niklas Süle sowie Oliver Bierhoff und Kevin Trapp auf den Ratestühle­n bei „Wer wird Mil‰ lionär“. An mangelnder Nervenstär­ke sollen sie bei den Fragen von Günther Jauch nicht gescheiter­t sein.

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