Donauwoerther Zeitung

„Ich war immer Träumerin“

Carla Bruni ist als Sängerin zurück und spricht über die Ehe mit Nicolas Sarkozy, ihre zwei Kinder und ihr Leben zwischen Kunst und Politik

- STEFANIE WIRSCHING Interview: Steffen Rüth

Sie haben die Corona-Quarantäne in Ihrem Haus in Südfrankre­ich verbracht. Sind Sie froh, wieder in Paris zu sein?

Carla Bruni: Ja. Es ist schön, wieder bei der Arbeit zu sein, und es ist sehr schön, dass die Schule wieder geöffnet hat. Ich bin ja durchaus gerne im Urlaub, aber die Auszeit im Sommer war wirklich sehr ausgedehnt. Wir waren fast drei Monate raus aus Paris. Aber das Gute ist: In der Zeit, in der wir praktisch weggesperr­t waren, konnte ich sehr intensiv an meinem Album arbeiten. Ansonsten hatte ich ja nichts zu tun. Ich habe jeden Tag ein, zwei Stunden Sport gemacht, Gymnastik, Laufen und solche Sachen, aber die Tage wurden schon sehr lang.

Haben Sie Ihre Familie in diesen Monaten der kreativen Isolation noch einmal intensiver kennengele­rnt?

Bruni: Mein Mann und ich, wir sind sowieso die ganze Zeit sehr eng und sehr intim miteinande­r verbunden. Da war kein Unterschie­d zu sonst. Und um meine Kinder kümmere ich mich immer viel und so gut ich kann. Also ich brauchte jetzt nicht diesen Corona-Lockdown, um Aurélien und Giulia für mich zu entdecken. Aber mit wem ich echt sehr, sehr viel enger war als normalerwe­ise, das waren meine Mutter und meine Schwester. Meine Mutter ist 90 und hey, ich dachte ständig, ich werde sie umbringen (lacht). Habe ich dann aber doch nicht gemacht, denn ich liebe sie.

Warum wollten Sie Ihre Mutter töten?

Bruni: Weil sie mich in den drei Monaten, in denen wir aufeinande­r hockten, behandelt hat, als wäre ich vier. Und meine Schwester als wäre sie sieben. Mit der eigenen Familie war es wirklich die reine Freude, aber mit der Geburtsfam­ilie, also, wie soll ich sagen, wir mussten uns alle ein bisschen entspannen, zurücknehm­en und geduldig sein.

So sind Mütter nun mal.

Bruni: Ja, aber mit 50 lebst du normalerwe­ise nicht mit denen zusammen (lacht).

Anstatt Ihre Schwester Valeria Bruni-Tedeschi zu killen, haben Sie für Ihr nun erschienen­es erstes Album mit selbst geschriebe­nen Songs seit sieben Jahren zusammen das Lied „Voglio l’Amore“eingesunge­n.

Bruni: Meine Schwester hat mich immer zur Musik ermutigt. Als ich noch jung war, sagte sie schon immer „Die Leute sollen deine Songs hören, sie sind toll“. Und bis heute zwinge ich sie, sich jeden neuen Song anzuhören, den ich geschriebe­n habe. Ihr Urteil ist mir wirklich wichtig.

Mussten Sie Ihre Schwester, eine Schauspiel­erin, überreden?

Bruni: Nö, gar nicht. Sie hatte Bock und hat dem Lied so eine kleine Extra-Verrückthe­it gegeben. Außerdem ist dieser Song sehr besonders, weil ich zum ersten Mal auf Italienisc­h geschriebe­n habe und singe. Ich bin ja in Italien geboren und aufgewachs­en, aber meine Großmutter war Französin, und ich hatte von

HAnfang an immer sehr die französisc­he Sprache im Ohr.

Wie haben Mutter und Großmutter Sie geprägt?

Bruni: Ich war immer eine Träumerin, und sie haben mich träumen lassen. Meine Träume waren nicht konkret so im Sinne von „Ich werde Model“oder „Ich werde Sängerin“. Sondern es sind eher so Tagträume gewesen. Ich war verspielt, neugierig und abenteuerl­ustig – und hing sehr, sehr gern mit dem Kopf in den Wolken.

Handelt „Un Grand Amour“von Ihrem Mann und Ihnen?

Bruni: Ja, voll. Und noch weitergefa­sst spricht der Song über Menschen, die sich treffen und verlieben. Am Anfang weiß niemand, ob es eine Liebe wird, die aus heißem Verlangen besteht, oder ob sie nur zwei Tage hält, obwohl du glaubtest, sie hält ein Leben lang. Oder ob die eine, die Riesenlieb­e wird. Ich persönlich würde mich für jede Liebe entscheide­n, selbst für eine klitzeklei­ne

Liebe.

Als Nicolas und Sie sich verliebten, wusste wohl auch niemand, wie es laufen wird, oder?

Bruni: Doch! Ich wusste es! Wir erlebten diese süße Erfahrung der Liebe auf den ersten Blick. Womit ich nicht gerechnet hätte, das ist der dauerhafte, beständige Teil unserer Liebe. Ich hätte es mir anfangs selbst nicht zugetraut, so eine wunderschö­ne Liebe leben zu können.

Jetzt sind Sie beiden seit zwölf Jahren verheirate­t.

Bruni: Fast schon seit dreizehn. Ich bin so unglaublic­h überrascht darüber. Es ist ein großes Glück, ein Segen.

Was macht Ihre Liebe aus?

Bruni: Eine gute Beziehung lebt auch von Gegensätze­n. Ich bin ganz schön melancholi­sch. Zwar auf lebenslust­ige Art, aber trotzdem. Mein Mann dagegen ist komplett unmelancho­lisch. Außerdem ist er ein Tagmensch, und ich bin ein Nachtmensc­h. Nicolas und ich, wir sind wie Mond und Sonne. orten – ein böses, böses Wort. Wer in Krisenzeit­en hortet, muss sich schämen. Der ist ein rücksichts­loser Kleingeist. Der sollte seine zwei bis drei Packen Klopapier im Einkaufswa­gen auf jeden Fall besser verstecken, besonders gut eignet sich dafür ein Kopf Blattsalat, kombiniert mit der Tiefkühlpi­zza extra grande und einer großen Chipstüte. Was nichts daran ändert, dass man im Moment des Aufladens aufs Kassenband am Pranger steht:

Seht her, ein Horter! Einer, der zu viel nimmt! Da ist die Gesellscha­ft streng! Horter stehen deswegen in einer Reihe mit Vielfraßen und Gierhälsen.

Wie aber entgeht man dieser Situation? Indem man hortet, bevor die Horter kommen, also die echten. Indem man hortet, wenn es noch keinem auffällt. Wie das Eichhörnch­en. Was wäre das für ein dummes Eichhörnch­en, das sich erst im November auf die Suche nach Nüssen

„La Chambre Vide“(Das leere Zimmer) ist von einem Kind inspiriert, das sein Elternhaus verlässt. Was hat Ihr 19-jähriger Sohn Aurélien über das Stück gesagt?

Bruni: Ich habe den Jungen genötigt, sich das Lied mit mir anzuhören. Und er meinte „Hey, pass mal auf, du singst über mich, als wäre ich tot“(kichert). Ich bin nicht traurig, dass er ausgezogen ist. Das gehört dazu. Die Zeit ist vergangen, und er ist kein Baby mehr, sondern ein junger Mann, der jetzt seine eigenen Wege geht. Der Song ist vielmehr eine Betrachtun­g darüber, wie schnell das Leben vorbeizieh­t. Durch deine Kinder merkst du das besonders deutlich.

Auf Instagram macht er keinen Hehl aus seiner Bewunderun­g für Boris Johnson. Er befürworte­t den Brexit. Habt ihr viele Diskussion­en zuhause?

Bruni: Gott ja, ständig, vor allem auch mit meinem Mann zusammen. Keine Ahnung, was ihn da gerade reitet, neulich war er noch Kommunist (lacht).

Sie und Ihr Mann haben das Politische und das Private immer gut trennen können, oder?

Bruni: Ja. Liebe und Politik standen sich bei uns nie im Weg, wirklich gar nicht. Als mein Mann noch Präsident war, kamen öfters Leute auf mich zu, die so taten, als wollten sie mich trösten. So übertriebe­n fürsorglic­h, so „Oh, geht es Ihnen wirklich gut?“Sehr merkwürdig war das. Die Menschen waren immer so gestresst in Bezug und Politik und auf Macht und all das. Mir selbst war das irgendwie ganz schön egal. Ich habe mich nie mit reinziehen lassen in diese politische Blase. Mir fiel es nie schwer, Abstand zu diesem Geschäft zu halten.

Soll Giulia Politikeri­n oder Künstlerin werden? lieber

Bruni: Künstlerin! Da bin ich mir ganz sicher. Sie singt und tanzt den ganzen Tag. Für Politik brauchst du ein Händchen, ein echtes Talent. Ich habe meinen Mann immer dafür bewundert, mit wie viel Begeisteru­ng er Politiker war. Das hat den wirklich interessie­rt. zwischen einem Mitarbeite­r und einem Kunden. Schließlic­h ist es schlimm genug, dass wir Deutschen einmal dafür bekannt wurden, in Zeiten der Krise dem Stuhlgang höchste Priorität eingeräumt zu haben – während bei den Franzosen Kondome, bei den Italienern Wein und bei den Niederländ­ern Cannabis Mangelware waren. In anderen Nationen also gerieten die genüsslich­en Laster in den Vordergrun­d, wir haben uns selbst auf unsere Grundbedür­fnisse reduziert. Nun gilt es sicherzust­ellen, dass wir uns nicht ein weiteres Mal zum Gespött der Welt machen. Statt unsere Fehler zu wiederhole­n, sollten wir lieber aus der Vergangenh­eit lernen und daraus Zuversicht schöpfen. Die erste Welle haben wir schließlic­h auch verhältnis­mäßig gut überstande­n. Gehen wir dieses Mal mit Optimismus voran – und nicht mit Einkaufswa­gen voller Klopapier nach Hause.

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Sie ist 52, Frau des ehemaligen Präsidente­n Frank‰ reichs, Mutter von Giulia (fast 9) und Aurélien (19) – aber noch immer ist die gebürtige Italieneri­n Carla Bru‰ ni auch die erfolgreic­he Sängerin, nun mit neuem, selbstbeti­telten Album, der eigenständ­ige Star. Wie das begann? Die Mutter Schauspiel­erin und Pianistin, der Vater Großindust­rieller – Carla schmiss früh das Kunst‰ studium, um Model zu werden…
Fotos: dpa, Universal Ihre Karriere Sie ist 52, Frau des ehemaligen Präsidente­n Frank‰ reichs, Mutter von Giulia (fast 9) und Aurélien (19) – aber noch immer ist die gebürtige Italieneri­n Carla Bru‰ ni auch die erfolgreic­he Sängerin, nun mit neuem, selbstbeti­telten Album, der eigenständ­ige Star. Wie das begann? Die Mutter Schauspiel­erin und Pianistin, der Vater Großindust­rieller – Carla schmiss früh das Kunst‰ studium, um Model zu werden…
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