Der Siegeszug der Hedelfinger Riesenkirsche
Aus einem Samen entwickelte sich einst eine hervorragende Kirschsorte. Was nach der Kirschsaison zu beachten ist.
Harburg Eigentlich ist die Kirschsaison schon wieder vorbei, nicht aber die Pflege der Bäume. Viele Gartenbesitzer können heute nicht mehr sagen, welche Sorte sie eigentlich gepflanzt haben. In Harburg jedoch lebt eine Person, die das, was in ihrem Garten so wächst, sehr gut benennen kann. Bei ihren beiden Kirschbäumen muss sie nicht lange überlegen: Es handelt sich um Hedelfinger Riesenkirschen.
Tatsächlich ist diese Sorte weit verbreitet in Ländern mit Süßkirschenanbau, z.B. in Frankreich, den Vereinigten Staaten oder Ungarn. Dabei ist sie Mitte des 19. Jahrhunderts im schwäbischen Hedelfingen, heute Teil eines Stuttgarter Stadtbezirks, aus einem Kern entstanden. Das nahe
Obstbauminstitut Hohenheim sorgte damals für die berechtigte Verbreitung. Weil sich Nebenformen entwickelten, las man wohl zur Zeit der Weimarer Republik in Diemitz bei Halle (Saale) einen Typ aus und verbreitete diesen als echte Hedelfinger Riesenkirsche.
Der Wind auf den Höhen Harburgs macht dem Baum nichts aus. Überhaupt passt er sich sehr gut verschiedenen Standpunkten und Böden an. Regnet es aber zu viel und bleibt es anhaltend nass, dann platzen die Früchte leider gerne.
Wie andere Süßkirschbäume auch ist die Hedelfinger auf geeignete Bestäubersorten in der Nähe angewiesen. Genannt werden etwa Büttners Rote Knorpelkirsche, Schneiders Späte Knorpelkirsche, Kordia oder Star, doch ist die Liste sicher nicht vollständig. Wenn die Literatur von „mittelspäter“Blüte spricht, dann bezieht sich dies auf
die Blütezeit der Süßkirschen allgemein. Weil der Baumaustrieb in jüngster Zeit Wochen früher erfolgt, mögen Angaben wie „mittlere Reife 15. bis 25. Juli“allerhöchstens im Vergleich zu anderen Sorten dienen. Die Realität ist mittlerweile aber eine andere.
Richtig ist, dass der Jungbaum erst spät zu tragen anfängt. Man
sollte sich also gedulden. Mag er sich also in seiner Jugend nicht „verschleißen“, kann er doch recht alt werden und mit leckeren Früchten jahrzehntelang Freude bereiten. Nach der Ernte – der Frischverzehr dürfte nicht schwerfallen – verlieren die Früchte rasch ihren Glanz. Baldige Konservierung ist zu empfehlen.
Zum Autor: Ralf Hermann Melber ist Mitglied im Deutschen Pomologenverein und Obstbaumpfleger.