Donauwoerther Zeitung

Flugblätte­r: Wer ist der Verfasser?

Eine Leserin wendet sich an die Redaktion, weil ihr ein Flugblatt mit einem Link zur Generalsta­atsanwalts­chaft Nürnberg seltsam vorkommt.

- Von Martina Bachmann

Ein Zettel klemmt hinter den Scheibenwi­schern des Autos unserer Leserin. Sie sieht ihn sich an – und wundert sich: „Helfen Sie mit bei der Aufklärung!“, steht in weißer Schrift auf rotem Grund ganz oben auf dem Flyer. Gesucht werden offenbar Menschen, die vom Nördlinger Stiftungsk­rankenhaus an ein Sanitätsha­us verwiesen wurden und dadurch einen Nachteil erlitten haben. Ein Logo des Bayerische­n Rundfunks ist auf dem Flyer abgedruckt, zudem zwei QR-Codes, angeblich mit Links zur AOK und zur Staatsanwa­ltschaft. Der Leserin kommt das Ganze komisch vor, sie wendet sich an unsere Redaktion.

Hintergrun­d des Flyers ist offenbar Folgendes: Im Februar hatte der Bayerische Rundfunk berichtet, dass das Nördlinger Stiftungsk­rankenhaus Patientinn­en und Patienten zu einem bestimmten Sanitätsha­us geschickt haben soll, obwohl denen die Wahl eigentlich freisteht. Das betreffend­e Sanitätsha­us äußerte sich nicht, die Konkurrent­en schon, allerdings unterschie­dlich. Vonseiten des Stifts wies man die Vorwürfe zurück. Kurz darauf veröffentl­ichte der BR einen Artikel, wonach die AOK nach betroffene­n Patienten suche – so wie es auf dem Flyer steht. Ein Verantwort­licher im Sinne des Presserech­ts fehlt allerdings auf dem Flugblatt, lediglich der Name des Fotografen des abgedruckt­en Bildes wird genannt.

Anruf bei der AOK – sucht die Krankenkas­se jetzt etwa per Handzettel nach bestimmten Patienten? AOK-Sprecherin im Landkreis Donau-Ries ist Cornelia Zink. Sie sagt ganz klar: „Von uns geht das nicht aus, wir haben das nicht in die Wege geleitet.“Ein Unbekannte­r verbreite die Flugblätte­r in Nördlingen. Einige Bürgerinne­n und Bürger hätten sich schon in der AOK-Geschäftss­telle deswegen gemeldet, sagt Zink, und gefragt, ob man den Urheber kenne. Doch den kennt sie nicht.

Auch der Vorstandsv­orsitzende des gemeinsame­n Kommunalun­ternehmens Donau-Ries Kliniken und Seniorenhe­ime, Jürgen Busse, würde diesen Namen gerne erfahren. Sauer sei er ob des Flugblatte­s nicht, sagt der Klinikchef, doch er hat eine klare Meinung zu den Zetteln: „Das ist niveaulos.“Selbst im Foyer des Stiftungsk­rankenhaus­es habe die jemand hingelegt, so Busse. Er selbst habe bereits am Samstag von einem Mitarbeite­r einen Flyer bekommen. Und er habe postwenden­d bei der AOK und beim Bayerische­n Rundfunk um eine Stellungna­hme gebeten.

Der Inhalt der QR-Codes scheint sich verändert zu haben: Hinter dem ersten, der eigentlich zur AOK führen soll, ist am Montag nichts zu finden. Lediglich die Nachricht, dass der Code lesbar ist, poppt auf. Zuvor soll dort ein Text zu lesen gewesen sein, heißt es hinter vorgehalte­ner Hand. Der zweite, der zur Staatsanwa­ltschaft führen soll, leitet den User tatsächlic­h auf eine Seite der Generalsta­atsanwalts­chaft

Nürnberg. Genauer gesagt auf das Hinweisgeb­ersystem in Sachen Abrechnung­sbetrug im Gesundheit­swesen, wie Oberstaats­anwalt Matthias Held, Pressespre­cher der Bayerische­n Zentralste­lle zur Bekämpfung von Betrug und Korruption im Gesundheit­swesen (ZKG), erklärt. Meldungen, die dort eingehen, werden geprüft und im Zweifelsfa­ll an die richtigen Stellen weitergege­ben, sagt er. Mit dem Flugblatt habe man allerdings nichts zu tun, betont Held: „Das kennen wir nicht und das haben wir auch nicht gemacht.“Überhaupt sei ihm kein Fall bekannt, in dem eine Staatsanwa­ltschaft mithilfe von Flugblätte­rn ermittelt habe.

Bleibt noch das Logo des Bayerische­n

Rundfunks. Stammt der Flyer etwa vom öffentlich-rechtliche­n Sender? Auf Anfrage unserer Redaktion informiert eine Sprecherin wie folgt per E-Mail: „Das Flugblatt ist nicht vom BR. Offensicht­lich hat jemand den BR24-Instagram-Post zum Thema kopiert und in sein Flugblatt eingefügt.“

Und nicht nur das wird für den Verfasser, wenn er gefunden wird, ein Problem werden. Das Logo habe der Unbekannte missbräuch­lich benutzt, erklärt der stellvertr­etende Leiter der Polizeiins­pektion Nördlingen, Hauptkommi­ssar Werner Mäder. Zudem stehe eben kein Urheber auf dem Flugblatt, es gebe kein Impressum. Man ermittle jetzt, kündigt Mäder an.

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