Scharlach trifft nicht nur Kinder
Die Krankheit kann wiederkehren und unbehandelt ernste Folgen haben. Worauf man achten muss
Einmal die Zunge herausstrecken, bitte. Sie ist tiefrot? Das ist nicht so gut. Eine solche „Himbeerzunge“ist oft ein Hinweis auf Scharlach. Dabei handelt es sich um eine Infektionskrankheit, die durch Bakterien – sogenannte A-Streptokokken – ausgelöst wird. Scharlach gilt zwar als klassische Kinderkrankheit, doch das heißt nicht, dass Erwachsene per se verschont bleiben. „Menschen in jedem Alter können daran erkranken, aber Kinder im Alter zwischen drei und zwölf Jahren sind deutlich häufiger betroffen“, erklärt Prof. Andreas Podbielski vom Institut für Medizinische Mikrobiologie, Virologie und Hygiene an der Universitätsmedizin Rostock.
Die Krankheit ist hochansteckend. In Gemeinschaftseinrichtungen wie Kindergärten und Schulen können sich die Scharlach-Bakterien schnell verbreiten. Zur Ansteckung kommt es durch erregerhaltige Tröpfchen, die durch Husten, Niesen oder verunreinigte Hände verteilt werden. Spätestens am dritten Tag nach der Ansteckung zeigen sich Beschwerden. Neben Halsschmerzen
und Fieber entwickelt sich meist ein Hautausschlag mit vielen roten Flecken am Körper – Handinnenflächen und Fußsohlen sind davon ausgespart. Häufig zeigt er sich zuerst in der Leistengegend oder an den Innenseiten der Oberschenkel. Der Ausschlag juckt nicht. Dazu kommt die „Himbeerzunge“.
„Bei Kindern kann es auch zu Bauchschmerzen und Erbrechen kommen“, sagt der Düsseldorfer Kinder- und Jugendarzt Hermann Josef Kahl. Mit Scharlach einhergehen können zudem Abgeschlagenheit und geschwollene Mandeln.
Was ist zu tun, wenn sich solche Symptome zeigen? Die erste Regel lautet: Sich unbedingt von Kindergärten, Schulen oder Räumlichkeiten fernhalten, in denen man auf viele andere Menschen trifft. Eine bundesweite Pflicht, Scharlach an die Gesundheitsämter zu melden, bestehe zwar nicht, so Podbielski. Dennoch: Selbst wenn nur ein Verdacht auf Scharlach besteht, ist es nicht zulässig, sein Kind in den Kindergarten oder in die Schule zu schicken. „Auch ansonsten sollen möglicherweise erkrankte Kinder nicht mit Spielkameraden zusammenkommen“, betont Kinderarzt Kahl. Wer als Erwachsener tatsächlich oder möglicherweise erkrankt ist, darf keiner beruflichen Tätigkeit mit Kontakt zu anderen Menschen nachgehen. Dieses Kontaktverbot gilt so lange, bis der Arzt es aufhebt. Anlaufstelle ist der Kinder- beziehungsweise der Hausarzt. Mediziner erkennen die Krankheit in der
Regel an den typischen Beschwerden. Um bei der Diagnose sicherzugehen, erfolgt zusätzlich oft ein Schnelltest. Dabei wird eine Probe aus dem Rachen genommen. Finden sich Streptokokken, ist dies ein Beleg für Scharlach. Finden sie sich nicht, bedeutet das nicht unbedingt, dass kein Scharlach vorliegt.
Therapiert wird Scharlach mit Antibiotika, in aller Regel mit Penicillin-Tabletten. Für Kinder gibt es entweder Penicillin-Saft oder auch Cephalosporin- oder MakrolidTabletten. In einigen Fällen werden zusätzlich schmerz- und fiebersenkende Mittel verordnet, um die Beschwerden zu lindern.
Die Beschwerden lassen häufig nach wenigen Tagen nach. „Bereits 24 Stunden nach der ersten Antibiotika-Einnahme besteht in aller Regel keine Ansteckungsgefahr mehr“, schildert Andreas Podbielski. Die Penicillin-Einnahme erfolgt zehn Tage lang, Kinder nehmen die Medikamente für fünf bis sieben Tage. Doch selbst wenn die Symptome abklingen: Patienten dürften die Antibiotika-Einnahme dann nicht abbrechen. Dauern Krankheitszeichen wie Fieber oder eitrige Punkte am Körper auch 24 Stunden nach der ersten Antibiotika-Einnahme noch an, dürfen Betroffene erst wieder in Kitas, Schulen oder Arbeitsstätten mit viel Kundenkontakt gehen, wenn die Symptome abgeklungen sind. „Das kann 14 Tage und länger dauern“, so Podbielski.
Tückisch an Scharlach: Ein milder Verlauf der Krankheit ist nur schwer von einer Halsentzündung zu unterscheiden. Doch bleibt eine Infektion mit Streptokokken unbehandelt, können sich die Bakterien über die Blutbahn ausbreiten und schwere Krankheiten auslösen – wie etwa eine Herzmuskelentzündung oder Nierenschaden. „Auch rheumatisches Fieber ist möglich“, ergänzt Podbielski. Wer einmal Scharlach überstanden hat, ist nicht immun. Das liegt daran, dass die Bakterien Untergruppen haben. „Man ist allenfalls davor geschützt, noch einmal an der jeweiligen Untergruppe zu erkranken“, erläutert Kahl. Und eine Impfung gibt es nicht.
Sabine Meuter, dpa