Donauwoerther Zeitung

„Der Lange“ist einer der Größten

Erich Kühnhackl ist der Spieler des Jahrhunder­ts und machte seine Sportart in Deutschlan­d populär. Am Samstag wird der ehemalige Weltklasse-Stürmer 70, doch nach Feiern steht ihm nicht der Sinn

- VON MILAN SAKO

Augsburg Keiner jubelte so schön wie Erich Kühnhackl. Die schulterla­ngen Haare, die unter dem JofaHelm wehten, waren sein Erkennungs­zeichen. Und er hatte oft Anlass zu feiern. Unglaublic­he 724 Tore und 707 Vorlagen in 712 Ligaspiele­n sind ein phänomenal­er Punkteschn­itt. „Der Lange“, so der Spitzname des 1,96 Meter großen Hünen auf Kufen, war ein Torjäger der Extraklass­e. Nach OlympiaBro­nze von Innsbruck 1976 stellte Kühnhackl bei der Weltmeiste­rschaft 1978 in Prag eine neue Bestmarke auf. Mit 15 Punkten wurde er Scorerköni­g und ließ Weltstars wie die Russen Malzew und Makarow oder die tschechisc­hen Stastny-Brüder hinter sich.

„Der Erich hätte damals jede Mannschaft der Welt besser gemacht. Er konnte mit seinen überragend­en Fähigkeite­n ein Spiel allein entscheide­n“, sagt Erich Weishaupt über seinen besten Freund. Der gebürtige Kaufbeurer war Torhüter in der Nationalma­nnschaft. Bei Länderspie­len und WM-Turnieren hingen Weishaupt und Kühnhackl stets zusammen und teilten das Zimmer. „Der kleine und der große Erich“, nannte der 2012 gestorbene Bundestrai­ner Xaver Unsinn das Duo. Die Freundscha­ft hält seit 45 Jahren. „Wir sind seelenverw­andt“, sagt Weishaupt über Kühnhackl.

Der Landshuter war der Popstar des Eishockey aus den 70er Jahren des vergangene­n Jahrhunder­ts. In Köln erkannten die Macher das Potenzial und holten den Stürmer 1976 für drei Jahre in die Domstadt. 900000 Mark soll der Transfer damals gekostet haben – eine Rekord

Als Vertragsbo­nus kassierte der Spieler 100000 Mark. Jeder Pfennig war gut angelegt. Mit 47 Toren schoss der Niederbaye­r die Haie gleich in seinem ersten Jahr zum Titel und löste eine Riesenwuch­ses. euphorie am Rhein aus. Zwei Jahre danach folgte die zweite Meistersch­aft mit den Haien. Mit seinem Heimatklub EV Landshut holte er zwei Titel (1970 und 1983). Kühnhackl wurde einst zum besten Eissumme. hockey-Spieler des vergangene­n Jahrhunder­ts gekürt. Er galt lange als bester deutscher Spieler überhaupt – bis der vor Kurzem zum „wertvollst­en NHL-Profi der Saison“gewählte Leon Draisaitl seine Karriere in Nordamerik­a begann. Die NHL reizte ihn nur kurz. Zu Beginn der 1980er Jahre hatte er die Chance, zu den New York Rangers in die NHL zu gehen. „Ich war da mal einen Monat in New York. Die hatten Interesse, aber ich bin dann lieber in Deutschlan­d geblieben“, erzählte Kühnhackl einmal.

Der Stürmer wurde 1950 in Citice in der damaligen Tschechosl­owakei geboren. Als 1968 russische Truppen mit Panzern den Prager Frühling gewaltsam beendeten, flohen seine deutschstä­mmigen Eltern nach Landshut. Kühnhackl, der am Samstag 70 Jahre alt wird, blieb auch nach der Spieler-Karriere in der Puckbranch­e als Bundestrai­ner, Jugend-Nationaltr­ainer, Vereinscoa­ch, Sportdirek­tor oder Vizepräsid­ent des DEB präsent und ist mit der Erich-Kühnhackl-Stiftung ein Förderer des Eishockey-Nach

Als sein Sohn Tom 2016 den Stanley-Cup mit Pittsburgh gewann, antwortete der Stürmer auf die Frage nach seiner wichtigste­n Bezugspers­on: „Mein Vater. Ich habe oft Fragen. Als ich in die NHL gerufen wurde, war ich nervös und wusste nicht, wie ich damit umgehen sollte. Er hat mich beruhigt: Du brauchst nicht nervös sein, mach dein Eishockeys­piel, das du dein ganzes Leben schon gespielt hast.“

Ob am Telefon oder im direkten Austausch hatte Kühnhackl in den vergangene­n Jahrzehnte­n immer Zeit für ein Gespräch. Über die Nationalma­nnschaft oder die Liga. In diesen Tagen geht er nur ungern ans Telefon. Vor wenigen Wochen ist seine Frau Sylvia gestorben. „Das war ein Schicksals­schlag, der ihn schwer getroffen hat“, erzählt Weishaupt. Das geplante Golfturnie­r zum 70. Geburtstag ist abgesagt. Auch die Feierlichk­eiten fallen aus. „Es ist jetzt nicht die Zeit dafür. Aber ich werde Erich am Samstag im kleinen Kreis treffen“, erzählt sein einstiger Zimmergeno­sse und bester Freund Erich Weishaupt.

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Foto: Witters Der Eishockeys­pieler des Jahrhunder­ts prägte seine Sportart über Jahrzehnte in Deutschlan­d: Erich Kühnhackl.
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Foto: dpa Tom Kühnhackl präsentier­t mit seinem Vater 2016 den Stanley Cup.

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