Das Ende der Betrugsmasche
Ich erinnere mich noch genau an diesen Morgen. Ich saß mit den Kindern beim Frühstück, während mein Mann Ingo noch im Bad war. Plötzlich hämmerte es gegen unsere Wohnungstür: ,Aufmachen – hier ist die Polizei’“, erzählt Regine Wernstedt. Als die heute 42-Jährige die Tür öffnete, drängten drei bewaffnete Uniformierte an ihr vorbei. Wernstedt und ihre beiden Kinder mussten mit ansehen, wie ihr Mann und ihr Vater in Handschellen abgeführt wurde und mit Blaulicht davonfuhr – unter den Augen der Nachbarn, die die krimireife Szene neugierig verfolgten. „Was für ein Albtraum, auch für die Kinder!“, sagt die Frau.
Richtig begreifen konnte sie das, was da gerade geschehen war, nicht. Erst als eine Polizistin in Ruhe erzählte, erfuhr Regina von den betrügerischen Machenschaften ihres Mannes. Die Beamten waren ihm wohl schon längere Zeit auf den Fersen gewesen. Doch er hatte immer wieder seine Identitäten geändert, wenn er leichtgläubigen Internetkunden per Vorkasse Geld für teure Computer abgeluchst hatte, die diese nie bekamen.
Letztlich war die Polizei ihm durch einen Zufall auf die Schliche gekommen, als er angetrunken in einer Pokerrunde prahlte, wie leicht man Menschen mit der Internetmethode ausnehmen könne. Dumm für ihn, dass einer der Spieler ein verdeckt ermittelnder Zivilpolizist war.
Anfangs stand auch Regina Wernstedt unter Verdacht, mit von der verbrecherischen Partie zu sein. „Doch zum Glück – und nur das rechne ich meinem Exmann hoch an – hatte Ingo mehrmals versichert, dass seine Betrugsgeschäfte allein von ihm ausgetüftelt worden waren“, schildert sie. Von dem ergaunerten Geld hatte sie nie etwas gesehen, denn ihr Mann war – wie sie erst da erfuhr – spielsüchtig. Das gemeinsame Konto hatte er hemmungslos überzogen. „All meine mühsam erarbeiteten Ersparnisse, die ich für die Ausbildung der Kinder zurückgelegt hatte – fort! Warum nur hatte ich Ingo treuherzig die Verwaltung unserer Finanzen überlassen?“Heute kann die Altenpflegerin das nicht mehr begreifen.
Leidtragende der ganzen Situation waren auch die Kinder. Justus war damals zwölf und Smilla acht Jahre alt. Beide kamen in den Wochen nach der Verhaftung häufig weinend von der Schule, weil die anderen Kinder sie wegen ihres „Knastvaters“gehänselt hatten. Irgendwann wusste jeder in der Kleinstadt, dass der Vater zu drei Jahren Haft verurteilt wurde.
Regina Wernstedt versuchte, ihren Hass auf den Exmann nicht den Kindern zu zeigen und ihnen zu ermöglichen, ihren Vater im Gefängnis zu besuchen. Justus lehnte jeden Kontakt ab. Smilla besuchte ihn noch eine Weile, brach dann den Kontakt ab. Auch sie nahm ihm übel, was er der Familie angetan hatte. Die Mutter und die Kinder mussten in eine winzige Zweizimmerwohnung umziehen, weil Regina Schulden in Höhe von 15000 Euro abbezahlen musste. Neben ihrem Job als Altenpflegerin arbeitet sie noch als Kassiererin. Mehr als die viele Arbeit machte ihr jedoch zu schaffen, dass die Leute über sie als „Frau des Betrügers“tratschten – obwohl sie nie etwas damit zu tun hatte und von Ingo geschieden war.
Zwei Jahre ist der Albtraummorgen jetzt her. Eine Beziehung konnte Regina Wernstedt seitdem nicht eingehen: „Ich bin extrem misstrauisch. Mein Vertrauen ist an jenem Morgen für immer zerbrochen.“
An dieser Stelle erzählen wir regelmäßig wahre Geschichten von Liebe und Beziehungen.