Gibt es im Stadtrat eine Kapitalisten-koalition?
Nach dem Beschluss zum sozialen Wohnungsbau ist der Ärger groß. Und einige Stadträte weisen große Gedächtnislücken auf.
Wütende Reaktionen einen Tag nach einem Husarenritt im Stadtrat: Ohne größere Debatte kegelten CDU, AFD, FDP und Freie Wähler das kooperative Baulandmodell. Investoren müssen in Plangebieten nur noch 15 Prozent Sozialwohnungen errichten und nicht mehr 30 Prozent, wie es Rot-grün-rot 2018 beschlossen hatte. Gegen den erbitterten Widerstand der Bauwirtschaft – und, daran erinnert sich niemand gerne – mit den Stimmen der beiden Npd-stadträte.
Jetzt spricht Grünen-politiker Johannes Lichdi mal wieder von einem „reaktionär-konservativen“Block, von einem „Putsch“ist die Rede. Spd-sozialpolitiker Vincent Drews warf der CDU vor, vor einem gemeinsamen Agieren mit der AFD zur Durchsetzung der eigenen politischen Ziele nicht zurückzuschrecken.
Eine einzige Stimme gab den Ausschlag, und die fehlte dem linken Lager, weil Grünen-stadtrat Thomas Löser zu einer Beerdigung nach München reisen musste und nicht rechtzeitig zurück in Dresden war. „Sein Fehlen wurde schamlos ausgenutzt“, meinte Drews. CDU und auch FDP hätten bewiesen, dass sie sich nicht für die Belange von Familien interessieren würden, sondern lediglich für die Gunst der Investoren.
Der Dresdner Spd-vorsitzende Albrecht Pallas sprach von einer „Kapitalisten-koalition“gegen bezahlbaren Wohnraum und bezeichnete es als Skandal, dass Oberbürgermeister Dirk Hilbert (FDP) diese „unsoziale Politik zulasten von Geringverdienern“unterstütze. „Damit steht für mich eines fest: Hilbert ist der Oberbürgermeister der Wohlhabenden und des Egoismus.“
Hilbert hatte sich bei der Abstimmung der Stimme enthalten und für alle Anwesenden hörbar angekündigt, er werde den Beschluss auf seine rechtliche Relevanz prüfen lassen. Ist es zulässig, eine derart gravierende Änderung einer Vorlage – es ging um wenige Ausnahmen beim Baulandmodell – mündlich einzubringen, wie es Torsten Nitzsche,
baupolitischer Sprecher der Freien Wähler, getan hat? Ohne Befassung der Ausschüsse?
„Wir wollen mehr Flexibilität in den Markt geben“, hatte Nitzsche seinen Antrag begründet. Investoren sollten einen größeren Anteil an Wohnungen für den Mittelstand bauen und nicht 30 Prozent geförderte Wohnfläche schaffen müssen.
„Wir stehen zum sozialen Wohnungsbau“, erklärte Cdu-wohnungspolitiker Ingo Flemming, „aber die Quote von 30 Prozent würgt den Neubau von Wohnungen ab. Ich jedenfalls keine kein Bauvorhaben, bei dem sich der Investor auf die 30 Prozent eingelassen hat.“15 Prozent seien eine Quote, die Wohnungsbauprojekte nicht in ihrer Wirtschaftlichkeit gefährden würden.
Ein Bauträger lobte den Beschluss als „Sieg der Vernunft“. 30 Prozent würden jedes Neubauvorhaben ins Minus drücken.