Die Koalition muss mehr zeigen als Entlastungs-Hokuspokus
Bei der Ampel-Klausur in Meseberg geht es um den Zusammenhalt der Gesellschaft angesichts der Energiepreis-Krise. Doch Hilfen für alle führen ins fiskalische Fegefeuer.
Als „Zauberschloss“hat Theodor Fontane einst in seinem Reisebericht „Wanderungen durch die Mark Brandenburg“das heutige Gästehaus der Bundesregierung gepriesen. Doch wenn die AmpelKoalition in dieser Woche bei ihrer Klausur in der barocken Pracht von Meseberg über ihre Strategien gegen den drohenden Gas- und Energie-Gau berät, muss sie sich erst einmal bewusst machen, dass ihr das Mittel der Magie nicht zur Verfügung steht. Alle drohenden Härten für die gesamte Bevölkerung komplett auszugleichen, wird nicht möglich sein. Jedenfalls nicht, ohne mit immensen neuen Schulden oder überbordenden zusätzlichen Belastungen künftige Generationen in den finanziellen Würgegriff zu nehmen.
Statt politischem Hokuspokus ist nun solides Regierungshandwerk gefragt. Ein drittes Entlastungspaket sollte sich auf Hilfe für diejenigen Haushalte konzentrieren, die von den Extrempreisen für Wärme und Strom existenziell bedroht sind. Weitere Geldgeschenke mit der Gießkanne dagegen sind falsch und führen ins fiskalische
Fegefeuer. So hat der Tankrabatt wahrscheinlich sogar verhindert, dass mehr Pendler mit dem NeunEuro-Ticket auf den öffentlichen Nahverkehr auswichen. Jetzt aber laufen die beiden teuren Maßnahmen zum schlechtestmöglichen Zeitpunkt gleichzeitig aus. Wer auf Auto, Bus oder Bahn angewiesen ist, schaut erst recht in die Röhre.
Immer höhere Kosten für Transport, Wärme und Strom treffen alle, aber nicht alle gleich hart. Neben den Preisen für Gas steigen auch die für Brennholz, Heizöl, Pellets oder Strom teils um das Mehrfache. Den vielen Menschen, die den Preis-Wahnsinn, wenn auch oft unter großen Schmerzen, selbst abfedern können, sollte zumindest nicht noch zusätzlich in die Tasche gegriffen werden. Da wäre es das Beste, die unselige Gasumlage, mit der sich der populäre grüne Energieminister Robert Habeck gerade blamiert, gleich ganz zu beerdigen. Zu groß ist die Gefahr, dass damit nicht nur darbende Gasimporteure vor der Insolvenz gerettet werden, sondern auch Energieriesen profitieren, die sich die Taschen im Moment besonders füllen. Unterstützung muss gezielt und bedarfsgerecht erfolgen. Kein Tabu darf es sein, Firmen, die unter dem Strich und über jedes normale Maß hinaus an der Krise verdienen, an deren Bewältigung zu beteiligen.
Vor gerade mal einem Dreivierteljahr waren die drei Ampel-Parteien mit dem Ziel angetreten, dem Land den dringend nötigen Modernisierungsschub zu geben. Inzwischen ist der Zauber dieses Neuanfangs verflogen. Fehler aus den vergangenen Jahrzehnten, für die auch die heutigen Koalitionspartner verantwortlich zeichnen, haben sich durch Putins skrupellosen Angriff auf den Nachbarn Ukraine zu einem Sturm verdichtet. Für den Irrsinn, gleichzeitig aus Atomund Kohlekraft auszusteigen und dabei entgegen aller Warnungen auf immer noch mehr russisches Gas zu setzen, zahlt das ganze Land jetzt einen Preis, dessen Höhe noch niemand kennt.
Jetzt heißt es, demütig aus vielen schlechten Möglichkeiten einen irgendwie verträglichen Kompromiss zu zimmern, damit der Zusammenhalt in der Gesellschaft nicht verloren geht. Dafür müssen sich die Kabinettsmitglieder der drei Parteien erst einmal zusammenraufen und zur gemeinsamen Verantwortung bekennen. Wenn das bei ihrem Treffen im Zauberschloss 70 Kilometer nördlich von Berlin nicht gelingt, zaubert sich die Ampel, ehe sie sich versieht, aus der Gunst ihrer noch verbliebenen Anhänger.
Es wäre das Beste, die Gasumlage gleich ganz zu beerdigen