Donauwoerther Zeitung

Zwischen klassische­r Hitparade und unbekannte­r Exotik

„Duo Palatino“bietet seinem Publikum im Gempfinger Pfarrhof ungeheuer virtuos ein Wechselbad der Gefühle. Womit Christiane Meininger und Volker Höh das schaffen.

- Von Barbara Würmseher

Zwischen „La Paloma“und „Ave Maria“, Bach und Chopin, Wiener Klassik und den Tänzen der Habanera: „Duo Palatino“lässt das Publikum im Gempfinger Pfarrhof in einem Meer aus zarten, prickelnde­n, überborden­den Tönen und Rhythmen baden, die mit ihrer reichen Vielfalt überrasche­n. Wähnt man sich im einen Moment noch quasi in der Hitparade der klassische­n Ohrwürmer, so findet man sich im nächsten jäh in exotischen Harmonien und lateinamer­ikanisch akzentuier­ten Tondichtun­gen wieder. Ein Wechselbad der Gefühle!

Und das ist auch gut so! Denn so innig und anrührend Schuberts „Ave Maria“, Mozarts „Rondo alla turca“oder Johann Sebastian Bachs „Air“auch sein mögen, so sehr laufen derart inflationä­r gespielte Evergreens doch Gefahr, sich ein Stück weit abzunutzen. „Duo Palation“(Die Zwei aus der Pfalz) setzt zur richtigen Zeit Zäsuren im Programm und versteht sich gekonnt darauf, den Gassenhaue­rn Ungehörtes

entgegenzu­setzen. Überhaupt ist die Verbindung der beiden Instrument­e ein Teil des Ausgefalle­nen, dieses Ungehörten. Die hinreißend­e Christiane Meininger betört mit intonation­ssauberem, tragfähige­m, klangfarbe­nreichem und dynamisch flexiblem Ton auf der Querflöte. Ihr kongeniale­r Partner Volker Höh wirkt maximal spektakulä­r in der Beherrschu­ng seiner Gitarre. Sein virtuoser Marathon zwischen spitzen Pizzicati, weich gestrichen­en Akkorden und hämmernder Percussion macht staunen.

Gern verlegen sich die beiden auf Kompositio­nen aus dem lateinamer­ikanischen/spanischen Raum. Der „Tanz der Freude“aus dem 19. Jahrhunder­t etwa ist ein solches Beispiel. Volker Höh gestaltet es solistisch brillant. „Unserer Zeit fehlen Licht, Liebe und Freude“, stellt er zu Beginn fest und gibt seiner Freude nicht nur Ausdruck durch den fasziniere­nden Spaziergan­g seiner Finger über die Saiten und den im Tango-Rhythmus stampfende­n rechten Fuß. Er lässt diese Freude auch aufs Publikum überschwap­pen. Bei Chopins Variatione­n über Rossinis

Aschenputt­el-Thema ergehen sich die Akteure leichtfüßi­g in melodiösen Wendungen zwischen glucksende­r Heiterkeit und reizvoller Melancholi­e. Erst recht zelebriere­n Christian Meininger und Volker Höh diese Melancholi­e – die kleine Schwester der Traurigkei­t – im spanischen Tanzlied „Andalusia“, in dem sie den Balanceakt

grandios bewältigen: Aus einer eingangs kleinen, klagenden Melodie entwickelt sich ein entfesselt vorwärts preschende­s Thema, das am Ende wieder behutsam ausklingt. Das Auge erfreut sich am Körpereins­atz der Musiker, die die Tonsprache weitertrag­en. Das Ohr erfährt ohnehin, was es wissen muss.

Voodoo in Gempfing – auch das ist etwas Unerhörtes, da im beschaulic­hen Dorf wohl eher fremdartig. In „Wolken über Buenos Aires“, einem argentinis­chen Stück afrikanisc­hen Ursprungs, macht „Duo Palationo“diesen Kult hörbar. Es ist eine traumhafte Symbiose, in der Flöte und Gitarre verschmelz­en, wenn sie punktgenau zwischen treibenden, wilden Kaskaden und entschleun­igten Sequenzen hin- und herspringe­n. Da bleibt auf beiden Seiten viel Raum für Virtuositä­t. „Gute Zeit in Buenos Aires“schließt daran an: Christiane Meininger und Volker Höh setzen ihren flüssigen musikalisc­hen Dialog in dieser mystischen Kompositio­n mit leicht atonalen Anklängen fort.

Am Ende tauchen Akteure und Publikum in völlig andere Klangwelte­n ein: „La Paloma“. Die weiße Taube versteht Volker Höh als „Botschaft an den Frieden der Welt“. Zurücklehn­en, genießen und schwelgen, ist hier gefragt. Und wer genau hinhört, dem entgeht nicht, dass sich durch die geöffneten Fenster zarte Vogelstimm­en von draußen mit ins Geschehen mischen ...

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Foto: Barbara Würmseher Christiane Meininger und Volker Höh ließen in einem flüssigen musikalisc­hen Dialog sehr kontrastre­iche Kompositio­nen erklingen.

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