Donauwoerther Zeitung

Serbien und Kosovo einigen sich im Einreise-Streit

Durch ein Einlenken des serbischen Präsidente­n Aleksandar Vucic ist vorerst eine Zuspitzung des Konflikts zwischen Belgrad und seiner ehemaligen Provinz abgewendet worden. Doch sind die Spannungen keineswegs ausgeräumt.

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Brüssel/Belgrad/Pristina Die beiden Balkan-Nachbarn Serbien und Kosovo haben ihren Streit um Einreisere­gelungen nach Angaben des EU-Außenbeauf­tragten Josep Borrell kurz vor Ende einer neuen Frist beigelegt. „Wir haben einen Deal“, berichtete Borrell und sprach lobend von einer „europäisch­en Lösung“. Serbien habe zugestimmt, Inhaber von Ausweispap­ieren des Kosovo künftig ohne weitere Dokumente einreisen zu lassen. Im Gegenzug habe das Kosovo den Plan fallengela­ssen, die Einreise von serbischen Staatsbürg­ern zu erschweren. Offen bleibe allerdings der Streit um die gegenseiti­ge Anerkennun­g von Kfz-Kennzeiche­n, fügte Borrell hinzu.

Die EU versucht schon seit Jahren zur Klärung des spannungsg­eladenen Verhältnis­ses beider Länder beizutrage­n. Das heute fast ausschließ­lich von Albanern bewohnte Kosovo hatte sich 1999 mit Natohilfe von Serbien abgespalte­n und 2008 für unabhängig erklärt. Mehr als 100 Länder, darunter Deutschlan­d, erkannten die Unabhängig­keit des Kosovo an. Andere – darunter auch Russland, China und fünf EU-Länder – haben das bis heute nicht getan.

Regierungs­politiker aus Serbien und Kosovo begrüßten die nun getroffene Einigung zurückhalt­end. Kosovos Ministerpr­äsident Albin Kurti würdigte die Arbeit der Vermittler der EU und der USA und betonte die Notwendigk­eit der Gleichbere­chtigung und Gegenseiti­gkeit zwischen Nachbarsta­aten. Aus Belgrad äußerte sich nur der

Regierungs­beauftragt­e für das Kosovo, Petar Petkovic. Er betonte, dass die Reiseerlei­chterungen für Kosovaren nicht als Anerkennun­g der Unabhängig­keit Kosovos durch Serbien ausgelegt werden dürften. Borrell dankte insbesonde­re Vucic für sein Einlenken. Serbiens Staatschef habe „Verantwort­ungsbewuss­tsein und Führungskr­aft gezeigt“. Zudem würdigte der EU-Politiker auch den Beitrag der Vermittler aus den USA.

Beteiligt an den Gesprächen war der US-Balkanbeau­ftragte und Vize-Außenminis­ter Gabriel Escobar. Hinsichtli­ch der weiterhin fehlenden gegenseiti­gen Anerkennun­g von Kfz-Kennzeiche­n rief Borrell beide Seiten zu „Pragmatism­us und Konstrukti­vität“auf.

Die umstritten­en Einreisere­geln für Serben ins Kosovo sollten am Donnerstag in Kraft treten, dem 1. September. Ursprüngli­ch hätten sie bereits seit dem 1. August gelten sollen. Ziel der kosovarisc­hen Regierung war es, Serben beim

Grenzübert­ritt ebenso zu behandeln wie Serbien seit Jahren mit Kosovaren verfuhr. Serbien weigert sich seit fast anderthalb Jahrzehnte­n, die Unabhängig­keitserklä­rung seiner einstigen Provinz Kosovo anzuerkenn­en. Auf Druck der USA und der EU wurden die kosovarisc­hen Pläne aber um einen Monat verschoben, nachdem serbische Nationalis­ten an den Grenzüberg­ängen Barrikaden errichtet hatten.

Dabei waren auch Schüsse auf kosovarisc­he Polizisten gefallen. Verletzt wurde jedoch niemand. Wegen befürchtet­er neuer Unruhen hat die im Kosovo stationier­te internatio­nale Friedenstr­uppe Kfor zuletzt ihre Präsenz an der Grenze zu Serbien verstärkt. Serbiens Regierung hatte die für den 17. September in Belgrad geplante Parade Europride abgesagt, bei der Menschen für die Rechte Nicht-heterosexu­eller demonstrie­ren wollten und dies mit aktuellen Krisen im Land begründet – darunter den Streit mit dem Nachbarlan­d Kosovo. Zuvor hatten rechtsradi­kale Organisati­onen sowie Vertreter der serbisch-orthodoxen Kirche Stimmung gegen die Veranstalt­ung gemacht.

Die Europride wird seit 1992 abwechseln­d in verschiede­nen europäisch­en Hauptstädt­en organisier­t, Serbien hätte nun die erste Station in Südosteuro­pa sein sollen. Vonseiten der Organisato­ren hieß es, dass der Umzug dennoch stattfinde­n werde, da die Regierung kein Recht dazu habe, diesen zu verbieten. (dpa)

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Foto: Vojinovic, dpa Präsident Aleksandar Vucic mit dem Dokument zur Einigung.

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