Geisterbahn im Erzgebirge – Vodafone steuert fahrerlosen Zug per 5G-technik
Weltpremiere in Schlettau: Eine Teststrecke von Annaberg-buchholz bis Schwarzenberg für den Güterzugverkehr von morgen befindet sich derzeit im Aufbau.
Schlettau/dresden. Eben noch großer Bahnhof wegen der Weltkulturerbe-ehrung des Erzgebirges und nun kommt gleich noch eine Weltpremiere in dieser Region hinzu: Erstmals fährt ein Zug wie von Geisterhand ohne Fahrer die Gleise entlang. Gestern im sächsischen Erzgebirge in Schlettau konnte dies erstmals bestaunt werden.
Möglich ist diese Neuerung dank der Mobilfunk-technologie der fünften Generation, kurz „5G“, die an der TU Dresden mitentwickelt wurde. Vodafone hat sich dafür stark gemacht, um dem Transport der Zukunft auf der Schiene eine greifbare Perspektive zu bieten. Über die Höhe der Investitionen hält sich der Düsseldorfer Telekommunikation s riese allerdings bedeckt.
Vom „Smart Rail Connectivity Campus“aus steuert Vodafone den Thales-zug. Dafür sei eine der ersten 5G-stationen in Deutschland errichtet worden – in Schlettau. Der dortige Bahnhof mit seinen Gleisanlagen ist Teil der 25 Kilometer langen Teststrecke von AnnabergBuchholz nach Schwarzenberg, die derzeit eingerichtet wird. Sie soll komplett mit 5G-antennen ausgerüstet werden. Dafür wird einen Zeitraum von drei bis fünf Jahren veranschlagt.
Ohne hochmoderne Technik ist ein führerloser Zug keinen Millimeter zu bewegen. So schafft es die Mobilfunk-technologie etwa, auf der Teststrecke für den Zugverkehr Daten-mengen in einer Bandbreite von 500 Megabit pro Sekunde zu verarbeiten. Eine wichtige Voraussetzung, damit die sonst üblichen Verzögerungen bei der Übertragung von Informationen so gering wie möglich gehalten werden können – im konkreten Fall sind es weniger als zehn Millisekunden. Eine Lösung, die Experten durchaus als praktikabel ansehen, um in nicht allzu ferner Zeit den Gütertransport ferngesteuert zu beherrschen.
Diese Vision beflügelt die Fantasien. „Wir bringen 5G zum ersten Mal auf die Gleise“, meint denn auch Alexander Saul. Der Geschäftsführer für Firmenkunden von Vodafone Deutschland fügt rasch hinzu, was er sich so alles vorstellen kann: „Gemeinsam mit unseren Industrie partnern prüfen wir, welche neuen Anwendungen mit 5G möglich werden.“
Und dann setzt er noch eins drauf: „Wenn das Netz, wie hier auf der Teststrecke, in Echtzeit funkt, dann könnte so in Zukunft das Home Office für Zugfahrer Wirklichkeit werden.“Die Eisenbahn sozusagen von zu Hause aus steuern. Heimarbeit hat dies früher geheißen. Wenngleich das Home Office nicht in der privaten Wohnstube seine Heimstatt finden wird, sondern – wie im Vodafone-testfall – in einer mehrere Hundert Metern entfernten Steuerzentrale. Fahrerloses Gleiten über die Gleise – fast wie im utopischen Film.
„Der Smart Rail Connectivity Campus im sächsischen Erzgebirge ist eine europaweit einzigartige Plattform, die die Zukunft des digitalen Schienenverkehrs entscheidend prägen wird“, ist Sören Claus überzeugt. Der technische Leiter des Campus’ erklärt: „Hier forschen und arbeiten über 100 Partner an automatisierter, umweltfreundlicher Mobilität .“Erfreue sich, dass Vodafone dank der Unterstützung aus dem Förderprogramm „WIR! – Wandel durch Innovation inder Region“des Bundesforschungsministeriums dieses innovative Modell- projekt im Erzgebirge ansiedeln konnte.
Ohne Lokführer einen Zug durch die Landschaft zu bewegen – dazu bedarf es technischer Rea kt ions möglichkeiten in Echtzeit. Mit der 5G-technologie ist das möglich. Vom Home Office aus bedient der „Steuermann“das Geschehen. Auf zwei Bildschirmen sieht er auf die Gleise. Die Blickqualität ist so, als würde er im Fahrerhäuschen sitzen. Auch die Außenansicht des Zuges ist gewährleistet. Er gewinnt das Gefühl, tatsächlich in der Lok zu sitzen. Beschleunigt er, reagiert die Maschine umgehend. Auch beim Bremsen ist die Sofort-wirkung gegeben. Die Steuerbefehle werden per 5G direkt an den Zug übermittelt.
Dies ist entscheidend: Denn falls etwa plötzlich ein Gegenstand auf den Gleisen liegen würde, muss unverzüglich angehalten werden, um einen Unfall zu vermeiden. Damit dies alles problemlos funktioniert, verarbeitet unmittelbar vor Ort eine „Mobile Edge Cloud“die Daten – also in einem kleinen Rechenzentrum in direkter Nähe zur Mobilfunkstation.