Kontrollzwang im E-Commerce
Kontrollzwang im E-Commerce
► „Kontrollverhalten, das sich auf alle Handlungen beziehen kann und zur Abwehr negativer Ereignisse durchgeführt wird, wobei dem Betroffenen die Widersinnigkeit der Handlungen in der Regel bewusst ist“, so definiert der Pschyrembel, eine medizinische Datenbank, den Begriff Kontrollzwang. Und den gibt es in fast allen Unternehmen. Allerdings ist den Menschen in Firmen das zwanghafte Verhalten oft nicht bewusst. Vielleicht denken Sie gerade empört: „Das geht zu weit, wir lassen den Mitarbeitenden doch viel Freiraum.“Schauen Sie doch bitte genauer hin. Wie ist es denn bestellt um ihre Reisekostenrichtlinie? Darf jeder selbst entscheiden oder ist genau aufgeschlüsselt wann, wer, wie reisen darf? Taxifahren ist nur genehm, wenn öffentliche Verkehrsmittel nicht zumutbar wären. Und wie kann man bei Ihnen Büromaterial bestellen? Kann jeder frei bestellen, oder ist das abhängig vom Betrag oder Budget oder der Position? Und wie halten Sie es mit Arbeitsund Projektzeiten? Wie granular wird denn nachgehalten, wer, wann, was gearbeitet hat? Schaut man genau hin, womit die Menschen einen wesentlichen Teil ihrer Arbeitszeit verbringen, lässt sich das auf einen Begriff bringen: Kontrollieren. Zahlen zu kontrollieren ist eines der beliebtesten Spiele in Unternehmen.
„Key Performance Indicator“und der fatale Wunsch nach Steuerung
KPIs sind angeblich erfolgskritisch und notwendig, um ein Unternehmen zu steuern und so werden sie allerorten erhoben, gemessen, dargestellt, erfüllt, nicht erfüllt und zum Maß aller Dinge erhoben. Ob Anzahl Kundenbesuche, durchschnittliche Gesprächsdauer im Call-Center, Anzahl Check-out Abbrüche, Warenkorbhöhe oder Time-On-Site, es wird viel Zeit darauf verwendet die passende Zielgröße festzulegen und dann die tatsächlichen Werte zu verfolgen. Oberstes Ziel: KPIs erfüllen. Dann, so der feste Glaube, lässt sich wirtschaftlicher Erfolg, Positionierung oder Kundenorientierung steuern. Leider nein. Das Einzige, was zuverlässig entsteht, ist Fokussierung auf die Zahlen und deren Überwachung. Kontrollzwang entsteht leicht dort, wo noch das Bild des Unternehmens als eine Maschine existiert. Die Mitarbeitenden sind die Rädchen und wenn alles gut geölt ist, dann lässt sich über Steuerung auch sicher ein bestimmtes Ziel erreichen. Da liegt die Krux, denn Organisationen sind soziale komplexe Systeme und entziehen sich der Idee von zentraler Steuerung. Das, was es braucht, um darin erfolgreich zu agieren, ist ein Weniger an Kontrolle und ein Mehr an Ideen, Ausprobieren und Kollaboration. ║