Die Stadt muss wieder mitreden dürfen
Hand aufs Herz: Wo fühlen Sie sich als Besucher wohler? In der Donauwörther Reichsstraße beziehungsweise in Nördlingens Innenstadt – oder in München-Neuperlach oder Augsburg-Oberhausen? Oder gar in einer BrutalismusSiedlung in den Vororten von Paris? In den erstgenannten Gegenden flaniert man gerne, sieht sich die Häuser genau an, als Tourist fotografiert man sie. An den letztgenannten Beispielorten fotografiert nur der Bauleiter vor dem Abriss der einst als fortschrittlich angepriesen Kastenbauten.
Die Frage zielt auch darauf hin, was historisch gewachsene, architektonische Schönheit im Gegensatz zu so manchem zunächst als modern hochgelobten, aber nach einigen Jahren nurmehr als hässlich befundenen Bau ausmacht. Donauwörth hat vieles an altem Gebäudebestand im Krieg verloren. Die nach dem Krieg für den Wiederaufbau Verantwortlichen haben dann aber, Gott sei Dank, nicht den Fehler gemacht und die Reste der Historie plattgemacht – so, wie es andernorts leider im Sinne einer seltsamen, geschichtsvergessenen Moderne geschehen ist.
Es ist einiges an historischer Bausubstanz verloren gegangen
Letztlich kam der Stadt auch zugute, dass OB Alfred Böswald einen herausragenden Sinn für Geschichte hatte und die Besinnung auf die historischen Wurzeln stets forcierte.
In Donauwörth ist in den vergangenen Jahren zweifelsohne einiges an historischer Substanz auf Nimmerwiedersehen verschwunden. Das Wagenknechthaus, von Historikern auf 1317 datiert, hat es nicht zu Unrecht in die Berichterstattung auch überregionaler Medien geschafft. Beim Tanzhaus konnte zuletzt nur ein Gutachten zur Wirtschaftlichkeit der Sanierung den Abriss stoppen. Und nun zwei weitere, wenn auch kleinere Beispiele.
Es ist kein Wunder, dass der Donauwörther Umgang mit der historischen Bausubstanz andernorts als durchaus rabiat empfunden wird. Den Bauherren ist da in erster Linie gar kein Vorwurf zu machen. Sie tun, was praktisch und erlaubt ist.
Die Stadt sollte im historischen Kern stets mitentscheiden. Eine diesbezügliche Erhaltungssatzung wäre ein entschiedenes Bekenntnis zur Historie. Abrisse wären dann zwar auch noch möglich – sie müssten im Sinne des Baurechts aber nicht mehr unbedingt genehmigt werden. Eine Einzelfallprüfung wäre gefordert. Kurzum: Die Stadt hätte bei ihren ureigenen Angelegenheiten (wie es eben auch das historische Stadtbild ist) wieder ein entscheidendes Wörtchen mitzureden.