Der stille Amerikaner
Verteidigungsminister Lloyd Austin kommt
Washington Übersehen kann man ihn eigentlich nicht. Mit seinen 1,93 Meter Körpergröße überragt Lloyd Austin die meisten Gesprächspartner. Auch die Karriere des einstigen Viersternegenerals führte steil nach oben – bis an die Spitze des Pentagons: Er ist der erste Afroamerikaner im Amt des US-Verteidigungsministers. Doch noch hängt ihm ein Spitzname aus der Army-Zeit an: „Der unsichtbare General“.
Der hat seine Wurzeln im eher introvertierten Wesen des 67-Jährigen. Ins Rampenlicht gedrängt hat sich der Mann aus Alabama nie. Nur ungern gibt er Interviews. Sein Twitter-Account verrät gerade mal, dass der verheiratete Vater zweier Stiefkinder ein Football-Fan ist. Militärkenner aber warnen davor, die äußere Verschwiegenheit des Oberkommandierenden mit Überzeugungslosigkeit zu verwechseln. Am Dienstag nun kommt Austin als erstes Mitglied der neuen BidenRegierung im Rahmen eines Europa-Besuchs nach Deutschland – „einem der wichtigsten Verbündeten“, wie er betont. Nach Gesprächen in Berlin – als Themen stehen die bilateralen Beziehungen und die militärische Partnerschaft sowie Ukraine, Afghanistan und wohl auch die Pipeline Nord Stream 2 an – reist Austin nach Stuttgart, wo er das Europaund das Afrika-Kommando der USTruppen besucht – ein Termin mit Symbolkraft, nachdem Präsident Joe Biden den von Vorgänger Donald Trump angeordneten Abzug von 12000 US-Soldaten aus Deutschland gestoppt hat.
„Amerika ist am stärksten, wenn es mit den Verbündeten zusammenarbeitet“, hatte Austin bei seiner Vereidigung verkündet. Was immer er hinter verschlossenen Türen äußert, dürfte mit seinem Chef abgesprochen sein. „Er ist ein Anführer von außergewöhnlichem Mut, Charakter, Erfahrung und Verdiensten“, so Biden über Austin. Dass dieser kein Zivilist ist, hält der Präsident eher für einen Vorteil: Der Ex-General habe mit eigenen Augen das Grauen des Krieges gesehen.