Nach Jahren in der Großstadt wacht er nun über Wertingen
Jürgen Böswald hat als Polizeibeamter schon einiges miterlebt – Schusswechsel inklusive. Der 48-Jährige aus Rögling spricht über Extremsituationen, die Vorzüge der Kleinstadt und die Probleme auf dem Land.
Wertingen Jürgen Böswalds Karriere als Polizist begann mit einer Extremsituation. Es war seine zweite Nachtschicht, die er 1994 in München, seiner ersten Arbeitsstelle, absolvierte. Ein geistig verwirrter Mann lief mit einem Revolver durch die Straßen, Bößwald und sein Kollege stellten ihn. Der Mann richtete seine Waffe auf die beiden Beamten. Böswalds Kollege schoss ihn nieder, der Mann überlebte.
„Da ist das Adrenalin am Anschlag“, sagt Böswald heute über dieses prägende Erlebnis. Seine Kolleginnen und Kollegen hätten ihm dabei geholfen, es zu verarbeiten. „Da wird man nicht alleine gelassen“, sagt der 48-Jährige. Damals wie heute habe er nie daran gedacht, seinen Beruf an den Nagel zu hängen.
Seit dem 1. April leitet Böswald die Polizeistation Wertingen, die noch von elf weiteren Kollegen und Kolleginnen, teils auch in Teilzeit, besetzt ist. Für den dreifachen Familienvater haben sich damit recht abrupt die Arbeitsverhältnisse geändert, denn seine Karriere war eher durch die Arbeit in Großstädten geprägt.
Nach den ersten fünf Jahren als Streifenpolizist in München studierte er zunächst an der Beamtenfachhochschule, danach ging es nach Rain am Lech, anschließend nach Augsburg. Dort arbeitete er an mehreren Positionen, unter anderem als Sachbearbeiter im Gebiet
Organisierte Kriminalität. Als Zugführer der Bereitschaftspolizei wurde er immer dann gerufen, wenn die Polizei „Manpower“benötigte, etwa bei Volksfesten oder Fußballspielen. Auch leitete er zeitweise die Dienststelle in Gersthofen.
Er sei in Wertingen sehr herzlich empfangen worden, sagt Böswald. Der Polizeihauptkommissar aus Rögling hat außerdem eine Erfahrung gemacht, die er aus Großstädten
so nicht kennt. „Hier auf dem Land sind die Menschen gegenüber der Polizei freundlicher eingestellt. Die Leute grüßen einen hier oft, wenn man auf Streife ist“, sagt er. Darüber freut er sich. Von der Gewaltkriminalität, wie sie in Großstädten auftritt, sei Wertingen weit entfernt. Ebenso gebe es in Wertingen keine vergleichbare Drogenszene. Böswald sagt dazu: „Natürlich gibt es auch auf dem Land einen Handel mit Betäubungsmitteln.“
Konsumentinnen und Konsumenten harter Drogen – also Heroin, Crystal Meth oder Kokain – sind ihm bislang in Wertingen nicht begegnet.
Die Schwerpunkte der Polizeiarbeit liegen hier anders. Es gebe eine relativ kleine, aber problematische Gruppe Jugendlicher und junger Heranwachsender, welche die Wertinger Polizei beschäftige. Ein weiterer Schwerpunkt seiner Arbeit zeichnet sich bereits ab. Es ist der Kampf gegen Online-Betrug. Hier läuft derzeit das bei der Augsburger Polizei das Präventionsprogramm „Nicht mit meiner Oma“.
Auch in Wertingen soll verstärkte Aufklärung dabei helfen, entsprechende Delikte zu verringern. Der Kontakt mit den Menschen, in guten wie in schwierigen Situationen, sei das, was ihn immer noch für den Beruf begeistere, sagt Böswald.