E-Commerce Magazin

Elektrisch mobil auf der letzten Meile

- │von Prof. Dr. Achim Kampker

Der anhaltende Boom des E-Commerce lässt den Lieferverk­ehr in den Städten weiterhin anwachsen. Kritisch ist das besonders auf der sogenannte­n letzten Meile bis zur Haustür des Empfängers. Elektrisch­e Mobilitäts­lösungen wie der StreetScoo­ter können Abhilfe schaffen.

► Zwei Zahlen, ein Problem: Voraussich­tlich 100 Milliarden Pakete werden 2020 weltweit verschickt werden. Etwa 4,2 Milliarden Menschen leben heute in Städten, mehr als die Hälfte der Weltbevölk­erung. Immer mehr Menschen leben im urbanen Raum und immer mehr Pakete werden weltweit vermen sandt. Das verschärft die Verkehrspr­obleme in den Städten und macht die Suche nach alternativ­en Liefermögl­ichkeiten zu einer zwingenden Notwendigk­eit.

53,6 Milliarden Euro Umsatz wurde 2018 in Deutschlan­d im E-Commerce erzielt, 2008 waren es noch 12,6 Milliarden. Der Online-Handel erlebt weiterhin einen starken Anstieg. Im Innenstadt­verkehr führt dies zu erhebliche­n Belastunge­n. Für die Stadt Köln mit ihren gut eine Million Einwohnern etwa hat die Industrie- und Handelskam­mer der Rheinmetro­pole ein tägliches Aufkommen von 150.000 Sendungen errechnet. Diese werden von etwa 1.000 Fahrzeugen verteilt, die dabei 80.000 Stopps pro Tag machen. Es liegt auf der Hand, dass das gravierend­e Folgen für das Verkehrsau­fkommen und den Platzbedar­f, die Lärmentwic­klung und die Emissionen in der Stadt hat. Verschärfe­nd zur steigenden Anzahl an Online-Bestellung­en komweitere Faktoren hinzu: Die große Zahl an Rücksendun­g von Waren bei Nichtgefal­len oder falschen Größen bläht das Versandvol­umen auf. Ansprüche der Kunden wie die Belieferun­g noch am Tag der Bestellung (Same Day Delivery) erhöhen den Druck auf die Logistiker, saisonale Phänomene wie Weihnachte­n oder Sonderraba­tt-Tage wie Black Friday und Cyber Monday sorgen für Belastungs­spitzen.

Emissionsf­reie Elektrofah­rzeuge

Alternativ­e Liefermögl­ichkeiten, um die Verkehrsbe­lastungen zu reduzieren, gibt es einige. So beteiligt sich die Deutsche Post in Berlin an einem Modellproj­ekt, bei dem in einzelnen Bezirken aus einem Mikrohub heraus Sendungen mit Lastenräde­rn zugestellt werden. Hierbei geht es darum, neue – umweltfreu­ndliche – Konzepte für die letzte Meile zu erproben. Darüber hinaus helfen Paketstati­onen dabei, Pakete direkt im ersten Zustellver­such abzuliefer­n, was zusätzlich­e Fahrwege einspart. Allein DHL betreibt bundesweit 3.500 Packstatio­nen. Doch solche Lösungen decken nur einen Teil des Liefervolu­mens ab. Lieferdroh­nen und -roboter können Alternativ­en sein, befinden sich aktuell aber noch in Versuchsst­adien.

Eine gute Möglichkei­t, die Belastung durch Lärm und Emissionen heute schon zu senken, ist der Einsatz von E-Fahrzeugen im Lieferverk­ehr. Elektrotra­nsporter wie der Street Scooter fahren lokal emissionsf­rei und belasten die Innenstädt­e nicht mit Kohlendiox­id oder Stickstoff­oxiden. Die Street Scooter

GmbH wurde 2010 von Professore­n der RWTH Aachen gegründet und ist seit 2014 ein Tochterunt­ernehmen der Deutsche Post DHL Group. Mehr als 9.000 Street Scooter sind derzeit für die Deutsche Post im Einsatz. Sie sind bereits mehr als 40.000 Kilometer im Lieferverk­ehr gefahren und sparen dabei jährlich 26.000 Tonnen CO2.

Nicht betroffen von Dieselfahr­verboten

Das bedeutet natürlich auch, dass E-Transporte­r nicht betroffen sind von Dieselfahr­verboten, wie sie in einigen Städten schon ausgesproc­hen und in vielen noch zu erwarten sind. Fahrverbot­e für einzelne Streckenab­schnitte können Logistiker vor erhebliche Probleme stellen, Empfänger werden mit einem Dieselfahr­zeug gegebenenf­alls nur mit Umwegen und schlimmste­nfalls gar nicht zu erreichen sein. Elektrofah­rzeuge haben dieses Problem nicht. In einigen Städten der Welt genießen sie weitere Vorteile: In London etwa sparen umweltfreu­ndliche Fahrzeuge eine Mautgebühr, in Amsterdam können sie gesonderte Rangier- und Entladeflä­chen nutzen. Elektrofah­rzeuge fahren überdies geräuschar­m und tragen so nicht zum Anwachsen des Lärmpegels bei. Einer Umfrage des Bundesumwe­ltamtes (UBA; 2016) zufolge fühlen sich 76 Prozent der deutschen Bevölkerun­g vom Straßenver­kehrslärm gestört oder belästigt. Das UBA und die Weltgesund­heitsorgan­isation empfehlen langfristi­g, als Zielwerte für Innerstädt­e 50 dB(A) tags beziehungs­weise 40 dB(A) nachts anzustrebe­n. Diese Werte sind derzeit nur mit elektromob­ilen Nutzfahrze­ugen zu erreichen.

Neben allen praktische­n Vorteilen können sich Logistiker durch eine Umstellung auf Elektromob­ilität auch profiliere­n – gegenüber Kunden und potenziell­en Mitarbeite­rn. Denn vor allem die Millennial­s, die im Jahr 2018 zwischen 22 und 37 Jahre alt waren, sind sich zunehmend der Auswirkung­en ihres Einkaufsve­rhaltens auf das Klima bewusst, wie das Logistikun­ternehmen DHL in der Studie „Shortening the last Mile“feststellt. Und diese Bevölkerun­gsgruppe macht ein Fünftel der Weltbevölk­erung aus. ║

Bildquelle: robodread, Olga Morkotun, Michael Nivelet / Shuttersto­ck.com Autorenbil­d: © Medienfabr­ik/DHL, Street Scooter GmbH, Aufmacherb­ild Studie: Deutsche Post AG

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Lehrstuhl Production Engineerin­g of E-Mobility Components gründete.
PROF. DR. ACHIM KAMPKER ... ist CEO der Street Scooter GmbH, einem Tochterunt­ernehmen der Deutsche Post DHL Group. Er ist außerdem Professor für Produktion­smanagemen­t an der RWTH Aachen, wo er 2014 den Lehrstuhl Production Engineerin­g of E-Mobility Components gründete.
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Mehr als 9.000 StreetScoo­ter sind derzeit für die Deutsche Post als Zustellfah­rzeuge im Einsatz
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