Luftfilter stürzen Schulen in ein Dilemma
In der Hochphase der Pandemie schafften Kommunen tausende Geräte an, die die Luft im Klassenzimmer von Aerosolen befreien sollen. Die sind aber Stromfresser. Verstärkt im Herbst eine Krise die andere?
Augsburg Im Herbst könnten sich an Bayerns Schulen zwei Krisen in die Quere kommen: Corona und die steigenden Energiekosten. Helmut Dedy, Geschäftsführer des Deutschen Städtetags, jedenfalls hat in einem Interview mit dem Deutschlandfunk zu bedenken gegeben: „Die beiden Sachen, die können sich durchaus beißen.“
Deshalb hat der Städtetag seinen Mitgliedern eine Liste mit Energiespar-Vorschlägen geschickt. Ein wesentlicher Punkt darauf: Warmwasser in Schulen ausschalten. Am meisten Einsparpotenzial – nämlich 25 Prozent – sieht der Verband darin, Lüftungsanlagen in den Normalzustand vor Corona zurückzusetzen und mobile Luftreinigungsgeräte abzuschalten. Allerdings müsse das abhängig von der Pandemie bewertet werden.
Tatsächlich sind in Bayern tausende Klassenzimmer – wenn auch nicht alle, wie einst von der Staatsregierung angestrebt – mit Raumlüftungsgeräten ausgestattet worden, die die Luft von Aerosolen befreien sollen. Gleichzeitig werden die teils monströsen Geräte natürlich mit Strom betrieben. Beim Bayerischen Gemeindetag wolle man den Gemeinden keine Ratschläge zum Energiesparen erteilen, sagt Direktor Wilfried Schober. Dennoch nennt er besonders die Luftfilter-Frage ein „Dilemma“. Gemeinden hätten die Geräte für viel Geld angeschafft, nun aber sollten alle Schulen Strom sparen. „Letztlich wird die Schulleitung vor Ort – gegebenenfalls in Absprache mit dem zuständigen Schul- und Gesundheitsamt – entscheiden, ob Stoßlüften ausreicht, und erst dann, wenn Lüften für die Schüler unzumutbar wird, die Luftfiltergeräte einschalten.“
In den Städten bereitet man sich jetzt schon auf den drohenden Krisenkonflikt im Herbst und Winter vor – etwa in Augsburg. Dort war im Corona-Jahr 2021 der Heizenergieverbrauch nach Angaben der Stadt durch das viele Lüften um bis zu sechs Prozent angestiegen, Die Schulen seien angehalten, mögliche und vertretbare Einsparmaßnahmen umzusetzen, erklärt Martina Wild, zweite Bürgermeisterin und Referentin für Bildung. „Wir sensibilisieren unser Schulpersonal sowie unsere Schülerinnen und Schüler in Hinblick auf den Energieverbrauch im Schulgebäude: zum Beispiel dahingehend, Licht und Heizung auszuschalten, kein Wasser zu vergeuden, keine elektrischen Geräte im StandbyModus zu lassen, Fenster und Türen beim Verlassen des Raumes zu schließen.“Bei Luftreinigungsgeräten stehe es den Schulen frei, sie in Betrieb zu belassen oder nicht.
Obwohl man den Nutzen von Luftreinigern nicht „für auskömmlich erwiesen“hält, wurden mehr als 600.000 Euro in solche Geräte investiert. In München werden den Hausverwaltungen des Referats für Bildung und Sport bereits Schulungen zum Energiesparen angeboten, heißt es aus der Stadtverwaltung. „Dabei wird das zentrale Thema Stoßlüftung in den Vordergrund gestellt. Auch der richtige und energiesparende Umgang mit Luftreinigungsgeräten ist ein wichtiges Thema.“
In Nürnberg gibt es nach Angaben der Stadt in allen Schulen und Kitas Luftreinigungsgeräte. Regelmäßig gelüftet werden müsse trotzdem. Die Temperatur in städtischen Gebäuden – auch Schulen – soll im Winter auf maximal 20 Grad begrenzt werden.