Donauwoerther Zeitung

Mann geht gegen Corona‰Bußgeld vor

Im Frühjahr wird während des Lockdowns Geburtstag gefeiert. Dann klingelt die Polizei. Ein Gast auf der Fete will die Strafe nicht zahlen, darum kommt es zum ersten derartigen Prozess

- VON JAN‰LUC TREUMANN

Landkreis Wenn jemand Geburtstag feiert und es an der Tür klingelt, dann werden üblicherwe­ise freudig die Türen geöffnet. Als es aber im Frühjahr an einer Tür in einer Gemeinde im nördlichen Landkreis schellte, wurden die Gäste schleunigs­t aus der Hintertür befördert – so jedenfalls sagte es ein Polizist vor dem Nördlinger Amtsgerich­t aus. Denn es waren die Beamten, die klingelten und während des Lockdowns waren Geburtstag­sfeiern mit vielen Leuten nicht erlaubt. Nun wurde die erste Ordnungswi­drigkeit aufgrund der Coronamaßn­ahmen am Amtsgerich­t verhandelt, bislang wurden Einsprüche gegen die Bußgelder stets zurückgezo­gen, sodass es nicht zu einer Gerichtsve­rhandlung kam. Nicht so in diesem Fall.

Der Geburtstag­sgast, der das Bußgeld nicht akzeptiere­n will, war von seinem Erscheinen vor Gericht befreit worden, ihn vertritt aber Anwalt Mark-Alexander Grimme. Der teilt zu Beginn der Verhandlun­g mit, dass sein Mandant keine Angaben machen wolle. Grimme sagt jedoch, er und sein Mandant seien keine Corona-Leugner, aber sie sähen in den Maßnahmen einen Grundrecht­seingriff. Und dieser, so Grimme, solle per Gesetz vom Parlament erlassen werden, nicht aufgrund einer Verordnung. Möglicherw­eise hätten ja auch berufliche Gründe vorgelegen, so der Anwalt, beispielsw­eise um Kunden anzuwerben. Das müsse man klären, denn berufliche Tätigkeite­n seien ausgenomme­n. Doch um den Mann, den Grimme vertrat, geht es in der Verhandlun­g letztlich gar nicht mehr, sondern zunächst darum, wie diese Geburtstag­sfeier ablief. Doch die genaue Klärung des Ablaufs der Feier gestaltete sich schwierig.

Der 60-Jährige, der damals seinen Geburtstag feierte, tritt als Zeuge auf, sein Bußgeld hat er bereits bezahlt. Doch wie genau sein Geburtstag ablief, daran kann sich der Mann nicht mehr erinnern, zu betrunken sei er damals gewesen. Richter Nicolas Pfeil, fragt nach, wer denn eingeladen war. „Niemand, es war keine Feier, es war ja alles abgesagt“, sagt der Zeuge. Seine Mutter, die Kinder und seine Frau, alle aus eiHausstan­d, hätten zusammen getrunken. Und der Schwager sei da gewesen.

Richter Pfeil fragt weiter nach, wer noch da gewesen sei, doch der Zeuge beharrt darauf, sich nicht erinnern zu können. Nach dem Kaffeetrin­ken, um 16 Uhr hätten sie mit dem Alkohol angefangen. Auf vermehrte Nachfragen des Richters verweist der Zeuge immer wieder auf seine Erinnerung­slücken, auch wenn er zwischenze­itlich aussagt, dass er seinen damaligen Zustand erst ab 21.30 Uhr als betrunken bezeichnen würde. Dennoch, die Erinnerung an die Ereignisse davor seien nicht vorhanden. „Ich werde müde und wenn ich einschlafe, erinnere ich mich an nichts mehr“, sagt der Zeuge.

Etwas anders gestaltet sich die Aussage eines Polizisten, der an dem Abend bei dem Einsatz dabei war. Nach dem Klingeln seiner Kollegen, hätten sie gesehen, dass einige Personen das Anwesen aus dem Hintereing­ang Richtung Feld verlassen hätten. Doch in der Dunkelheit habe man die Personen nicht mehr einholen können. Der Beamte sagt, dass der Jubilar Alkohol getrunken habe, aber weder sichtlich alkoholisi­ert gewesen sei noch gelallt habe. Letztendli­ch habe er auch mehrere der zuvor anwesenden Personen genem

Symbolfoto: Britta Pedersen, dpa nannt. Diese Namen verliest der Beamte vor Gericht. Anwalt Grimme fragt, woher er diese Namen habe, diese stünden nicht in der Akte. Der Polizist gibt an, dass er diese am Verhandlun­gstag selbst recherchie­rt habe. „Für mich ist die Frage, wer hat an dem Abend was notiert“, so der Anwalt. Der Beamte verweist auf seine Kollegen, doch diese waren nicht als Zeugen geladen.

Um die Geschehnis­se an diesem Abend aufzukläre­n, beschließt Richter Pfeil, alle Beamten und Zeugen der Geburtstag­sfeier zu einem weiteren Verhandlun­gstag einzuladen. Dieser wird im kommenden Jahr stattfinde­n.

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Der 60. Geburtstag eines Mannes aus dem Donau‰Ries‰Kreis hat ein juristisch­es Nachspiel. Während des Lockdowns im Frühjahr hätte eigentlich keine größere Feier stattfinde­n dürfen – hat es aber doch eine gegeben?

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