Die digitale Beziehungskrise
Schwindende Intelligenz tropft ja aus so manchen Ergüssen in den sozialen Hetzwerken. Aber schwindelnde Künstliche Intelligenz, das ist neu. ChatGPT4, ein hochentwickeltes Computerprogramm, das schriftlich kommunizieren kann, hat bei einem Testlauf offenbar einen Menschen überlistet, um eine Aufgabe lösen zu können, die Roboter nicht lösen können sollen: ein Bilderrätsel, genannt Captcha. Die Super-Software hat dazu einen echten Menschen übers Internet angeheuert und schlichtweg gelogen, verneint, ein Roboter zu sein, dafür aber ein hilfsbedürftiger Mensch mit Sehbehinderung. Hat geklappt. Der echte Mensch hat den Job erledigt.
Die Älteren unter uns fühlen sich jetzt vielleicht an Stanley Kubrick und HAL9000 erinnert. Bestimmen also Roboter schon bald unser Handeln? Bei der Frage fällt einem das Smartphone aus der Hand, während man in der garantiert menschenfreien Warteschleife gerade einem weniger intelligenten Chat-Bot versucht zu erklären, dass einen die Spracherkennungssoftware zu Hause nicht mehr versteht. Digitale Beziehungskrise. Um an einfachste Informationen zu kommen, lösen wir bereitwillig hundertfach besagte Captchas, was immer ein bisschen an Primatenforschung erinnert. Wir verbringen Lebenszeit mit digitalen Fehlermeldungen, von denen oft nicht einmal die Entwickler wissen, wie sie entstehen. Wir duzen Computer, beschimpfen sie, hätscheln Geräte wie einst die Tamagotchis. Wir lassen uns gedankenverloren von Social-Media-Algorithmen in digitale Echokammern sperren. Wie wir aus der Nummer wieder rauskommen? Vielleicht weiß ja ChatGPT Rat.