Lechspitz: Genderkingen will Klage einreichen
Die Enttäuschung der Gemeinde über die Erlaubnis des Landratsamts ist maßlos. Der Rechtsanwalt der Kommune stellt der Landkreis-Behörde ein schlechtes Zeugnis aus.
Bürgermeister Leonhard Schwab und Rechtsanwalt Dr. Christian Wiggers sind vom Gemeinderat einstimmig beauftragt, gegen die Bewilligung der Wasserförderung aus dem Lechspitz in die fränkische Metropolregion beim Verwaltungsgericht Augsburg zu klagen. Drei Punkte ziehen sich durch die komplexe Debatte: das juristische Dilemma durch zwei getrennte Verfahren, der „Rückzug“des Zweckverbands Wasserversorgung Fränkischer Wirtschaftsraum (WFW) aus Kommunikation und Verantwortung – vor allem aber die maßlose Enttäuschung der Gemeinde über das Landratsamt Donau-Ries. Rechtsanwalt Wiggers gab der Behörde zu dem 246-seitigen Bescheid ein schlechtes Zeugnis, denn sie habe große Passagen nur aus dem Antrag des WFW kopiert und keinen wesentlichen Punkt geändert. Vielmehr stellte er Aussagen vor, die juristisch „im Bescheid nichts zu suchen haben“.
Gemeindechef Schwab zeigte mit Beschlüssen aus dem Jahr 1973 auf, wie sehr die Gemeinde auf Forderungen des WFW eingegangen sei, etwa die Schaffung der Kläranlage, Umplanung der Kanäle von Trenn- und Mischsystem und Ausbau der Innerortsstraßen. Der 50 Jahre praktizierte Ausgleich von Mehrkosten wird nun – so wurde aus dem Bescheid zitiert – mit der Aussage abgetan: „Ob die gesetzlichen Voraussetzungen hierfür vorlagen, kann und muss heute nicht mehr nachvollzogen werden.“
Man wollte sich die Arbeit nicht machen, sich in die damalige Situation zu versetzen, hörte man in der Sitzung. Schwab konstatierte: „Der WFW fühlt sich für nichts verantwortlich“. Er verhehlte seine herbe Enttäuschung nicht: „Das Verhalten des Landratsamts war über die zwei Jahre des Verfahrens gleich und den Landrat interessiert es nicht!“Dritter Bürgermeister Gerhard Munninger hat den Eindruck, das Landratsamt habe die Problematik durch die „Brille von Nürnberg“entschieden.
Genderkingen geht es um einen fairen Ausgleich zwischen dem Wasserbedarf von 1,3 Millionen Einwohnern in der fränkischen
Metropolregion einerseits und den Nachteilen, die es durch die drei Brunnen hat. Die Wasserlieferung vom Lechspitz im bisherigen Rahmen von 32 Millionen Kubikmetern stellte niemand zur Disposition. Die Gemeinde wird laut dem Beschluss den Bescheid nicht „insgesamt“anfechten.
Die Gemeinde sieht im neuen Bescheid jedoch eine „unbillige Kostenverlagerung“. Schließlich bringe die erlaubte höhere Wasserförderung von bis zu 5 2,5 Millionen Kubikmeter noch mehr Einschränkungen
im Fördergebiet. Mehrkosten insbesondere im Abwasserbereich fallen am Ende durch das Kostendeckungsprinzip den Bürgern zur Last, verdeutlichte Bürgermeister Schwab. Vor 50 Jahren sei die Abwassereinrichtung aus Nürnberg ausdrücklich verlangt worden, während dies das Landratsamt heute wörtlich so abtue: „Es ist davon auszugehen, dass die gemeindliche Abwasseranlage auch ohne die neu zu bewilligende Grundwasserentnahme weiterbetreiben wird.“Bürgermeister
Schwab merkte an: „Man ist geneigt zu sagen: Wir stellen die Kläranlage ab“.
Ihre harsche Kritik unterlegen Anwalt und Gemeinde mit weiteren Beispielen. Die Aussage „Der Bewilligungsinhaber (WFW) bildet das Rückgrat der bayerischen Wasserversorgung in der SüdNord-Achse“habe im formalen Bescheid nichts zu suchen. Über eine weitere Ausführung dürfte sich selbst der WFW gewundert haben: „Um die Wasserbenutzung über eine längere Zeitspanne zu sichern, wäre bei einer Bewilligung zur öffentlichen Wasserversorgung sogar – anders als in Stellungnahmen angenommen wird – eine Frist von mehr als 30 Jahren gerechtfertigt. Eine längere als 30 Jahre dauernde Frist wird vom Antragsteller hier allerdings nicht beantragt, sodass kein Anlass besteht, eine längere Befristung als 30 Jahre zu erwägen.“
Geleugnet werden im Bescheid eventuelle Auswirkungen des Klimawandels auf den Grundwasserstand sowie mögliche Nachteile für die Anlieger. Gemeinderat Winfried Reschauer sah hier das Risiko der nächsten 30 Jahre auf Gemeinde und Bürger übertragen. Bei der Ermittlung der 52,5 Millionen Kubikmeter, die gefördert werden dürfen, ist dagegen der Klimawandel explizit einberechnet. Der Wirkungsraum und die zu erwartende Ausdehnung des Versorgungsgebietes des WFW sind nicht definiert. Das Landratsamt „segnet“weiter einen angeblich vom Landesamt für Statistik prognostizierten Bevölkerungswachstum bis 2054 um 11,8 Prozent ab; tatsächlich gibt es eine amtliche Prognose nur bis 2041 und nur mit 4,1 Prozent. Die Abfragen bei den belieferten (öffentlichen) Wasserversorgern werden als „Geschäftsgeheimnisse“nicht offengelegt.
Mit etwas gutem Willen, so Rechtsanwalt Christian Wiggers, hätte sich im Gesetz die Grundlage für einen Ausgleich der Kostenverlagerung – finden lassen. Im Bescheid werde ein Zusammenhang von Wasserförderung und Nachteilen vor Ort bestritten. Juristisch sei die Klage am Verwaltungsgericht vertrackt, legte er dar. In das Gerichtsverfahren kann die Gemeinde nur eigene Betroffenheit einbringen, aber nicht als „Sachwalterin“ihrer Bürger auftreten. Weiter habe das Landratsamt teilweise auf das Folgeverfahren zur Schutzgebietsausweisung verwiesen. Und da überwog die Skepsis, vom gleichen Landratsamt eines Tages zu erfahren, dass man einzelne Gesichtspunkte bereits gegen den aktuellen Bescheid hätte richten müssen.
24 Zuhörer, darunter Niederschönenfelds Bürgermeister Stefan Roßkopf mit drei Ratsmitgliedern und Kaisheims Zweiter Bürgermeister Markus Harsch waren ins Bürgerhaus gekommen.