Volle Stadien und Theater schon ab April?
Sport- und Kulturbranche legt Konzept vor, Merkel lässt Strategie erarbeiten
Berlin/München Während Deutschland mit Sorge auf wieder steigende Corona-Zahlen und Virus-Mutationen schaut, dringen Sport und Kultur auf eine Rückkehr des Publikums. Ihre Forderung haben sie mit einem Gutachten unterlegt, das 20 Wissenschaftler und Praktiker erstellt haben. Das Fazit der Experten lautet: Sportfans und Kulturfreunde können in die Stadien, Konzerthallen und Theatersäle zurückkommen – und zwar nicht erst im Herbst, sondern schon sehr bald.
„Die darstellenden Künste brauchen Publikum, sonst existieren sie nicht“, sagt der Intendant der Berliner Volksbühne, Klaus Dörr. Die Intendantin der Berliner Philharmoniker, Andrea Zietzschmann, hat ebenfalls den Neustart in wenigen Wochen im Kopf. „Wir planen mit Optimismus für den April“, sagt die Orchester-Managerin.
Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Ministerpräsidenten der Bundesländer sind hingegen weit weniger optimistisch. Sie orientieren sich am Inzidenzwert – und der steigt seit Tagen. Statt weniger stecken sich wieder mehr Menschen mit dem Corona-Erreger an. Der Wert ist wieder über 60 Neuinfektionen pro 100000 Einwohner binnen einer Woche geklettert.
Die Gutachter, von denen über die Hälfte Mediziner sind, plädieren hingegen für eine Abkehr von den Inzidenzwerten 50 und 35. „Wir müssen irgendwann zur Normalität zurückkehren“, meint der Hygienearzt Georg-Christian Zinn, der an dem Papier mitgearbeitet hat. Ministerpräsidenten und Kanzlerin sollen aus Sicht der Fachleute neben den Neuansteckungen auch die Zahl der Toten, die Belegung der Intensivstationen und den Impffortschritt in die Bewertung der Seuchenpolitik einfließen lassen.
In ihrer Ausarbeitung schlagen sie für Sport- und Kulturveranstaltungen einen dreistufigen Ansatz vor.
Ein Basiskonzept für eine geringe Zahl von Besuchern, einen Mittelweg für eine höhere Auslastung und ein ausgefeiltes Konzept, das sogar ausverkaufte Ränge erlauben soll.
Das Basiskonzept besteht aus Elementen, die das Publikum aus dem vergangenen Jahr kennt. Abstandsregeln, personalisierte Eintrittskarten, Maskenpflicht, eine gestaffelte An- und Abreise sowie ab 1000 Zuschauern ein Alkoholverbot. In geschlossen Räumen soll damit eine Auslastung von 25 bis 30 Prozent möglich sein, im Freien von 35 bis 40 Prozent. In Konzertsälen, Theatern und Hallen mit moderner Lüftungstechnik spricht nach Einschätzung der Gutachter nichts dagegen, mehr Publikum einzulassen, wenn das Hygienekonzept durch ein fachärztliches Gutachten zum Luftaustausch ergänzt wird. Selbst volle Häuser und dichtes Gedränge halten die Experten für vertretbar, wenn vor dem Einlass per Schnelltest auf eine Corona-Infektion getestet wird oder die Zuschauer geimpft sind.
Merkel und die Ministerpräsidenten werden am 3. März über den weiteren Corona-Kurs entscheiden. Die Kanzlerin machte deutlich, dass sie drei Bereiche sehe, für die man Pakete einer Öffnungsstrategie schnüren müsse. So gehe es zum einen um den Bereich der persönlichen Kontakte, zum Zweiten um das Thema Schulen und Berufsschulen sowie um ein drittes Paket mit Sportgruppen, Restaurants und Kultur. Von diesem Dienstag an soll nach diesen Informationen eine Arbeitsgruppe mit Kanzleramtschef Helge Braun (CDU) und den Chefs der Staatskanzleien der Länder zum Thema Öffnungen tagen.
Bayern geht unterdessen schon den nächsten Schritt: Schon ab 1. März sollen Gärtnereien, Gartenmärkte und Blumenläden öffnen dürfen. Zudem stellte Ministerpräsident Markus Söder am Montag eine Lockerung der Kontaktregeln in Aussicht. Wie die aussehen, lesen Sie auf der Seite Bayern.