Pistorius baut die Bundeswehr um
Mehr Soldaten, schnellere Entscheidungen: Der Minister stellt die Truppe neu auf.
Nach mehr als 70 Jahren Frieden in Deutschland will Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) die Bundeswehr wieder stärker auf die Landes- und Bündnisverteidigung ausrichten. Dazu soll sie nicht nur eine neue Kommandostruktur erhalten, sondern bis zum Jahr 2031 auch auf 203.000 Soldatinnen und Soldaten anwachsen. Zum Vergleich: Aktuell sind es nur rund 181.000. Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht schließt Pistorius dabei nicht aus.
Im Oktober hatte er die Nation aufgerüttelt. „Wir müssen kriegstüchtig werden, wir müssen wehrhaft sein und die Bundeswehr und die Gesellschaft dafür aufstellen“, sagte er. Fünf Monate später liegt nun ein erstes Ergebnis dieser
Überlegungen in einer „Grobstruktur der Streitkräfte“vor. Es gehe darum, die Bundeswehr der Zeitenwende für eine neue alte Aufgabe, nämlich die Landes- und Bündnisverteidigung, wieder aufzustellen, sagte Pistorius. Diese müsse für den „Kriegsfall“gerüstet sein.
Kernstück der umfassendsten Bundeswehrreform seit 2010 – damals wurde unter anderem die Wehrpflicht ausgesetzt und die Truppe erheblich verkleinert – ist eine neue Kommandostruktur. Schlanker und schneller soll die Spitze der Bundeswehr in Zukunft sein. Wenn Deutschland oder ein anderes Nato-Land angegriffen werden und der Verteidigungsfall eintritt, soll die Bundeswehr blitzschnell reagieren können und sich nicht erst mit Zuständigkeiten der Teilstreitkräfte Heer, Marine und Luftwaffe aufhalten müssen.
Pistorius lässt deshalb das bislang für Auslandsmissionen zuständige Einsatzführungskommando in Geltow bei Potsdam und das Territoriale Führungskommando der Bundeswehr in Berlin, das die Aufgaben der Bundeswehr im Inland koordiniert, zu einem neuen „Operativen Führungskommando“zusammenlegen.
„Es muss allen klar sein: Wir verteidigen unser Land und unsere Bündnispartner“, sagte er. „Niemand soll auch nur auf die Idee kommen, uns anzugreifen.“Da die Bedrohungslage in Europa sich verschärft habe, müsse die Bundeswehr so reformiert werden, dass sie optimal aufgestellt sei. Seit seinem Amtsantritt hatte Pistorius mehrfach die komplizierten und teils undurchsichtigen Abläufe bei der Bundeswehr kritisiert.
Weniger Bürokratie und mehr Tempo erhofft sich der Minister durch die Verringerung der Zahl an Inspekteuren. Sechs gibt es davon bisher, sie unterstehen dem Generalinspekteur, der als ranghöchster Soldat wiederum erster Ansprechpartner für die Bundesregierung ist. Die Streitkräftebasis mit ABCAbwehr, Feldjägern und der gesamten Logistik sowie der Sanitätsdienst verlieren ihren Inspekteur. Heer, Luftwaffe, Marine behalten ihn. Das gilt auch für den zuletzt immer mehr ausgeweiteten Bereich Cyber- und Informationsraum, der zur Teilstreitkraft aufgewertet wird, also auf Augenhöhe mit Heer, Luftwaffe und Marine. Er ist auf elektronische Kampfführung und Cyberoperationen sowie den Schutz der elektronischen Infrastruktur spezialisiert.
Da die zahlreichen Werbekampagnen bislang nicht die gewünschte Wirkung hatten, hält Pistorius sich eine Wiedereinführung der Wehrpflicht offen. Bei den Überlegungen, die im Rahmen einer Projektgruppe angestellt wurden, sei mitgedacht worden, „dass es zu einer Wiedereinführung der Wehrpflicht kommt“, sagte er. Bis Mitte April erwarte er aus seinem Haus ein Papier zur Machbarkeit verschiedener Modelle.
„Müssen für den Kriegsfall gerüstet sein.“
Verteidigungsminister Pistorius