Ein Galakonzert mit urkomischen Hindernissen
Die Mitglieder des Ensembles „Oper Plus“liefen in Mertingen zur komödiantischen Höchstform auf – und das in den Genres Oper, Operette und Musical. In jeder Hinsicht ein Genuss!
Ein sehr kurzweiliger Konzertabend mit etlichen Überraschungen war das Gastspiel von „Oper Plus“aus Nürnberg in Mertingen: eine musikalisch-komödiantische Persiflage auf Primadonnen-Allüren; ein Wohlfühlabend – mit ungeahntem Ende. Statt Pausensekt gab’s nämlich ein Gläschen vor dem Weg nach Hause und dabei entwickelte sich ein lockeres Beisammensein, bei dem sich auch noch die Darsteller unter die Besucher mischten. So kamen herzliche Kontakte zustande.
Kontakte auch mit der famosen Brigitte! In rosafarbenem Blümchenrock gewandet hatte sie zuvor mit naivem Gestus, Habitus und Augenaufschlag die Inszenierung gerockt. Die Story lebt vom mitreißenden Agieren der Interpreten, deren bravourösem Singen und Spielwitz und handelt von einem Galakonzert, das stattfinden soll. Wer nicht kommt, ist die große Diva. Ihr im Stich gelassener Partner versucht sich nun als Solist – bis Brigitte erscheint. Eben jene übereifrige, naive, großäugige Anbeterin, die sich stets den Stars andient. In diesem Falle ist es ein wenig anders, denn Brigitte entpuppt sich – aschenputtelmäßig – letztlich als die „Diva“.
Oper Plus, das sind die vier großartigen Künstler-Persönlichkeiten Isabel Blechschmidt (Sopran), Susanne Heinzmann (Mezzosopran), Jakob Kreß (Bassbariton) und die bezaubernd couragierte Pianistin Anna Körber, die alle an der Longe führt. Die exzellente Sopranistin mit glockenreinen Spitzentönen, die bezaubernde Mezzosopranistin (Brigitte!) mit goldwarmem Ton und als Sahnetupferl ein grandioser Bassbariton, der als höchst spielfreudiger, überzeugend beweglicher Buffodarsteller mit samtweichem Wohlklang begeistert.
Die Geschichte um jene Diva könnte einer Sektlaune entsprungen sein, so komödiantisch, temporeich und intelligent kommt sie daher. Da ist der Auftritt der Pianistin, die ein paar Takte lang mit Richard
Wagners „Tannhäuser“versucht, die Primadonna auf die Bühne zu locken. Doch die Dame lässt warten. Da ist ihr einfallsreicher Partner, der sich ins „Weiße Rössl“rettet und schmelzend singt „Es muss was Wunderbares sein...“. Und da ist Brigitte. Die darf dann auch auf die Bühne kommen, bringt ihr Notenheft mit, und singt dem Sänger ständig dazwischen. Von der Bühne scheuchen lässt sie sich auch nicht mehr, sie ist groupiemäßig obstinat. Von der Operette geht’s zur großen Oper, und just als im Duett das hohe „C“ansteht, mengt sich die Diva ein. Verspätet, in Hauspuschen – was ihr einen höhensicheren Schrei und einen Run von der Bühne abverlangt. Na ja, so geht es weiter – Brigitte ist der eigentliche Star der Show: Sie treibt die anderen fast in den Wahnsinn. Der Sänger offenbart Textschwächen, die Pianistin haut ihm auf die Finger, weil er ständig nachschauen muss, was noch alles kommt. Die Diva singt divenmäßig, jetzt richtig gut, trotz der Gemeinheiten, die ihr an den Kopf geworfen werden.
Köstlich ist der Moment, als Brigitte, nun wieder ganz der großäugig staunende Fan, ohne Diskretion und Anstand, mit leuchtendem Smartphone ihr auf die Pelle rückt. Das gerät zur zauberhaften Persiflage auf modernes Fan-Verhalten. So wechseln sich Ohrwürmer aus großen Oper („Carmen“, „Turandot“, „Der Barbier von Sevilla“, „Fidelio“) ab mit Operettenmelodien („Meine Lippen, die küssen so heiß“aus Giuditta), Musical-Songs („Kiss me Kate“). Alles wird sängerisch überzeugend, mit Ironie und Slapsticks in Szene gesetzt.
Am Ende dann haben sich alle lieb. Chapeau! Ein hinreißender, leider ein wenig zu kurzer Abend. So geht Fasching einmal anders – und dennoch als ungetrübtes Vergnügen!