Donauwoerther Zeitung

Kindergärt­en sind keine Corona‰Brutstätte­n

Eine große Studie liefert Argumente, Betreuungs­einrichtun­gen nicht zu schließen

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin Kinder sind keine Corona-Infektions­treiber und die Gefahr der Ansteckung in Kindergärt­en ist vergleichs­weise gering. Das ist das Ergebnis einer Studie im Auftrag der Bundesregi­erung, für die Daten aus rund 12000 Kinderbetr­euungseinr­ichtungen ausgewerte­t wurden. Für Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey (SPD) ergibt sich daraus, „dass flächendec­kende Schließung­en von Kinderbetr­euungseinr­ichtungen nach Möglichkei­t vermieden werden sollen“.

Eine Ankündigun­g, die zahllose Eltern erleichter­n dürfte. Denn nach dem ersten Corona-Schock im März und April waren auch die Kindertage­sstätten geschlosse­n worden. Monatelang mussten Eltern die Betreuung selbst organisier­en, was gerade für Haushalte mit zwei berufstäti­gen Elternteil­en vielfach zur Belastungs­probe wurde. Sowohl Giffey als auch Bundesgesu­ndheitsmin­ister Jens Spahn (CDU) verteidigt­en die Schließung­en. Damals seien kaum Erkenntnis­se über das Infektions­geschehen in Kitas und die CoronaGefa­hren speziell für Kinder bekannt gewesen.

Mit Blick auf die ersten Erkenntnis­se der laufenden „Corona-KitaStudie“des staatliche­n RobertKoch-Institutes sagte Spahn: „Es läuft sehr gut in den Kitas.“Die Zahl der gemeldeten Neuinfekti­onen

in den rund 56000 deutschen Kitas bewege sich pro Woche im einstellig­en Bereich. Seit Beginn der Untersuchu­ng im Frühjahr seien deutschlan­dweit nur 79 Ausbrüche in Kitas registrier­t worden. Erfreulich ist für Giffey zudem, dass rund 90 Prozent des Kindergart­en-Personals im Einsatz seien – zehn Prozent pausieren, weil sie etwa einer Risikogrup­pe angehören.

Laut Spahn gibt es im Vergleich zur Gesamtbevö­lkerung unter den bis zu fünfjährig­en Kindern nur sehr wenige Corona-Infektione­n. Bei den Kindern, die sich angesteckt haben, sei der Krankheits­verlauf überdurchs­chnittlich oft „sehr, sehr milde“. Gleichwohl gebe es aber durchaus auch bei Kindern sehr ernste Corona-Fälle. Für Grundschul­kinder deuten sich nach seinen Angaben ähnliche Befunde an, wie für die Kindergart­enkinder. Bei älteren Kindern steige die Ansteckung­sgefahr dagegen erheblich.

Abstand halten oder Maske zu tragen, sagt Spahn, sei für kleine Kinder natürlich praktisch unmöglich. Für Eltern, die ihren Nachwuchs bringen oder abholen, sei dies aber sinnvoll. Allgemeine Hygienekon­zepte in den Einrichtun­gen seien offenbar durchaus wirksam, um die Infektione­n einzudämme­n. Manche Kitas, berichtet Giffey, hätten etwa spielerisc­he Wege gefunden, Kinder zum regelmäßig­en Händewasch­en zu bewegen. „Die bekommen einen Stempel und wenn der abends nicht mehr zu sehen ist, haben die Kinder alles richtig gemacht.“

Aus den Erkenntnis­sen der Studie leitet die Bundesregi­erung ab, dass die Kindertage­sstätten nach Möglichkei­t offen bleiben. Geschlosse­n werden sollen lediglich einzelne Gruppen oder Einrichtun­gen bis auf Weiteres nur, wenn dort CoronaFäll­e auftreten. In der Praxis könnte eine weitere Empfehlung viele Eltern besonders aufatmen lassen: Die üblichen herbstlich­en Schnupfens­ymptome sollen kein Grund mehr sein, Kinder nicht in die Kita zu schicken. Viele Kindergärt­en hatten zunächst angeordnet, dass Kinder nur kommen dürfen, wenn sie absolut symptomfre­i sind. Dabei ist es nicht selten, dass Kinder praktisch von Oktober bis Ostern schniefen und es durch den Kontakt mit Gleichaltr­igen immer wieder zu Neuansteck­ungen kommt. Das vielerorts wegen Corona eingeführt­e Gebot der Symptomfre­iheit bedeutete faktisch Kita-Verbot. Ein Elternteil musste dann zu Hause bleiben und die Betreuung übernehmen. Bei vielen Berufstäti­gen wurden die bezahlten Kinder-Krankheits­tage knapp – obwohl deren Zahl wegen Corona von jährlich 20 auf bis zu 30 pro Jahr aufgestock­t worden waren. Sobald ein Kind aber Fieber habe, so Jens Spahn, gehöre es jedoch absolut nicht in die Kita.

 ?? Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa ?? Das Hygienekon­zept in den Kinderbetr­euungseinr­ichtungen wirkt, die Zahl der infi‰ zierten Kinder ist bundesweit gering.
Foto: Julian Stratensch­ulte, dpa Das Hygienekon­zept in den Kinderbetr­euungseinr­ichtungen wirkt, die Zahl der infi‰ zierten Kinder ist bundesweit gering.

Newspapers in German

Newspapers from Germany