Solarpark Wallerdorf/Wächtering scheitert
Das Projekt würde die Landschaft erdrücken, findet die Mehrheit des Stadtrats Rain. Doch an der gesetzlichen Pflicht zur Energiewende will niemand rütteln. Es gibt denkbare Flächen.
Nachdem er Richtlinien für ein geordnetes Vorgehen bei der Errichtung von Freiflächen-Fotovoltaikanlagen erlassen hatte, ging der Stadtrat Rain nun in drei Fällen ins Konkrete. Für maximal eineinhalb Prozent des Stadtgebietes, sprich 115 Hektar, hatte die Stadtrats-Mehrheit die Aufstellung von vorhabenbezogenen Bebauungsplänen in Aussicht gestellt.
Allein 61,5 Hektar davon sollten nach dem am 7. März 2024 modifizierten Antrag der Anumar GmbH in den Gemarkungen Wallerdorf und Wächtering mit Solarpaneelen bestückt werden. Doch daraus wird nichts. Nur acht Hände der Stadträte gingen für den Antrag hoch. Bürgermeister Karl Rehm und elf Räte stimmten dagegen. Konträr verliefen Diskussion und Abstimmungen aller Teilpunkte auf der „PV-Agenda“.
Über den offenen Brief, den Stadtrat Martin Strobl in der vorletzten Sitzung an seine Ratskollegen verteilt hatte, wurde in der Sache nicht abgestimmt, sondern auf die Beurteilung der einzelnen Anträge verwiesen. Strobl hatte seine Meinung dargelegt, dass die bisherige Richtlinie und alle aktuell geplanten Fotovoltaik-Freiflächenanlagen nicht nachhaltig und zielführend seien. Nachhaltig bedeute für ihn „ohne unnötigen Flächenverbrauch (insbesondere hochwertige landwirtschaftliche Grundstücke), mit EEG-Garantievergütung, eigenverbrauchsorientiert für das Rainer Gewerbe und die Industrie sowie Bürgerbeteiligung“. Diese Kriterien sah er bei keinem beantragten Projekt erfüllt. Er berief sich ferner auf die Einschätzung von Staatsregierung und Bauernverband.
Rechtsanwalt Josef Geislinger bestätigte in seinen Ausführungen das bisherige Vorgehen der Stadt und erläuterte das „pflichtgemäße Ermessen“bei der Ausübung der Planungshoheit. Zwar träfen einzelne Feststellungen von Stadtrat Strobl zu, aber Alternativen wie Floating, Dächer, Parkplätze oder Moorflächen seien entweder nicht
realisierbar oder von der Bereitschaft der Eigentümer abhängig. Eine weitgehende Verweigerung der Stadt würde der gesetzlichen Forderung nicht gerecht.
Bürgermeister Rehm und Geschäftsleiter Harald Reinelt stellten für die drei zu entscheidenden Anträge das Für und Wider dar. Für 2,8 Hektar im nordöstlichen Teil der Gemarkung Mittelstetten wurde die Verwaltung mit 16 zu 4 Stimmen beauftragt, dem Investor eine städtebauliche Grundvereinbarung vorzulegen, bevor es den Aufstellungsbeschluss gibt. Eine
Fläche nördlich des Agathenzeller Weges in Wächtering wurde mit 17 zu 3 Stimmen abgelehnt, insbesondere wegen der Nähe zum Wald und des Landschaftsbildes.
Südlich besagten Weges bis hinauf nach Wallerdorf (einschließlich drei Flurstücken in Wächtering) dann der Entscheid über die mit Abstand größte angemeldete Fläche. Alle sechs Fraktionen brachten sich mit Statements zu den 61 Hektar ein. Die Verwaltung hatte dargelegt, dass für die Anlage die zusammenhängende Fläche spreche, wenig Offenland-Arten
gegeben seien und die Obergrenzen der Richtlinie eingehalten seien. Gegen das Projekt würden der „Erdrückungseffekt in dem großflächigen Talraum“, die Nähe zum Dorf und die fehlende Direktabnahme des Stromes sprechen. Rechtsanwalt Geislinger kam zum Schluss: „Das ist Ihre Entscheidung!“
Er sei nunmehr gegen dieses Projekt, so Bürgermeister Rehm. Es entspreche zwar den städtischen Grundsatzbedingungen, verbaue aber die Entwicklung anderer Anlagen (unter anderem sind damit schon 61 der 115 Hektar „verbraucht“). Unter den aufgezeigten Argumenten sei er ebenfalls nicht für einen Bebauungsplan, so Manuel Paula (CSU). Christian Martin (SPD) und Simon Briglmeir (Jungbürger/Unabhängige) sahen trotz der Größe den städtischen Kriterienkatalog eingehalten und die Akzeptanz der Bürger gegeben (es gab eine InfoVeranstaltung im November). Anumar habe die Fläche auch „nach unten“korrigiert, so Martin.
Joachim Düsing (PWG) äußerte, die Anlage „erschlage“Wallerdorf, sei zu groß und zu nah am Dorf, außerdem würden durch die selbst verordnete Höchstgrenze anderen Standorten die Chancen genommen. Florian Riehl (Freie Wähler) schloss sich dagegen den Rednern von SPD und Jungbürger/Unabhängige an und verwies auf die gesetzliche Pflicht der öffentlichen Träger zur Mitwirkung an der Energiewende.
Martin Strobl (Wählervereinigung Rainer Stadtteile) bezeichnete Rain ohnehin als vorbildlich, denn laut neuestem Klima-Atlas werde in der Stadt 293 Prozent des benötigten Stromes bereits regenerativ erzeugt. Er sei gegen das Projekt, weil das maßgebliche hochwertige Ackerland mit 80 Punkten bewertet sei – manches Grünland erhalte dagegen nur 35 Punkte.
Auf Nachfrage nach der Sitzung erläuterte Bürgermeister Rehm den Sachstand zur Ausweisung von PV-Freiflächen. Es gebe noch keinen Aufstellungsbeschluss. In zwei Fällen (Strauppen und Holzheim/Wallerdorf) liegen von den Projektträgern die Zustimmungen zum städtebaulichen Vertrag vor, in Mittelstetten werde sie nun aufgrund des jüngsten Beschlusses angefordert – macht in Summe gut 20 Hektar. Ein weiteres, sehr aussichtsreiches Projekt, sei mit rund 20 Hektar angemeldet und werde demnächst dem Stadtrat vorgelegt. Bei einem „kleineren“Projekt in Staudheim, das der Richtlinie entspricht, will der Antragsteller eventuell einen anderen Standort ins Spiel bringen.