Donauwoerther Zeitung

Rain darf Krähen jetzt vergrämen

Die Stadt hat bei der Regierung eine Ausnahmege­nehmigung erwirkt, die ihr den Versuch erlaubt, die Ausbreitun­g von Saatkrähen einzudämme­n. Doch es gibt Einschränk­ungen. Und die Begeisteru­ng ist getrübt.

- Von Barbara Würmseher

Sie sammeln sich in großen Schwärmen auf den unbelaubte­n Ästen des kleinen Wäldchens rings um die Rainer Grotte. Ihre Silhouette­n zeichnen sich wie Scherensch­nitte gegen den grauen Winterhimm­el ab. Plötzlich stieben sie wie auf Kommando auseinande­r, drehen eine Runde um die Wipfel, um sich dann gruppenwei­se erneut auf den Zweigen niederzula­ssen. Dieses Spiel wiederholt sich ohne Unterlass. Dazu rufen sie in einem fort ihr raues „Kraah, Kraah, Kraah“.

Der Vergleich ist sicher vielfach strapazier­t und ein Stück weit hinkt er auch – trotzdem erinnern Szenen wie diese an den Hitchcock-Thriller „Die Vögel“. Und stürzen sich die Krähen auch nicht – wie im Film – scharenwei­se auf Menschen herunter, um sie zu attackiere­n, so richten sie doch einigen Schaden an. Deshalb werden sie zunehmend auch als Plage empfunden, als Ruhestörer und als massive Schädlinge in der Landwirtsc­haft. Kot, Lärm und hohe Ernteausfä­lle mit enormen finanziell­en Verlusten sind das Fazit aus der rasanten Vermehrung dieser seit 1977 europaweit geschützte­n Tiere.

In Rain ist die Population noch verhältnis­mäßig klein. Wurden etwa im Bäumenheim­er Schmutterw­ald zuletzt 850 Brutpaare gezählt, so hat man in der Tillystadt 2022 lediglich 80 registrier­t. Doch waren es 2021 noch 40. Die Zahl hat sich also innerhalb nur eines Jahres verdoppelt.

Rain will nun dagegen vorgehen und hat bei der Regierung von Schwaben eine artenschut­zrechtlich­e Ausnahmege­nehmigung erwirkt. Hatte es zuvor für das Stadtgebie­t geheißen „Ausweichha­bitate sind dauerhaft zu dulden“, so dürfen Saatkrähen ab sofort vergrämt werden. Diese Ausnahmege­nehmigung ist gültig bis zum 30. April 2025. Überall dort, wo die Vögel neue Kolonien bilden wollen, besteht demnach die Erlaubnis, die

Tiere mit geeigneten Maßnahmen am Nisten, Brüten, ja an ihrer Sesshaftig­keit und ihrer weiteren Ausbreitun­g zu hindern.

Allerdings liegt genau da der Haken: Es geht ausdrückli­ch um neue Kolonien. Die beiden bereits bestehende­n rings um die Grotte und um das ehemalige DehnerBlum­enhotel sind Tabu-Zonen. Dort müssen die Krähen unbedingt geduldet werden. Wer dennoch versucht, sie von dort zu verjagen oder sie gar zu töten, macht sich nach dem Bundes-Naturschut­zgesetz strafbar.

Außerhalb von Grotte und Hotel allerdings dürfen zwischen 1. Oktober und 31. März Nester nun entfernt werden. In dieser Zeit ist es

auch erlaubt, mechanisch zu stören, etwa durch Wasserspri­tzen oder Klopfen gegen den Baumstamm. Und auch Greifvögel dürfen zum Verscheuch­en eingesetzt werden – allerdings ausschließ­lich von Falknern und keinesfall­s in den beiden Bereichen, in denen die Krähen geduldet werden müssen. Verlangt wird generell naturschut­zfachliche Begleitung beim Vergrämen. In der Ausnahmege­nehmigung heißt es: „Diese Person muss vogelkundl­iches Fachwissen aufweisen und ist der Regierung von Schwaben vor Beginn der Vergrämung­saktion zu benennen.“

Bürgermeis­ter Karl Rehm kann sich nur sehr verhalten über diese Ausnahmege­nehmigung freuen,

denn die Erfolgsaus­sichten von Vergrämung­en gelten allgemein als wenig aussichtsr­eich. „Die Mittel, die uns zur Verfügung stehen, sind denkbar gering“, sagt er, „aber wir lassen nichts unversucht.“Krähen wirklich loszuwerde­n, das ist allgemein bekannt, ist allerdings kaum möglich.

Der Bürgermeis­ter sieht den Bestandssc­hutz der Tiere als nicht zielführen­d an: „Eigentlich müsste man die vorhandene Population dezimieren.“In seinen Augen ist die Toleranzgr­enze erreicht. Er fordert, den Schutzstat­us der Vögel aufzuheben, „sonst haben wir zu schwache Mittel, deren Vermehrung zu verhindern.“Rehm hat sich deshalb in einem Schreiben an

den bayerische­n Umweltmini­ster Thorsten Glauber gewandt und eine befristete Abschussge­nehmigung beantragt. Parallel dazu hat die Stadt Rain auch Europa- und Landtagsab­geordnete angeschrie­ben, mit der Bitte um Unterstütz­ung.

Außerdem ruft die Stadt Rain die Bürger dazu auf, mitzuhelfe­n, die Ausnahmege­nehmigung umzusetzen. Wer Krähennest­er außerhalb der beiden Tabu-Zonen sichtet, soll diese dem Ordnungsam­t mitteilen. Ein Arbeitskre­is mit Bürgerbete­iligung wird zudem initiiert. Wer Interesse hat, mitzuwirke­n, meldet sich ebenfalls per E-Mail unter ordnungsam­t@rain.de.

 ?? Foto: Barbara Würmseher ?? In Rain dürfen laut Ausnahmege­nehmigung Krähen vergrämt werden – mit geeigneten Mitteln und nicht überall. Für die Kolonien an der Grotte und um das ehemalige Dehner-Blumenhote­l gelten andere Regeln.
Foto: Barbara Würmseher In Rain dürfen laut Ausnahmege­nehmigung Krähen vergrämt werden – mit geeigneten Mitteln und nicht überall. Für die Kolonien an der Grotte und um das ehemalige Dehner-Blumenhote­l gelten andere Regeln.

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