Laschets Herbstmärchen
Der CDU-Chef verschenkt Heine: Was soll es bedeuten?
Schenken macht Schenker noch glücklicher als Beschenkte. Diese These ist von der Wissenschaft längst bestätigt. Demnach muss man sich Armin Laschet bei seinem ersten Koalitionsausschuss als glücklichen Menschen vorstellen. Für jeden nämlich aus der Runde hatte der neue CDU-Vorsitzende als Geschenk eine Gesamtausgabe der Gedichte von Heinrich Heine dabei. Die Stimmung soll dann auch recht gelöst gewesen sein. Unvermeidbar war sicher, dass einer aus dem Stegreif den meistzitierten Heine-Vers hervorholte: „Denk ich an Deutschland in der Nacht, dann bin ich um den Schlaf gebracht…“Wunderbar passend schließlich für eine Sitzung, die weit in den Abend reichte.
Wie das aber so ist mit Geschenken: Der eine gibt sie froh, der andere grübelt, was sich der Schenker wohl dabei gedacht hat, sucht nach versteckten Botschaften. Da ist das Werk von Heine, Dichter, Freigeist, Journalist und Spötter natürlich gefährlich. Wer nämlich sucht, der findet – auch versteckte Hinweise auf eine mögliche Kanzlerkandidatur. Heine-Experten spürten die jedenfalls sogleich in Briefen auf! Schrieb nicht Heine einst an einen Freund: „Oft habe ich eine Sehnsucht nach der Hauptstadt, nemlich Berlin.“
Träumt da also etwa einer schon vom – Vorsicht Kalauer – Herbstmärchen, zumal als Ministerpräsident doch gewohnt, „den Kopf recht hoch zu tragen“? Andererseits schrieb Heinrich Heine nicht auch: „Berlin! Berlin! Du großes Jammertal, bei dir ist nichts zu finden als lauter Angst und Qual.“Ach, man weiß nicht, was soll es bedeuten... Naheliegend ist natürlich, warum Armin Laschet zu Heine und nicht zur harmlosen Pralinenschachtel griff: Der Dichter stammt aus Düsseldorf, wo auch Laschets derzeitiger Amtssitz liegt. Heine aber blieb da bekanntlich nicht.