Jetzt handeln und Zahlungsausfälle vermeiden
► Eine schwache Konjunkturentwicklung oder gar Rezession könnte sich schnell auf die Zahlungsmoral auswirken – vor allem im Handel.
In Deutschland erwarten 24 Prozent der Unternehmen in den nächsten zwei Jahren eine Verschlechterung der Zahlungsmoral und damit eine negative Trendwende. Das geht aus der aktuellen EOS Studie „Europäische Zahlungsgewohnheiten“2019 hervor. Stimmen die Prognosen, sind die Konsequenzen im Forderungsmanagement unmittelbar und teilweise erheblich: eine höhere Anzahl säumiger Zahler und ein größeres Insolvenzrisiko für Unternehmen aufgrund der schlechteren Zahlungsmoral.
Gerade kleinere und mittelständische Firmen wären betroffen. Umso wichtiger ist ein professionelles Forderungsmanagement.
Ungenutzte Chancen und Herausforderungen
Jedoch werden die Chancen im Forderungsmanagement nicht konsequent genutzt. Erst vier von zehn deutschen Unternehmen setzen ganz oder teilweise auf die Unterstützung externer Dienstleister. Dabei könnten gerade sie eine echte Verbesserung und den Anteil verspäteter oder nicht vollständig bedienter Forderungen erheblich reduzieren. So wurden bei deutschen Unternehmen, die im vergangenen Geschäftsjahr auf externe Forderungsprofis gesetzt haben, knapp zehn Prozent des Umsatzes zurückgeführt.
Neben der professionellen Abwicklung des Zahlungsverkehrs sieht sich vor allem der Handel mit grundlegenden Veränderungen konfrontiert: die neuen Bezahlregelungen mit der PSD2 (Payment Services Directive2), die fortschreitende Digitalisierung oder das veränderte Verhältnis zum Geld. Immer weniger Leute lernen, richtig mit Geld umzugehen.
Hinzu kommt, dass die Deutschen technischen Entwicklungen eher skeptisch gegenüberstehen. Das bestätigen E-Commerce-Unternehmen immer wieder: Am liebsten zahlen die Deutschen weiterhin per klassischer Überweisung oder Rechnungskauf. Die bestellte Ware muss erst ausführlich begutachtet beziehungsweise anprobiert werden, bevor sie bezahlt wird. Das Problem für Händler bleibt das hohe Ausfallrisiko.
Daraus ergeben sich drei Bereiche, die trotz zahlreicher Vorteile klar vernachlässigt werden: Das Angebot digitaler Zahlungsmethoden, der Einsatz Künstlicher Intelligenz und die Digitalisierung des Mahnwesens.
Stark vernachlässigt
Durch die PSD2 wird die Zwei-Faktor-Authentifizierung Pflicht und Bezahlmöglichkeiten sicherer, was weniger Betrug und Zahlungsausfälle bewirkt – ein Multimillionen-Potenzial. Zudem beschleunigt sich dadurch die Entwicklung innovativer Zahlungsmethoden. Aktuell nimmt die Skepsis bereits ab und die Nachfrage nach neuen Bezahlformen zu. Während mobiles Bezahlen 2018 in Deutschland erst bei einem Prozent der Unternehmen möglich war, hat sich die Anzahl ein Jahr später bereits versechsfacht. Ein ähnliches Potenzial besteht bei Instant Payment, wie es die Otto Group anbietet: Der Händler bekommt das Geld direkt bei Vertragsabschluss auf sein Konto und kann die Ware ohne Ausfallrisiko verschicken. Auch der Einsatz von KI hat großes Potenzial: So glauben europaweit 30 Prozent
der Finanz-Entscheider, dass KI die Fehlerquote im Forderungsmanagement revolutionär minimieren wird. Ein Beispiel dafür sind selbstlernende, digitale Werkzeuge, die die Daten aus dem Inkassoprozess besser erheben, auswerten und nutzbar machen. So können etwa säumige Verbraucher dank des richtigen Algorithmus über den für sie besten Kommunikations-Kanal angesprochen werden – etwa per Anruf, Brief, E-Mail, SMS oder Chat. Das hat für alle Seiten enorme Vorteile: Der Kunde kann schnell, direkt und frühzeitig mit dem richtigen Ansprechpartner kommunizieren und somit unter anderem steigende Zinsen vermeiden. Das erlaubt dem Gläubiger den Mahnverlauf schneller abzuschließen, da für die Lösung des Falls weniger Kontaktversuche nötig sind. Finanziell kann das echt einen Unterschied machen. Wichtig ist auch, Zahlungstransaktionen und
Mahnwesen zu digitalisieren. Das senkt das Risiko von Zahlungsausfällen signifikant. Ein händisches, analoges Mahnwesen ist nicht nur fehleranfällig, sondern erreicht den Kunden in der Regel weder passend noch zeitnah.
Digitale Mahnprozesse
Hierzulande verfügt aktuell aber nur ein Prozent der Unternehmen über vollständig digitalisierte Mahnprozesse. Auch der Handel wird nicht darum herumkommen, sich diesen Entwicklungen anzupassen und das Forderungsmanagement langfristig zu professionalisieren. Die genannten Vorteile, innovative Methoden und Vorreiterunternehmen werden den Druck massiv erhöhen. Entsprechend gilt es, die Kunden lieber frühzeitig darauf vorzubereiten, bevor man am Ende hinterherläuft. ║