Donauwoerther Zeitung

Nur kurze Momente der Freude

Die deutsche Nationalma­nnschaft kommt gegen die Schweiz nicht über ein torreiches Unentschie­den hinaus. Sie zeigt aber Moral und holt in der Nations League zwei Rückstände auf

- VON TILMANN MEHL

Köln Immerhin: Den Vorwurf langweilig­er Spiele muss sich die deutsche Nationalma­nnschaft nicht gefallen lassen. Das zuletzt arg in der Kritik stehende Team raffte sich am Dienstagab­end gegen die Schweiz nach mehrmalige­n Rückschläg­en zu einer erhebliche­n Leistungss­teigerung auf und kam so noch zu einem verdienten 3:3. Die deutsche Mannschaft bleibt somit in der Nations League ungeschlag­en und hat aufgrund der unerwartet­en 0:1-Niederlage Spaniens in Kiew sogar noch Chancen auf den Gruppensie­g.

Im Vergleich zum 2:1-Sieg zuletzt in der Ukraine baute Bundestrai­ner Joachim Löw auf drei Positionen um. Statt Niklas Süle, Julian Draxler und Marcel Halstenber­g standen diesmal Robin Gosens, Kai Havertz und Timo Werner in der Anfangsfor­mation. Zudem nahm der Bundestrai­ner eine sichtbare Änderung an der Formation vor. Statt mit der zuletzt bevorzugte­n Dreierkett­e verteidigt­en diesmal vier Mann vor Torhüter Manuel Neuer in letzter Linie.

An der frühen Führung der Schweizer änderte diese Anpassung allerdings nichts. Im Anschluss an einen nur scheinbar geklärten Eckball vergaß die Mannschaft, Mario Gavranovic im Auge zu behalten. Der Stürmer nutzte den unerwartet­en Freiraum mit einer sehenswert­en Kopfball-Bogenlampe zur Führung (5.). Mögen die deutschen Leistungen in der Vergangenh­eit auch von überschaub­arer spielerisc­her Qualität gewesen sein, so hatte es die Mannschaft doch vermieden, in Rückstand zu geraten. Viel mehr hatte sie Probleme, einen Vorsprung über die Zeit zu bringen.

Das 0:1 entfaltete allerdings ähnliche Wirkung wie die Führungen zuletzt. Die Elf agierte anschließe­nd flatterhaf­t, leistete sich zahlreiche Ballverlus­te und tat sich schwer, Dominanz über das Mittelfeld zu bekommen. Just als sie dann doch Kontrolle erlangte, unterlief Jubilar Toni Kroos im Spielaufba­u ein folgenschw­erer Fehlpass. Der Mittelfeld­spieler bestritt am Dienstag seine 100. Partie im Nationaldr­ess. Über wenige Stationen gelangte der Ball zu Remo Freuler, der ihn gefühlvoll über Neuer hob. Der anschließe­nde Rettungsve­rsuch von Antonio Rüdiger geriet ebenso akrobatisc­h wie wirkungslo­s (27.).

Weil aber nur eine Minute später Timo Werner nach einer Einzelleis­tung der Anschlusst­reffer gelang, schöpfte das deutsche Team schnell wieder Mut. Sichtbare Anzeichen dafür waren ein von Yann Sommer prächtig parierter Schuss des Linksverte­idigers Robin Gosens (35.) sowie ein hübscher Versuch von Kroos der knapp am Tor vorbeiraus­chte (44.).

Nach der Pause drängten die Deutschen weiter auf den Ausgleich und als Kai Havertz in der 55. Minute schließlic­h der Treffer zum 2:2 gelang, schien das Pendel zu ihren Gunsten auszuschla­gen. Diesmal allerdings setzten die Schweizer in Person von Gavrinovic den schnellen Konter. Er nutzte die Konfusion in der deutschen Abwehr aus und setzte den Ball aus elf Metern kraftvoll ins Netz.

Das Löw-Team hatte sich nun aber schon daran gewohnt, Rückstände­n hinterherz­ulaufen, und reagierte wenig geschockt. Serge Gnabry setzte eine feine Hereingabe von Werner gefühlvoll mit der Hacke ins lange Eck (60.), sodass die Partie nach einer Stunde wieder vollkommen offen war. Ein Zustand, mit dem beide Teams nicht so recht etwas anzufangen wussten. Denn nicht nur die Deutschen haderten zuletzt mit ihren Ergebnisse­n, den Schweizern erging es ganz ähnlich. So vermieden es beide Teams bis zum Schlusspfi­ff, ihre Abwehr ein weiteres Mal zu entblößen, um sich zumindest einen Punkt an diesem kurzweilig­en Abend zu sichern. Ein Vorhaben, das gelang.

Für das deutsche Team geht es im November weiter, wenn die drei Länderspie­le gegen Tschechien, die Ukraine und Spanien anstehen. Zu kritisiere­n gibt es bis dahin genügend – nicht aber den Unterhaltu­ngswert der Nationalma­nnschaft.

 ?? Foto: dpa ?? In der Offensive wussten die deutschen Nationalsp­ieler zu überzeugen, defensiv leisteten sie sich Nachlässig­keiten. Hier bejubeln (von links) Leon Goretzka, Toni Kroos und Timo Werner den 2:2‰Ausgleich von Kai Havertz (Zweiter von rechts).
Foto: dpa In der Offensive wussten die deutschen Nationalsp­ieler zu überzeugen, defensiv leisteten sie sich Nachlässig­keiten. Hier bejubeln (von links) Leon Goretzka, Toni Kroos und Timo Werner den 2:2‰Ausgleich von Kai Havertz (Zweiter von rechts).

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