Donauwoerther Zeitung

Wirtschaft

Es gibt weiter Ärger bei der Firma Bühler

- VON WOLFGANG WIDEMANN

Monheim Dass in einer Fabrik innerhalb eines Jahres gleich zweimal deutlich Personal abgebaut wird, weil die Geschäfte schlecht laufen, ist in der Region glückliche­rweise eher selten. Die Firma Bühler Motor in Monheim steht nun – wie gemeldet – vor dieser Situation, nachdem die in der Zentrale in Nürnberg ansässige Geschäftsf­ührung angekündig­t hat, 70 Stellen im Unternehme­n streichen zu wollen. Voraussich­tlich schon in den kommenden Wochen könnte sich entscheide­n, wer seinen Job behalten darf und wer ihn verliert.

Als zum Jahreswech­sel 2019/20 am Standort Monheim mehr als 40 Beschäftig­te aus der Stammbeleg­schaft und eine Reihe von Leiharbeit­ern mitgeteilt bekamen, dass sie gehen müssen, ging dies noch einigermaß­en geräuschlo­s über die Bühne. Die Betroffene­n wurden in eine Transferge­sellschaft überführt und fast alle haben dem Vernehmen nach inzwischen einen neuen Arbeitspla­tz gefunden. Viele von ihnen kamen beim Batterienh­ersteller Varta unter, der in Nördlingen gerade groß expandiert.

Die Verhandlun­gen bezüglich der neuerliche­n Sparpläne der Firma Bühler Motor sind bekanntlic­h im Sommer gescheiter­t. Seitdem ist der

Ton zwischen Arbeitgebe­r- und Arbeitnehm­erseite rauer geworden. Betriebsra­t und Gewerkscha­ft werfen dem Management strategisc­he Fehler vor, die nun die Belegschaf­t ausbaden müsse. Die Geschäftsf­ührung hält die ins Auge gefassten Maßnahmen angesichts der schwierige­n Rahmenbedi­ngungen (allgemeine Konjunktur­schwäche, Automobilu­nd Corona-Krise) für „unausweich­lich“.

In diesem Spannungsf­eld sollen nun Gespräche starten, bei denen es darum geht, welche Mitarbeite­r in welchen Bereichen ihren Job verlieren. Man könne zum Zeitpunkt noch nicht genau sagen, wie viele der angepeilte­n 70 Stellenkür­zungen auf Monheim entfallen, heißt es auf Anfrage unserer Zeitung aus der Bühler-Zentrale, jedoch: „Da sich die Umsatzrück­gänge vor allem auf die Produktion und nicht auf die Nürnberger Entwicklun­gsabteilun­gen auswirken, wird der größere Teil des Abbaus in Monheim erfolgen müssen.“

Björn Kannler von der IG Metall geht davon aus, dass die Verhandlun­gen in zwei bis drei Wochen beginnen. Dann sitzen Geschäftsf­ührung, Personalab­teilung, Betriebsra­t und – in beratender Funktion – die Gewerkscha­ft und ein Fachanwalt für Arbeitsrec­ht am Tisch. Das Unternehme­n drückt schon jetzt aufs Tempo: „Wir müssen schnell Klarheit für die Belegschaf­t schaffen. Deshalb möchten wir schnellstm­öglich mit den Betriebsrä­ten über die weiteren Schritte sprechen.“

Im Gegensatz zu den Einschnitt­en zum Jahresbegi­nn, als ein Teil der Produktion aus Monheim nach Tschechien verlagert wurde, sei dieses Mal noch „sehr viel im Unklaren“, so IG-Metall-Vertreter Kannler, auch wegen der vorhandene­n Strukturen, wie zum Beispiel dem Schichtsys­tem: „Keiner kann sich derzeit vorstellen, welche Leute es trifft.“

Die Stimmung im Betrieb sei entspreche­nd schlecht. Aus dem Werk in Monheim sind aber auch Stimmen

zu hören, wonach Betriebsra­t und Gewerkscha­ft bei den (gescheiter­ten) Verhandlun­gen für einen Ergänzungs­tarifvertr­ag möglicherw­eise „zu hoch gepokert“hätten. Mancher, so heißt es, hätte zusätzlich auf einen Teil seines Einkommens verzichtet und dafür lieber drei Jahre eine sichere Arbeit gehabt. So aber gebe es einen erneuten Schnitt beim Personal.

Was die Atmosphäre bei Bühler Motor offenbar zusätzlich belastet, ist eine Panne bei der Berechnung und Auszahlung der Löhne. Nach Auskunft von Björn Kannler erhielten die Beschäftig­ten mindestens zwölf Jahre lang falsche Summen überwiesen. Bei einem Großteil der Betroffene­n seien die Beträge zu gering gewesen. Insgesamt sei ein „guter sechsstell­iger Betrag“zusammenge­kommen. Dies sei 2019 bemerkt worden. Tariflich hätten die Mitarbeite­r nur für die zurücklieg­enden drei Monate einen Anspruch auf Nachzahlun­g gehabt. Man habe sich aber mit dem Management darauf geeinigt, dass der Fehlbetrag für 2019 komplett und für die drei Jahre zuvor zum Teil nachgereic­ht wird.

Alle Beteiligte­n hoffen nun, dass sich bei dem Automobilz­ulieferer die Lage nicht noch weiter verschlech­tert. Anscheinen­d gibt es Anzeichen dafür, dass sich die Auftragsla­ge wieder deutlich bessern könnte. Das Unternehme­n habe Entwicklun­gsaufträge an Land gezogen. Die wirkten sich dann mit einer gewissen Verzögerun­g in etwa ein oder zwei Jahren positiv auf die Produktion aus.

Gespannt sehen die Beschäftig­ten zunächst einmal dem Mittwoch, 14. Oktober, entgegen. Dann steht in Monheim eine Betriebsve­rsammlung an, bei der sich die Geschäftsf­ührung zur Situation äußert.

Viele Mitarbeite­r haben zu wenig Lohn erhalten

 ??  ??
 ?? Foto: Wolfgang Widemann ?? Schlechte Stimmung: Ein Teil der Bühler‰Belegschaf­t hat sich in der vergangene­n Woche zum Schichtwec­hsel vor dem Werk in Monheim versammelt, um Flagge zu zeigen und sich von Betriebsra­t und Gewerkscha­ft über die aktuelle Situation informiere­n zu lassen.
Foto: Wolfgang Widemann Schlechte Stimmung: Ein Teil der Bühler‰Belegschaf­t hat sich in der vergangene­n Woche zum Schichtwec­hsel vor dem Werk in Monheim versammelt, um Flagge zu zeigen und sich von Betriebsra­t und Gewerkscha­ft über die aktuelle Situation informiere­n zu lassen.

Newspapers in German

Newspapers from Germany