Lange Wege für kurze Beine
Viele Dresdner Eltern sind mit den Schulen zufrieden. Aber es gibt auch Baustellen wie die kleinste Grundschule der Stadt.
Für das Schuljahr 2020/2021 hat das Landesamt für Schule und Bildung 18 Schüler auf andere Schulen umgelenkt. Im vergangenen Schuljahr waren es 20, davor 24, 14, 15, 22 und 19. „Das sind alles unzufriedene Eltern und Familien“, sagt Mirko Göhler. Der Cdu-stadtrat ist Mitglied im Ortschaftsrat Gompitz und kennt die Probleme seit Jahren: Die 74. Grundschule in Gompitz ist zu klein.
Zu klein ist vielleicht sogar das falsche Wort. Die 74. Grundschule ist ein Anachronismus. Eine einzügige Grundschule gibt es exakt ein Mal in Dresden – in Gompitz. Seit vielen Jahren sind die Eltern in der Ortschaft unzufrieden mit diesem Zustand. Aber nicht nur dort. Kinder aus der Nachbarortschaft Altfranken bleiben außen vor. Eltern, die quasi das Dach der 74. Grundschule von ihrem Wohnhaus aus sehen, müssen ihre Kinder in die Grundschule Naußlitz auf der Saalhausener Straße schicken.
Öffentlicher Nahverkehr heißt: Die Grundschüler fahren mit der Straßenbahn und müssen auch noch in den Bus umsteigen. Fahrtzeit: eine halbe Stunde. Mit dem Auto sind es fünf Kilometer. Dass ausgerechnet vor der Grundschule Naußlitz eine Aktion gegen Elterntaxis gestartet wurde, kam bei den Eltern in Altfranken richtig gut an. „Aber auch Kinder aus Ockerwitz würden in die Grundschule Gompitz gehen“, weiß Göhler.
Seit vielen Jahren beschäftigt sich der Ortschaftsrat mit einer Erweiterung der Schule. „Es hängt etwas vom Elan der Eltern ab. Mal fordern sie aktiver die Erweiterung der 74. Grundschule, mal sind sie weniger aktiv“, weiß Göhler. Die CDU halte an der Forderung einer zweizügigen Grundschule Gompitz fest. „Die Schülerzahlen sprechen dafür, die Entwicklung auch.“In den vergangenen Jahren seien viele Familien nach Gompitz gezogen. „Die
Stadt Dresden sollte auf die Entwicklung in den Ortschaften achten“, empfiehlt Göhler.
Einer, der im Kommunalwahlkampf 2019 mit der Erweiterung der 74. Grundschule geworben hat, ist jetzt Bildungsbürgermeister. Cdupolitiker Jan Donhauser bekräftigt: „Ich stehe zu meinen Aussagen. Ich habe mich jahrelang als Stadtrat für einen zweizügigen Schulstandort eingesetzt und werde es als Bürgermeister weiter tun.“Auf dem
Grundstück der Schule sei eine Erweiterung nicht möglich. „Wir haben ein Baufeld für den Neubau der 74. Grundschule identifiziert und verhandeln mit dem Eigentümer“, so Donhauser.
Ein Baubeginn ist noch offen. Dieser hänge am Baugrundstück, aber auch an der Frage, ob Baurecht vorliegt oder erst ein Bebauungsplan erarbeitet werden muss. Es geht aber wie immer auch um Geld. Cdu-bildungsexperte Matthias Dietze sagt, er hoffe, der Bildungsbürgermeister finde in seinem Etat die Handlungsspielräume für Planung und Neubau in Gompitz. „Es ist ein politisches Ziel der CDU, dass in absehbarer Zeit in Gompitz eine zweizügige Grundschule entsteht“, so Dietze.
Nicht nur der CDU: „Es ist unfassbar, wie viel Zeit sich die Verwaltung lässt, um endlich für angemessen kurze Schulwege für kurze Beine im Dresdner Westen zu sorgen“, erklärte Spd-bildungsexpertin Dana Frohwieser. Schon im Januar 2018 habe der Stadtrat die Verwaltung aufgefordert, bis zum Sommer 2018 eine Lösung für die Erweiterung der 74. Grundschule vorzulegen. „Kinder, die damals geboten wurden, verlassen 2029 die Grundschule“, so Frohwieser. Zwei Jahre später teile die Verwaltung mit, man arbeite an einer Vorlage zu Kauf eines geeigneten Schulwegs. „Keine Rede von konkreten Bau-, Zeitoder Umsetzungsplänen“, schüttelt Frohwieser den Kopf.
Eltern, die ihre Kinder nach Naußlitz, Gorbitz oder Briesnitz schicken müssen, weil die Plätze an der Grundschule in Wohnortnähe nicht reichen, werden sich gedulden müssen. „Es muss sich etwas tun“, sagt Göhler.