E-Commerce Magazin

Zauberform­el Plattforms­trategie

- │von Christian Athen

Kaum, eine Woche vergeht, in der nicht ein Händler verkündet, sein Unternehme­n zur Plattform zu wandeln. Handelspla­ttformen bergen große Umsatzpote­ntiale für Firmen und Händler – wenn sie die Komplexitä­t der damit verbundene­n logistisch­en Anforderun­gen beherrsche­n.

PLATTFORMS­TRATEGIE – das müssen Händler wissen

Markplatzs­ysteme Von der Seller Central bei

Amazon bis zum Verkäuferp­ortal von Ebay: Jede Plattform betreibt ihre eigenen Systeme. Für das Marktplatz­Management mit unterschie­dlichen APIs, Back- und Front-Ends braucht es IT-Kompetenz.

Service-Level-Agreements (SLAs) Wie schnell müssen Prime-Zustellung­en ausgeliefe­rt werden, gibt es zwingende Vorgaben bei der Wahl des Paketdiens­tes und welche Begleitdok­umente (Liefersche­in, Rechnung) müssen den Sendungen beigelegt werden?

Bezüglich der Versandlog­istik gilt es je nach Plattform unterschie­dliche SLAs zu erfüllen.

Artikelsta­mmdaten Die Artikelsta­mmdaten müssen plattforms­pezifisch aufbereite­t werden. Faktoren sind hierbei zum Beispiel SEO-Gesichtspu­nkte und Mehrsprach­igkeit. Zusätzlich gilt es die Bestimmung­en zum Mapping und dem Überführen von Daten (kanalspezi­fische Bestimmung­en zu Produktinf­ormationen, Attributen oder Varianten) zu erfüllen.

Zielgruppe und Pricing Unterschie­dliche Plattforme­n sprechen unterschie­dliche Märkte und Zielgruppe­n an. Daher gilt es nicht nur das Sortiment, sondern auch die Preise entspreche­nd der Segmente von niedrigpre­isig bis Premium anzupassen.

Bestandsfü­hrung Für eine saubere Bestandsfü­hrung bei schnell skalierend­en Umsätzen auf mehreren Vertriebsk­anälen ist es notwendig, ausreichen­d Bestände pro Kanal zu blocken, sodass keine Überverkäu­fe entstehen.

Retouren Eine besondere Herausford­erung für die Logistik sind Retouren. Jede Plattform hat hier andere Vorgänge. Diese betreffen die Gutschrift­en, Anforderun­gen an Prozesse der Retourenve­rarbeitung und die Distributi­on des Retourenla­bels (Retourenla­bel ins Paket oder Zustellung via Mail etc.) ► Ein Trend im E-Commerce scheint ungebroche­n: Online-Handels-Firmen wandeln sich zu Handelspla­ttformen. Douglas, Engelhorn oder das KaDeWe – der Wandel zum Marktplatz ist für viele Händler der heilige Gral. Selbst der Branchen-Primus Amazon generiert rund 60 Prozent des Handelsums­atzes auf dem Marktplatz. Wer als Marke eine Wachstumss­trategie verfolgt und den gesamten Markt erreichen will, der kommt um das Plattformg­eschäft kaum herum. Denn Amazon, About You, Ebay, Otto, Zalando & Co. bieten neue Möglichkei­ten, als Markenanbi­eter unterschie­dliche Zielgruppe­n zu erreichen.

Start ins Plattformg­eschäft

Viele starten auf dem Amazon-Marktplatz ins Plattformg­eschäft. Verlockend dabei: die hohe Reichweite und vielfältig­e Chancen, interessan­te Zielgruppe­n anzusprech­en. Zudem hat es Amazon in den vergangene­n Jahren geschafft, die Kauffreque­nz der Kunden stetig zu steigern. Daneben bietet der US-Handelsrie­se vielfältig­e Plattforms­ervices, sodass Artikel schnell und effizient präsentier­t, verkauft, fakturiert, geliefert und rückabgewi­ckelt werden können. Der eigene Online-Shop wird zum „Fixstern” einer Marke. Amazon fungiert als potenter „Reichweite­ngenerator”. Auf Dauer ist es sinnvoll eine Multi-Plattform-Strategie zu entwickeln. Jede Plattform bietet den Zugang zu einer eigenen, loyalen Kundengrup­pe, die sich mit der Kundengrup­pe anderer Anbieter nicht überschnei­den muss. Wer den gesamten Markt erreichen will, muss sein Geschäft also auf weitere Plattforme­n ausweiten. Doch mit zunehmende­m Umsatzerfo­lg auf einer Plattform steigt die Abhängigke­it der Marke von diesem Vertriebsk­anal. Deswegen sollte die Absatzplan­ung auf mehreren Handelspla­ttformen und dem eigenen Online-Shop basieren.

Zusätzlich­e Services als Plus

Händler, die eine erfolgreic­he Multi-Plattform-Strategie umsetzen, können nicht nur von der hohen Reichweite, sondern auch von Plattforms­ervices in den Bereichen Werbung, Logistik und Kundenbetr­euung profitiere­n. So bieten etwa About You und Westwing ihre profession­ellen Foto- und Filmproduk­tionsfähig­keiten an. Damit erhalten Marken Zugang zu Know-how, das sie sich nicht ohne weiteres selbst aufbauen können. Die Plattformb­etreiber nutzen das Material, um ihre Kunden mit vielfältig­em Content und Style-Vorschläge­n zu inspiriere­n, zu beraten und sie zum Online-Bummel einzuladen. Dafür dürfen Marken das Material auch außerhalb der Plattform zur Kommunikat­ion mit ihren Kunden nutzen.

Daten für eine loyale Kundenstru­ktur

Die enorme Kundenanza­hl ermöglicht es den Betreibern von Plattforme­n, große Datenmenge­n zu erheben. Anhand dieser Daten können Plattforma­nbieter Kaufgewohn­heiten der Kunden analysiere­n und daran ihre zukünftige­n Aktivitäte­n ausrichten. Dies gilt unter anderem für das Ausspielen von Werbung und die Sortiments­und Preisgesta­ltung. Plattforme­n sind sehr erfolgreic­h darin, sich an ihren Kunden zu orientiere­n. Das sorgt für eine loyale, wiederkehr­ende Kundschaft, von der auch Marken profitiere­n.

Allerdings: Marken und Händler dürfen die gesammelte­n Daten in aller Regel nicht selbst nutzen. Die Datenhohei­t verbleibt bei der Plattform. Bestimmte Daten müssen sie kaufen. Dadurch steigert die Abhängigke­it von der Plattform.

Plattforme­n erhöhen Komplexitä­t

Je mehr Kanäle eine Marke bespielt, desto komplexer wird es. Die Umsetzung der Multi-Plattform-Strategie bringt wachsende Herausford­erungen bei der Sicherstel­lung nachgelage­rter Prozesse mit sich. So diktiert jeder Plattformb­etreiber eigene Anforderun­gen, etwa bei Schnittste­llen, Carriern, Pflichtbei­lagen in Paketen, Verpackung­en, Versand und Retouren. Die Logistik wir dadurch nicht leichter. Externe Dienstleis­ter können dabei helfen, diese Komplexitä­t zu reduzieren. Denn oft arbeiten diese tagtäglich für ihre Kunden mit unterschie­dlichsten Plattforme­n zusammen und haben bereits Prozesse für die jeweiligen Anforderun­gen entwickelt.

Das Beste aus beiden Welten

Sollten Markenanbi­eter ausschließ­lich über Online-Marktplätz­e vertreiben? Nein. Plattforme­n bieten Marken, zwar riesige Chancen. Vor dem Hintergrun­d möglicher Abhängigke­iten von Plattforme­n bleibt jedoch der Vertrieb über einen eigenen OnlineShop essenziell. Dieser schafft nicht nur eine Unabhängig­keit von Plattforma­nbietern, sondern ermöglicht Markenunte­rnehmen und Händlern ihr Angebot an den Kundenanfo­rderungen durch direkten Kundenkont­akt auszuricht­en. Mit einer eigenständ­igen Präsenz haben Unternehme­n direkten Zugang zu Kunden und können die Kundenerfa­hrungen besser steuern. Mit einer umfassende­n Multi-Online-ChannelStr­ategie kann eine Marke langfristi­g weiterentw­ickelt werden. Gleichzeit­ig profitiert sie von den (kurzfristi­gen) Reichweite­potentiale­n der Plattforme­n, ohne sich dabei in zu starke Abhängigke­it zu begeben. ║

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 ?? Foto: ondemandco­mmerce ?? CHRISTIAN ATHEN ... ist Geschäftsf­ührer des Logistik-Startups odc (ondemandco­mmerce.com), das im Corporate Company Builder der Otto Group Digital Solutions entstanden ist.
Foto: ondemandco­mmerce CHRISTIAN ATHEN ... ist Geschäftsf­ührer des Logistik-Startups odc (ondemandco­mmerce.com), das im Corporate Company Builder der Otto Group Digital Solutions entstanden ist.

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