Was Sie bei Negativbewertungen tun dürfen
Negativbewertungen sind für Händler immer misslich. Äußerst unangenehm kann es dann werden, wenn Kunden bewusst falsche Bewertungen abgeben, die bis hin zu Hasskommentaren reichen können. Wie sich Händler wehren können, erläutert unser Rechtsexperte.
► Laut einer Statistik der Statista/Bitcom ID sind 30 Prozent der Verbraucher in Deutschland bereit, in sozialen Medien über gute und schlechte Service-Erfahrungen zu schreiben. 72 Prozent der Online-Shopper lesen gemäß dieser Erhebung dann auch tatsächlich vor dem Kauf die Produktbewertungen auf entsprechenden Portalen. Das Geschäftsmodell dieser Bewertungsportale dient neben dem Verbraucherschutz im Wesentlichen dazu, einen (anonymen) Meinungsaustausch unter Verbrauchern zu ermöglichen, manchmal auch eine Diskussion dazu. Nun sind Verbraucher aber in erster Linie Menschen mit Emotionen und keine wertneutralen Maschinen. Es verwundert daher nicht, wenn ein und dasselbe Produkt einmal fünf Sterne und eine Top-Bewertung erhält, dann aber auch nur einen Stern, verbunden mit vernichtender Kritik.
Anonymität birgt Missbrauchsgefahr
Wo sich Kritik anonym anbringen lässt, besteht allerdings auch die Gefahr des Missbrauchs. Die gängigsten missbräuchlichen Bewertungen sind beispielsweise Mehrfachbewertungen ein und desselben Verbrauchers unter verschiedenen Pseudonymen, „geschönte“Positivbewertungen, womöglich sogar im Auftrag eines Anbieters, und natürlich falsche Negativbewertungen. Immer wieder finden sich zu den Begründungen von Bewertungen auch regelrechte Hasskommentare oder sogar „Fake news“, also schlicht unwahre Tatsachenbehauptungen. Nicht jede Bewertung muss von dem negativ bewerteten Anbieter einer Ware oder Dienstleistung akzeptiert werden. Zwar unterliegt das Recht der Bewertungen zunächst grundsätzlich der grundgesetzlich garantierten Meinungsfreiheit des Artikels 5 GG. Wo jedoch bewusst falsche und überzogene Darstellungen über eine sachliche Auseinandersetzung hinausgehen (Stichwort „Schmähkritik“), dort kann es sich um einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Bewerteten handeln.
Was ein Händler tun kann
Art. 2 Abs. 1 Satz 3 und Art. 1 GG schützen die persönliche (Berufs-)Ehre und das Recht des Bewerteten auf seine informationelle Selbstbestimmung.
Was also kann ein Händler tun, der sich einer negativen Bewertung ausgesetzt fühlt? Zunächst muss er prüfen, ob es sich um eine Kommunikation von Meinungen handelt oder um die (falsche) Behauptung von Tatsachen. Reine Werturteile, die eine Ware als „völlig ungeeignet“oder eine Dienstleistung als „miserabel“bezeichnen, müssen in dieser Form der Kritik noch genauso hingenommen werden, wie die Vergabe von Sternen oder Noten, weil sie der MeinungsDer freiheit unterliegen, solange es sich nicht um eine sachfremde und ohne aktuellen Bezug geäußerte Schmähkritik handelt.
Liegt hingegen eine Behauptung von Tatsachen vor, so können diese Bewertungen angegriffen werden, weil die Tatsachenbehauptungen dem Beweis zugänglich sind. Schreibt ein Verbraucher also beispielsweise, er habe auf die Lieferung seiner Pizza eineinhalb Stunden warten müssen, so lässt sich diese Behauptung überprüfen und wenn sie nicht stimmt, kann sich der Bewertete dagegen wehren.
Nach der Rechtsprechung des BGH besteht jedoch kein unmittelbarer Anspruch gegen den Verfasser der Bewertung. Dieser darf sogar anonym bleiben, denn die Anonymität ist laut BGH Teil des Grundrechts auf Meinungsfreiheit. Händler kann also nicht verlangen, dass das Bewertungsportal den Namen und die Kontaktdaten des Nutzers herausgibt. Der Händler unterliegt aber einer Nachforschungs- und Informationspflicht. Das heißt, der Portalbetreiber ist nun – sozusagen als Mittler zwischen den Parteien – verpflichtet, von dem Nutzer Belege für seine aufgestellten Behauptungen anzufordern und muss diese (in anonymisierter Form) an den bewerteten Händler weiterleiten. Kann der Nutzer, der die angegriffene Bewertung verfasst hat, seine Kritik nicht hinreichend konkretisieren, so ist das Portal nach Rechtsprechung des BGH verpflichtet, die Bewertung zu löschen.
Hasskommentare hat der Betreiber hingegen sofort zu löschen, nachdem ihm die Rechtswidrigkeit des Beitrags bekannt geworden ist.
Kein Anspruch auf Schadensersatz
Nach gegenwärtigem deutschen Recht besteht also schon deshalb kein Anspruch auf Schadensersatz für eine falsche Tatsachenbehauptung in Bewertungsportalen, weil der jeweilige Nutzer ein Recht auf Anonymität besitzt. Der falsch bewertete Händler hat aber einen Anspruch auf die Korrektur beziehungsweise das Löschen falscher Tatsachenbehauptungen. Der Portalbetreiber selbst haftet grundsätzlich nicht, es sei denn, er nimmt eigenständig Änderungen in der Bewertung vor, weil er sich mit ihr persönlich auseinandergesetzt hat. Ähnlich verhält es sich im Übrigen beim „Teilen“und „Liken“fremder Bewertungen, etwa auf Facebook. Das „Teilen“von Bewertungen stellt grundsätzlich noch kein „Zu-eigen-Machen“der Kritik dar, allerdings nur, solange dies nicht mit einer eigenen Bewertung des geteilten Inhalts verbunden wird. Das „Liken“einer Kritik kann hingegen unter Umständen schon Ausdruck einer inhaltlichen Identifikation mit dem Beitrag darstellen. So jedenfalls die Rechtsauffassung des Oberlandesgerichts Dresden in einer Entscheidung aus dem Jahr 2017. ║