Zwischen klassischer Hitparade und unbekannter Exotik
„Duo Palatino“bietet seinem Publikum im Gempfinger Pfarrhof ungeheuer virtuos ein Wechselbad der Gefühle. Womit Christiane Meininger und Volker Höh das schaffen.
Zwischen „La Paloma“und „Ave Maria“, Bach und Chopin, Wiener Klassik und den Tänzen der Habanera: „Duo Palatino“lässt das Publikum im Gempfinger Pfarrhof in einem Meer aus zarten, prickelnden, überbordenden Tönen und Rhythmen baden, die mit ihrer reichen Vielfalt überraschen. Wähnt man sich im einen Moment noch quasi in der Hitparade der klassischen Ohrwürmer, so findet man sich im nächsten jäh in exotischen Harmonien und lateinamerikanisch akzentuierten Tondichtungen wieder. Ein Wechselbad der Gefühle!
Und das ist auch gut so! Denn so innig und anrührend Schuberts „Ave Maria“, Mozarts „Rondo alla turca“oder Johann Sebastian Bachs „Air“auch sein mögen, so sehr laufen derart inflationär gespielte Evergreens doch Gefahr, sich ein Stück weit abzunutzen. „Duo Palation“(Die Zwei aus der Pfalz) setzt zur richtigen Zeit Zäsuren im Programm und versteht sich gekonnt darauf, den Gassenhauern Ungehörtes
entgegenzusetzen. Überhaupt ist die Verbindung der beiden Instrumente ein Teil des Ausgefallenen, dieses Ungehörten. Die hinreißende Christiane Meininger betört mit intonationssauberem, tragfähigem, klangfarbenreichem und dynamisch flexiblem Ton auf der Querflöte. Ihr kongenialer Partner Volker Höh wirkt maximal spektakulär in der Beherrschung seiner Gitarre. Sein virtuoser Marathon zwischen spitzen Pizzicati, weich gestrichenen Akkorden und hämmernder Percussion macht staunen.
Gern verlegen sich die beiden auf Kompositionen aus dem lateinamerikanischen/spanischen Raum. Der „Tanz der Freude“aus dem 19. Jahrhundert etwa ist ein solches Beispiel. Volker Höh gestaltet es solistisch brillant. „Unserer Zeit fehlen Licht, Liebe und Freude“, stellt er zu Beginn fest und gibt seiner Freude nicht nur Ausdruck durch den faszinierenden Spaziergang seiner Finger über die Saiten und den im Tango-Rhythmus stampfenden rechten Fuß. Er lässt diese Freude auch aufs Publikum überschwappen. Bei Chopins Variationen über Rossinis
Aschenputtel-Thema ergehen sich die Akteure leichtfüßig in melodiösen Wendungen zwischen glucksender Heiterkeit und reizvoller Melancholie. Erst recht zelebrieren Christian Meininger und Volker Höh diese Melancholie – die kleine Schwester der Traurigkeit – im spanischen Tanzlied „Andalusia“, in dem sie den Balanceakt
grandios bewältigen: Aus einer eingangs kleinen, klagenden Melodie entwickelt sich ein entfesselt vorwärts preschendes Thema, das am Ende wieder behutsam ausklingt. Das Auge erfreut sich am Körpereinsatz der Musiker, die die Tonsprache weitertragen. Das Ohr erfährt ohnehin, was es wissen muss.
Voodoo in Gempfing – auch das ist etwas Unerhörtes, da im beschaulichen Dorf wohl eher fremdartig. In „Wolken über Buenos Aires“, einem argentinischen Stück afrikanischen Ursprungs, macht „Duo Palationo“diesen Kult hörbar. Es ist eine traumhafte Symbiose, in der Flöte und Gitarre verschmelzen, wenn sie punktgenau zwischen treibenden, wilden Kaskaden und entschleunigten Sequenzen hin- und herspringen. Da bleibt auf beiden Seiten viel Raum für Virtuosität. „Gute Zeit in Buenos Aires“schließt daran an: Christiane Meininger und Volker Höh setzen ihren flüssigen musikalischen Dialog in dieser mystischen Komposition mit leicht atonalen Anklängen fort.
Am Ende tauchen Akteure und Publikum in völlig andere Klangwelten ein: „La Paloma“. Die weiße Taube versteht Volker Höh als „Botschaft an den Frieden der Welt“. Zurücklehnen, genießen und schwelgen, ist hier gefragt. Und wer genau hinhört, dem entgeht nicht, dass sich durch die geöffneten Fenster zarte Vogelstimmen von draußen mit ins Geschehen mischen ...