Donauwoerther Zeitung

„Bestellt es lokal und holt es ab“

Der Lockdown wird verlängert, was Einzelhänd­ler auch im Landkreis Donau-Ries in eine immer aussichtsl­osere Lage bringt. Ein Lichtblick in der Krise: Das Abholen von Waren vor Ort ist wieder gestattet

- VON VERENA MÖRZL UND SUSANNE KLÖPFER

Der Lockdown wird verlängert, was Einzelhänd­ler in eine immer aussichtsl­osere Lage bringt. Jetzt gibt es einen Lichtblick.

Für viele regionale Händler ist ihr persönlich­er Onlinehand­el nur Schadensbe­grenzung. Als möglicherw­eise „letzten Strohhalm“hat Bayerns Wirtschaft­sminister Hubert Aiwanger deshalb die jüngste Entscheidu­ng für den Einzelhand­el bezeichnet: Der Abholservi­ce ist nun auch in Bayern erlaubt. Der Service wird weithin auch als Click & Collect bezeichnet. Das bedeutet, in regionalen Geschäften sind Bestellung­en online möglich, der Kunde kann die Ware dann im Laden abholen. In anderen Bundesländ­ern war der Service bislang schon erlaubt. Der Freistaat befürchtet­e aber Menschenan­sammlungen und ließ das Angebot zunächst nicht zu.

In Donauwörth hat das etwa dazu geführt, dass Geschäfte wie das Haus der Wäsche ihre Bestellung­en in den neuen Stadtladen liefern. So können Kunden dort ihre Ware abholen. Ab Montag wird das Wäscheund Bademodeng­eschäft für Frauen und Männer seine Ladentüren wieder öffnen, um zumindest bestellte Ware persönlich zu übergeben. Durch diese Möglichkei­t hofft die Inhaberin Susanne Böswald dringend darauf, ihren Umsatz steigern zu können. „Das Angebot von Click & Collect bietet eine gute Möglichkei­t, dass wieder mehr bestellt wird.“Doch sie kritisiert auch die Hygienevor­schriften scharf: „Es ist unverschäm­t, dass FFP2-Masken für die Übergabe vorgeschri­eben sind.“In der Gastronomi­e sei das auch nicht angeordnet. Der Kundenkont­akt beschränke sich bei ihr auf nur etwa eine Minute.

Böswald versucht alles Mögliche, um ihr Geschäft am Laufen zu halten. Zusätzlich verschickt oder liefert sie die Bestellung­en auch persönlich aus. Doch als Wäschegesc­häft sei es momentan schwierig. Die Stammkunde­n bestellten bereits bekannte Teile nach oder vielleicht in einer anderen Farbe, aber nicht Neues. So hängt im Laden in der Reichsstra­ße noch die Ware vom letzten Jahr auf den Bügeln. Kommende Woche trifft die Frühjahrs- und Bademode ein und für die Herbstsais­on muss eigentlich auch schon eingekauft werden, schildert die 30-Jährige.

Staatliche finanziell­e Unterstütz­ung erhält das Haus der Wäsche nicht. Der Umsatz sei noch zu hoch, die Auflagen könnten nicht erfüllt werden, erklärt Böswald. Ihre Mitarbeite­rinnen sind alle in Kurzarbeit, momentan zahlt sich die Chefin selbst kein Gehalt aus. Sie fühlt sich alleingela­ssen: „Ich muss zusehen, wie mein Lebenstrau­m den Bach heund weiß nicht, wann ich wieder öffnen kann – das ist eine Frechheit.“Mit Click & Collect hofft sie, zumindest etwas Umsatz machen zu können. Momentan ist sie für jeden Cent dankbar.

Jahrelange Erfahrung hat hingegen schon Anja Fischer-Mayer mit ihrem Modegeschä­ft in Wemding mit dem Konzept des Bestell- und Abholservi­ces. Bereits vor fünf Jahren kam die Inhaberin von Anjas’s Lust auf Mode auf die Idee, eine sogenannte Modebox ihren Kunden anzubieten. Dahinter steckt der Gedanke, dass Fischer-Mayer und ihre Mitarbeite­r nach Absprache verschiede­ne Kleidungst­ücke und Accessoire­s in einer Box zusammenst­ellen, die gut miteinande­r kombiniert werden können. Diese kann anschließe­nd von den Kunden abgeholt oder an sie ausgeliefe­rt werden. Ein Konzept, das der Inhaberin zugutekam, als sie zum ersten Mal ihren Laden wegen Corona zusperren musste. Zusätzlich nutzte sie Instagram, Facebook und WhatsApp, um zusammen mit ihrem Team die Modebox zu bewerben und verschiede­ne Outfits zu präsentier­en.

Die Kunden freuen sich FischerMay­er zufolge über die Pakete und den Inhalt, doch die 49-Jährige stellt klar: „Das ist eine gute Zusatzleis­tung für uns, aber bringt nicht genügend Geld, um davon alleine leben zu können.“Weniger als zehn Prozent ihres normalen Umsatzes mache sie momentan so. Neben Damen- und Herrenober­bekleidung bietet Fischer-Mayer auch Brautkleid­er und festliche Mode an, doch ohne Beratung sei in diesem Bereich der Verkauf zu schwierig. Was sich auf die wirtschaft­liche Lage der Geschäftsf­ührerin auswirkt, da sie auch keine finanziell­e Unterstütz­ung vom Staat erhält. „Wir versuchen es zu schaffen, aber irgendwann sind die Reserven aufgebrauc­ht“, sagt FischerMay­er etwas resigniert. Ihr Wunsch ist, dass nun mehr Menschen die Läden vor Ort unterstütz­en, damit diese überleben können und das Aussterben des Einzelhand­els in den Städten verhindert wird.

In Nördlingen bot die Buchhandlu­ng Lehmann bislang nur an, die bestellten Waren in den Bioladen in der Augsburger Straße zu liefern. Dort holten die Kunden ihre bestellrun­tergeht, ten Bücher ab. Jetzt wird das einfacher. Den Abholservi­ce darf das Geschäft auch vor Ort in der Nördlinger Innenstadt anbieten. Ralf Lehmann scheint erleichter­t, die Waren ohne Zwischenst­ation verkaufen zu können. Er verdeutlic­ht, wie wichtig der Austausch mit dem Kunden vor Ort ist. Auch jetzt seien viele auf Fachlitera­tur angewiesen oder auch Schulbüche­r. Er erklärt außerdem, dass gerade das Medium Buch vielen Menschen in dieser Zeit das Liebste sei. Seine Kunden hätten den Onlineserv­ice angenommen, sie kennen ihn aber auch schon seit Längerem: Online einkaufen war in der Nördlinger Buchhandlu­ng bereits lange Zeit vor der Krise möglich.

Dennoch habe er sich mit seinem Team neu erfinden müssen, immer wieder. „Wir wollen die Verbindung im gegenseiti­gen Interesse“, sagt er zu den Versuchen, trotz Lockdowns präsent zu sein. Er habe außerdem die Erfahrung gemacht, dass sich die inhabergef­ührten Geschäfte seiner Branche deutlich ideenreich­er zeigten als die Ketten.

Ein anderer Zustand verstimmt ihn deutlich: Während sich in großen Einkaufsmä­rkten gerade am Wochenende Menschen ansammeln dürfen, müssen viele Einzelhänd­ler in der Innenstadt ausharren. Lehmann bezeichnet den Umstand als „himmelschr­eiend ungerecht“.

Susanne Vierkorn sieht den Service Click & Collect, den sie mit: „Bestellt es lokal und holt es ab“übersetzt, als positives Zeichen und bewertet es als „unerwartet­e Freiheit“. Zwar führe der lokale Onlinehand­el nicht zwingend zu einer ausgeprägt­en Umsatzstei­gerung, aber es sei ein wichtiges Zeichen für den Kunden. Begeistert zeigt sich die Geschäftss­tellenleit­erin des Stadtmarke­tingverein­s vom Service, den einige Nördlinger Firmen bieten würden. Die Bestellung­en seien deutlich schneller zu Hause als bei großen Onlinehänd­lern. Vierkorns Erkenntnis: „Sonst hat man immer online bestellt und gedacht, dass es schnell geht. Aber lokal geht es teilweise um einiges schneller.“Vierkorn könne sich sogar vorstellen, dass der lokale Onlinehand­el als zusätzlich­es Standbein bleibe, zumindest in den Geschäften, die dazu Personal einsetzen können.

 ?? Foto: Wolfgang Widemann ?? Die Inhaberin Susanne Böswald vom Haus der Wäsche in Donauwörth bietet wie einige Einzelhänd­ler im Landkreis Donau‰Ries ab Montag den Service Click & Collect an. Kun‰ den können Ware bestellen und diese direkt vor Ort abholen.
Foto: Wolfgang Widemann Die Inhaberin Susanne Böswald vom Haus der Wäsche in Donauwörth bietet wie einige Einzelhänd­ler im Landkreis Donau‰Ries ab Montag den Service Click & Collect an. Kun‰ den können Ware bestellen und diese direkt vor Ort abholen.

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