Einfach zum Staunen
Zwei akuten Corona-Fällen, einer blödsinnigen Tattoo-Aktion und ungeklärten Vertragsfragen zum Trotz: Die Münchner gewinnen einfach weiter
München Mentalität ist schwer zu sehen. Ein verbissener Gesichtsausdruck mag kurzzeitig als herausragende Einstellung gewertet werden – gefletschte Zähne aber können nicht über einen ins Aus gestolperten Ball hinwegtäuschen. Niemand kommt auf die Idee, den Münchner Fußballern mangelhafte Mentalität zu unterstellen. Was die Bayern von anderen Teams unterscheidet, lässt sich nicht nur auf der Anzeigetafel sehen, sondern auch während des Spiels hören.
Joshua Kimmich etwa brüllte ein langestrecktes „Ja“durch die leere Arena, worauf Manuel Neuer es ihm gleichtat und nun wiederum Kimmich erneut affirmativ schreiend antwortete. Bernhard Grzimek hätte seine Freude gehabt. Es fehlt noch an einer Enzyklopädie über das Brunft- und Verteidigungsverhalten von Profifußballern. Kimmich allerdings verlieh nur eindrucksvoll seiner Freude Ausdruck, einen Eckball verhindert zu haben. Beim Stand von 4:1. In der 87. Minute.
Die Münchner haben sich nach den Niederlagen gegen Gladbach und Kiel merklich gestrafft. Der Erfolg gegen Hoffenheim am Samstag war nun schon der vierte in Folge. Verdient war er nicht nur aufgrund dieser außerordentlichen Einstellung, sondern vor allem wegen den famosen Offensivspielern der Münchner. Thomas Müller, Robert Lewandowski und Serge Gnabry waren bei ihren Treffern nicht zu verteidigen. Die Führung erzielte mit Jerome Boateng allerdings ein Abwehrspieler nach einer von Kimmich schnöde in die Mitte geschlagenen Ecke (32). Es war Boatengs erster Ligatreffer seit dem Januar 2018 – auch damals gegen Hoffenheim. Der Abwehrmann stand schon mehrmals vor dem Abschied aus München, nun aber könnte er doch noch über das Vertragsende im Sommer hinaus bleiben. Oliver Kahn jedenfalls kündigte zeitnah Gespräche an: „Und dann werden wir eine saubere Lösung finden.“
Nach Müllers 2:0 (43.) schien die Partie schon entschieden, doch die Hoffenheimer deckten eine Minute später auf, dass es um die bajuwarische Verteidigungskunst derzeit nicht sonderlich gut bestellt ist. Eine Flanke des freien Ihlas Bebou konnte der nicht minder freie Andrej Kramaric an Neuer vorbei ins Tor schießen. Hätten die Hoffenheimer Anfang der zweiten Halbzeit den möglich erscheinenden Ausgleich erzielt, hätten sich die Münchner im Anschluss der Partie wohl unbequemeren Fragen stellen müssen.
Schließlich musste Hansi Flick mit Marc Roca die Viertvertretung im Mittelfeld aufstellen, nachdem Javi Martinez und Leon Goretzka mit einem positiven Corona-Test ausfielen und Corentin Tolisso noch leicht angeschlagen keine Option war. Der Franzose war allerdings in der Vorwoche beim Tätowierer seines Vertrauens und da diese Blödsinnigkeit publik wurde, kündigte Karl-Heinz Rummenigge eine „empfindlichen Geldstrafe“an, die karitativen Zwecken zugeführt werde. Mentalität ist eben nicht nur auf dem Platz wichtig.
Bayern Neuer – Pavard, Boateng (87. Süle), Alaba, Davies – Kimmich, Roca (69. Musiala) – Gnabry (70. L. Sané), T. Müller (74. ChoupoMoting), Coman (74. Douglas Costa) – Lewandowski Hoffenheim Bau mann – Gacinovic (58. Kaderabek), Adams Nuhu (58. Vogt), Nordtveit, Posch, John – Rudy, Samassékou (74. Grillitsch), Baum gartner (74. Belfodil) – Bebou (81. Dab bur), Kramaric Tore 1:0 Boateng (32.), 2:0 T. Müller (43.), 2:1 Kramaric (44.), 3:1 Le wandowski (57.), 4:1 Gnabry (63.) Schiedsrichter Cortus (Röthenbach