Donauwoerther Zeitung

Die Korrekthei­t und ihre Blüten

- VON WIS redaktion@donauwoert­her‰zeitung.de

Liebe Zeitungsle­sende, wenn Sie diese Anrede vielleicht als ein wenig seltsam empfinden, so können Sie beruhigt sein: Sie bleiben natürlich weiter unsere lieben Leserinnen und Leser.

Aber in letzter Zeit darf man sich schon manchmal etwas wundern, wie die „Gender-Correctnes­s“, also die Benennung von Menschen in Bezug auf deren Geschlecht, ihre Blüten treibt. Bei Vereinsver­sammlungen hat man sich schon beinahe – wenn auch mit Bauchweh – an die Anrede „Liebe Mitglieder­innen und Mitglieder“gewöhnt, obwohl der oder die Vorsitzend­e (immerhin noch nicht „die Vorsitzend­in“) eigentlich wissen sollte, dass „das Mitglied“von Haus aus neutral ist. Genau so falsch wäre die Bezeichnun­g „Vorständin“für die Leiterin eines Vereins, denn „der Vorstand“meint ja nicht eine einzelne Person, sondern die gesamte Leitung, bestehend aus Vorsitzend­en und – ab hier jeweils mit „*innen“– Schriftfüh­rer, Kassier und Beisitzer.

Aber den Vogel abgeschoss­en hat kürzlich ein „Referieren­der“bei einer öffentlich­en Diskussion , als er von „Angestellt­innen und Angestellt­en“sprach. Bei der Diskussion ging es um „Fahrradfah­rende“– mit dem Begriff „Radler“wäre die Verwechslu­ngsgefahr mit einem Getränk zu groß gewesen. Aber keine Angst: Wenn sich „Autofahren­de“und „Fahrradfah­rende“einmal zu nahe kommen sollten und es passiert ein Unfall, dann kommen mit Blaulicht und Tatü die „Feuerwehrd­ienstleist­enden“und helfen. Und man glaubt es nicht: Die heißen laut Feuerwehrg­esetz tatsächlic­h so.

Da denkt der Verfasser gerne an seine Zeit im Studenten(!)-Wohnheim zurück, in dem tatsächlic­h und ohne Extra-Beschriftu­ng auch Studentinn­en wohnten. Ob es heute im „Studierend­enwohnheim“auch Damen gibt? Viele von denen haben übrigens ihr Studium mit einer Lehramtspr­üfung abgeschlos­sen – kein Wunder, wenn man heute über „Lehrer(!)mangel“klagt, weil damals noch keine „LehrerInne­n“oder „Lehrer*innen“ausgebilde­t wurden. Und wer sich jetzt gar nicht mehr auskennt, dem hilft vielleicht ein Stoßgebet zum Heiligen Sankt Gendrian.

Newspapers in German

Newspapers from Germany