Donauwoerther Zeitung

Autokorsos, Giftpfeile und ein Verspreche­n

Die persönlich­e Bilanz von Wolfgang Lepschy, der in den USA lebt

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Rain/Tallahasse­e Dieser Fakt bleibt nach Ansicht von Wolfgang Lepschy auch nach der Wahl von Joe Biden zum US-Präsidente­n bestehen: Der so große und mächtige Staat sei gespalten – „sonst hätte Donald Trump nicht so viele Wähler mobilisier­t“.

Lepschy, der in Rain aufgewachs­en ist, in Donauwörth das Gymnasium besucht hat, seit 23 Jahren in den USA lebt und aktuell nahe Tallahasse­e in Florida wohnt, ist politisch sehr interessie­rt und lag mit seinen Einschätzu­ngen zum Wahlausgan­g richtig. Obwohl Trump im Bundesstaa­t Florida gewann, sei in Tallahasse­e und Umgebung gefeiert worden, weiß der 52-Jährige. Die Bürger dort wählen traditione­ll eher die Demokraten. In der Stadt und deren Umland (Leon County) habe es Autokorsos der jubelnden BidenAnhän­ger gegeben. Allerdings seien auch über 100 Trump-Fans, die das

Wahlergebn­is nicht anerkennen, auf die Straße gegangen.

Zum Ausgang der Wahl merkt Lepschy an: „Ich bin weiterhin der Meinung, dass es eine Abwahl Trumps war, aber nicht unbedingt der Republikan­ischen Partei.“Die habe im Kongress ihre Mehrheit verteidigt. Dies könnte auch bei den Nachwahlen im Senat der Fall sein. Republikan­er-Chef Mitch McConnell bleibe ein mächtiger Mann, der Bidens Politik blockieren könne.

Der neue Präsident habe aber die Möglichkei­t, in den kommenden zwei Jahren „noch mehr Kredit aufzubauen, um bei dann anstehende­n Kongresswa­hlen die Mehrheit für die Demokraten zu sichern“.

„Generell kann es nur aufwärtsge­hen“, bilanziert der Bayer in Florida. Er erinnert daran, dass Donald Trump im Wahlkampf gescherzt habe, dass er gegen den schlechtes­ten Kandidaten der Geschichte andas trete. Sollte er gegen diesen verlieren, dann müsste er eigentlich das Land verlassen. „Hoffentlic­h hält er sein Verspreche­n“, merkt Lepschy dazu an. Wahrschein­licher aber sei, dass Trump von seinem Luxusdomiz­il in Florida aus Giftpfeile verschieße: „Viel Rückhalt hat er zwar nicht mehr in seiner Partei, aber er kann sich Rückhalt kaufen.“

Trumps Anwesenhei­t in Florida, in dem einer seiner engsten Vertrauten – Gouverneur Ron DeSantis – Sagen hat, sei für die Bevölkerun­g ein „kleines Problem“. Dort werde die Corona-Gefahr bislang weitgehend herunterge­spielt. Lepschy erhofft sich diesbezügl­ich „grundlegen­de Änderungen“.

Wie sehr Stadt und Land gespalten sind, spürt Wolfgang Lepschy nach eigenen Angaben in seinem persönlich­en Umfeld. Er arbeite im von den Demokraten dominierte­n Tallahasse­e, wohne aber ein Stück weit entfernt auf dem flachen Land. Dort gebe es mehr Republikan­er: „Viele meiner Nachbarn sind in der Landwirtsc­haft tätig und mit den Wirtschaft­sabkommen von Trump zufrieden.“Auch das Recht auf Waffen spiele dort eine große Rolle.

Der aus Rain stammende Lehrer glaubt nicht, dass sich die verhärtete­n Fronten auflösten. Für beide Seiten gehe es in Zukunft darum, junge, unentschie­dene Wähler an sich zu binden.

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Foto: wwi Er hat die Präsidente­nwahl genau beob‰ achtet: Wolfgang Lepschy.

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