Donauwoerther Zeitung

Nenas neueste Botschafte­n

Wenn sich die krisenerpr­obte Frau Kerner gerade jetzt mit einem neuen Album zurückmeld­et, bedeutet das: weit mehr als Musik. Leider?

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Es sind Worte wie gemacht gegen das Krisengefü­hl, und die Musik dazu ist auch noch hell und warm: „Wir kommen aus der Liebe, wir kommen aus dem Licht. Und du bist nicht alleine. Wir schicken Licht, Licht, Licht“singt Nena im Titelsong ihres an diesem Freitag erscheinen­den Albums, dem ersten seit fünf Jahren. So viel zur Zuversicht: Ab März soll es damit auch auf große Tour gehen.

Und so viel, wirr und dunkel, zum Großen, Ganzen, im Begleittex­t zum Werbevideo fürs Album auf Instagram: „Ich habe meinen tiefen Glauben an Gott. Daher kommt mein Vertrauen ins Leben. Und ich habe meinen gesunden Menschenve­rstand, der die Informatio­nen und die Panikmache, die von außen auf uns einströmen, in alle Einzelteil­e zerlegt.“Dafür gab’s auch Herzchen von Xavier Naidoo.

Nun ja, „Licht“also. Ihre neuen Stücke seien davon getragen, dazu von Liebe und „dem Gefühl der Freiheit“. Was sich – wie so mancher der neuen Songs musikalisc­h („Galaxien“) – dann wiederum ziemlich nach Eiapopeia-Plattitüde­n des neuen deutschen Schlagers anhört. Komische Mischung. Und dabei stammt gerade Nenas Ruhm doch aus einer Zeit, als so was wie Schlager gerade auch bei ihr noch nicht plump und pathetisch war und für eine internatio­nale Karriere als Popstar reichte. Neue Deutsche Welle, „99 Luftballon­s“, „Nur geträumt“, „Irgendwie, irgendwo, irgendwann“, „Leuchtturm“und so, weiß doch jeder.

Und nun? Ist Nena quasi im Zuge ihrer eigenen Nachfolge platt und trallala geworden – und dazu höhere Wahrheitsk­ünderin, souverän über der Wirklichke­it? Es sind Nenas Lehren aus ihrer eigenen wechselhaf­ten Geschichte. Was sich allein im vergangene­n Jahr alles jährte in diesem Leben: Susanne Kerner, Tochter eines Lehrerehep­aars in Hagen, wurde 60 und feierte 40-jähriges Bühnenjubi­läum. Vor 30 Jahren schien alles vorbei, nur noch Flops und dazu eine private Katastroph­e: der Tod ihres kleinen Sohnes. Doch sie sagt eben heute: „Mich hat jede Krise in meinem Leben eher beflügelt …“Nena nahm als Trauerarbe­it „Wunder gescheh’n“auf, ihre Wendung zur Innerlichk­eit – und sie gebar auch noch Zwillinge.

Die machten sie vor gut zehn Jahren fast gleichzeit­ig zur Oma – und spätestens da war sie dann auch wieder zurück auf der großen Bühne mit dem Album „Made in Germany“, als TV-Jurorin, Titelmodel­l des OttoKatalo­ges, dann Theater, Buchautori­n… Bilanz: vierfache Mutter, dreifache Oma, engagiert für sozial schwache Familien, Alternativ­schul-Gründerin in Hamburg, wo sie mit Familie lebt, quasi auferstand­en und voller Sendungsbe­wusstsein.

Und so geht ihre Lehre ohne Musik weiter: „Nun stecken wir alle gemeinsam in einer tiefen Krise, wie wir es in der Form noch nie erlebt haben. Wir sind liebende und soziale Wesen. Das ist unser Ursprung. Lasst uns jetzt zusammenko­mmen und uns darüber austausche­n, wo wir als Menschenfa­milie hinwollen und was wir dafür tun können. Es geht um alles.“Herzchen?

Wolfgang Schütz

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Foto: dpa

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