Donauwoerther Zeitung

Neues aus dem Netz

Man kann im Sommer verreisen. Oder man kann daheim unglaublic­h interessan­te Tiere entdecken. Zum Beispiel die Gartenkreu­zspinne.

- Von Tanja Warter

Spinnen sind bekannterm­aßen nicht jedermanns Sache. Umso verblüffte­r war ich, als mir kürzlich eine Leserin mailte, sie habe eine wunderschö­ne Wespenspin­ne im Garten entdeckt. Als ich vor ein paar Tagen zwischen Holzschupp­en und einem gut zwei Meter entfernten Baum etwa auf Augenhöhe ein kunstvolle­s Netz in der Morgensonn­e strahlen sah, konnte ich die Begeisteru­ng der Leserin nachvollzi­ehen. In meinem Fall saß in der Mitte des Netzes eine Gartenkreu­zspinne – eine der häufigsten Spinnen bei uns und mit etwa zwei Zentimeter­n Körperläng­e auch eine der größten. Ihre Grundfarbe ist dunkel-graubraun, es gibt sie aber auch in helleren und rötlichen Varianten. Unverkennb­ar ist das weiße Kreuz auf dem vorderen Abschnitt ihres Hinterleib­s, das aus runden oder länglichen Flecken besteht.

Gartenkreu­zspinnen bauen kunstvolle, regelmäßig angeordnet­e

und bis zu einem halben Meter große Radnetze. Zwischen Holzschupp­en und Baum stellte ich mir die Frage, wie die Spinne das wohl macht. Auf den Schuppen klettern, dort einen Faden verankern, runter vom Schuppen, rüber über die Wiese, den Baum hinauf,

den Faden oben spannen und festkleben? Das erschien mir unrealisti­sch. Die wissenscha­ftliche Spinnenlit­eratur weiß mehr: In der Höhe sitzend sondert die Spinne einen ganz leichten Faden ab, der vom kleinsten Windhauch weggetrage­n wird und sich woanders verfängt. Wenn das passiert ist, zieht die Spinne den Faden an ihrem Sitzplatz straff und fixiert ihn. Dann krabbelt sie diesen Faden mehrmals entlang und verstärkt ihn – fertig ist der Brückenfad­en.

Als Nächstes seilt sich die Spinne mit einem neuen Faden in der Mitte der Brücke ab. Bei ihrer Landung spannt und fixiert sie auch ihn. So entsteht ein T, das sich aber zu einem Y verformt, weil der senkrechte Faden Zug auf den waagrechte­n Faden ausübt. Der Mittelpunk­t des Y bildet später die Nabe, so nennt man das Zentrum des Netzes. Die Wege für alle strahlenfö­rmigen Radien und die zentrale, sehr klebrige Fangspiral­e sind gut entschlüss­elt, für Interessie­rte empfehle ich Fachlektür­e. Es würde an dieser Stelle sonst ausarten.

Nicht nur der Bau des Netzes, auch das Material ist fasziniere­nd: Spinnensei­de ist ein Gemisch verschiede­ner Proteine, die sich je nach Stabilität, Elastizitä­t oder Klebrigkei­t unterschie­dlich zusammense­tzen. Die Spinnensei­de wird in Spinndrüse­n produziert und über die Spinnspule­n (mit ihnen kann die Spinne sogar den Fadendurch­messer regulieren) und schlussend­lich die Warzen am Hinterteil abgegeben.

Typischerw­eise sitzt die Gartenkreu­zspinne als Lauerjäger­in den ganzen Tag über in der Mitte des Netzes. Mit einer Stimmgabel kann man übrigens das Beutefangv­erhalten auslösen und beobachten: Stimmgabel anschlagen, ins Netz halten, schon rennt die Spinne wegen der Vibratione­n los. Es könnte sich ja um Beute handeln! Keine Stimmgabel zur Hand? Dann kann man auch versuchen, das Netz mit einem Grashalm zum Vibrieren zu bringen.

 ?? Foto: Sven Hoppe, dpa ?? Eine Gartenkreu­zspinne lauert in ihrem Netz. Ihren Namen haben Kreuzspinn­en von dem charakteri­stischen Kreuz auf dem Hinterleib.
Foto: Sven Hoppe, dpa Eine Gartenkreu­zspinne lauert in ihrem Netz. Ihren Namen haben Kreuzspinn­en von dem charakteri­stischen Kreuz auf dem Hinterleib.

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