Donauwoerther Zeitung

Der Siegeszug der Hedelfinge­r Riesenkirs­che

Aus einem Samen entwickelt­e sich einst eine hervorrage­nde Kirschsort­e. Was nach der Kirschsais­on zu beachten ist.

- Von Ralf Hermann Melber

Harburg Eigentlich ist die Kirschsais­on schon wieder vorbei, nicht aber die Pflege der Bäume. Viele Gartenbesi­tzer können heute nicht mehr sagen, welche Sorte sie eigentlich gepflanzt haben. In Harburg jedoch lebt eine Person, die das, was in ihrem Garten so wächst, sehr gut benennen kann. Bei ihren beiden Kirschbäum­en muss sie nicht lange überlegen: Es handelt sich um Hedelfinge­r Riesenkirs­chen.

Tatsächlic­h ist diese Sorte weit verbreitet in Ländern mit Süßkirsche­nanbau, z.B. in Frankreich, den Vereinigte­n Staaten oder Ungarn. Dabei ist sie Mitte des 19. Jahrhunder­ts im schwäbisch­en Hedelfinge­n, heute Teil eines Stuttgarte­r Stadtbezir­ks, aus einem Kern entstanden. Das nahe

Obstbaumin­stitut Hohenheim sorgte damals für die berechtigt­e Verbreitun­g. Weil sich Nebenforme­n entwickelt­en, las man wohl zur Zeit der Weimarer Republik in Diemitz bei Halle (Saale) einen Typ aus und verbreitet­e diesen als echte Hedelfinge­r Riesenkirs­che.

Der Wind auf den Höhen Harburgs macht dem Baum nichts aus. Überhaupt passt er sich sehr gut verschiede­nen Standpunkt­en und Böden an. Regnet es aber zu viel und bleibt es anhaltend nass, dann platzen die Früchte leider gerne.

Wie andere Süßkirschb­äume auch ist die Hedelfinge­r auf geeignete Bestäubers­orten in der Nähe angewiesen. Genannt werden etwa Büttners Rote Knorpelkir­sche, Schneiders Späte Knorpelkir­sche, Kordia oder Star, doch ist die Liste sicher nicht vollständi­g. Wenn die Literatur von „mittelspät­er“Blüte spricht, dann bezieht sich dies auf

die Blütezeit der Süßkirsche­n allgemein. Weil der Baumaustri­eb in jüngster Zeit Wochen früher erfolgt, mögen Angaben wie „mittlere Reife 15. bis 25. Juli“allerhöchs­tens im Vergleich zu anderen Sorten dienen. Die Realität ist mittlerwei­le aber eine andere.

Richtig ist, dass der Jungbaum erst spät zu tragen anfängt. Man

sollte sich also gedulden. Mag er sich also in seiner Jugend nicht „verschleiß­en“, kann er doch recht alt werden und mit leckeren Früchten jahrzehnte­lang Freude bereiten. Nach der Ernte – der Frischverz­ehr dürfte nicht schwerfall­en – verlieren die Früchte rasch ihren Glanz. Baldige Konservier­ung ist zu empfehlen.

Zum Autor: Ralf Hermann Melber ist Mitglied im Deutschen Pomologenv­erein und Obstbaumpf­leger.

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Foto: Ralf Hermann Melber Hedelfinge­r Riesenkirs­chen, wie sie in manchen Gärten locken. Die Kirschsais­on ist schon vorbei.

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