KI für die Bewerberauswahl? Nein, danke.
Wie beeinflusst künstliche Intelligenz den Bewerbungsprozess? Lädt die KI demnächst Kandidaten zum Gespräch ein oder führt direkt Telefoninterviews? Viele Fragen. Kathy Roewer, Bereichsvorstand Service und HR bei Otto hat darauf eine klare Antwort.
Der technologische Wandel durch KI hat längst begonnen. Laut der Boston Consulting Group hat die Hälfte der deutschen Unternehmen künstliche Intelligenz in den verschiedenen Fachbereichen schon im Einsatz. Auch wir beobachten den Markt sehr genau, schauen uns im Bereich Recruiting kritisch an, was für Möglichkeiten von Nutzen sein könnten. Ganz oben steht für Otto jedoch der Mensch und seine Persönlichkeit.
KI kann beim Recruiting unterstützen
Doch wie helfen uns Algorithmen und KI schon heute in unterschiedlichen Anwendungsfeldern? Analog zum klassischen Online-Marketing können auch im Recruiting Algorithmen und KI dabei unterstützen, dass zum Beispiel Stellenausschreibungen online einer möglichst relevanten Zielgruppe ausgespielt werden. Das Besondere: Es wird von der KI erkannt, auf welchen Websites Ausschreibungen besonders gut laufen.
Aktuell sammeln wir im Bereich Recruitment erste Erfahrungen mit einer KI-basierten Technologie im Zusammenhang mit unserem neuen Talent-Pool-System, welches dieses Jahr an den Start gehen wird. Die Idee: Talente erhalten lediglich durch den Upload ihres Lebenslaufs automatisiert passende Stellen und relevante Informationen. Das Matching geschieht über eine selbstlernende KI. Kommt es zur Bewerbung, ist die Expertise der Kollegen im Recruitment gefragt. Die Vorauswahl überlassen wir aber nicht der KI. Jetzt könnte man denken: wie oldschool. Doch die technologischen Hilfsmittel, die heute auf dem Markt sind, haben ihre Grenzen.
Datenschutz, Gleichbehandlung, Persönlichkeit
Jede Bewerbung, die bei uns eingeht, wird von einem Menschen geprüft und nicht von einer Maschine. Warum? Weil nicht nur Menschen fehlbar sind, sondern auch eine künstliche Intelligenz diskriminieren kann. Solange eine technische Lösung keine besseren Ergebnisse liefert als ein Mensch, ist ein Einsatz für uns kein Thema. Bei allen Prozessschritten, bei denen neben der Fachlichkeit, auch die Persönlichkeit im Mittelpunkt steht, können nur unsere Kollegen im Recruitment gemeinsam mit den Fachbereichen die beste Entscheidung treffen. Der Einsatz von KI hat einen klaren Nachteil: KI besitzt keine Empathie und keine menschlichen Emotionen. Recruiter gehen im Gespräch in den Austausch, erkennen Eigenschaften, sind direkt und persönlich. Auch der Auswahlprozess findet ohne jegliche künstliche Technologie statt.
Neben den rechtlichen Rahmenbedingungen, die hier maßgeblich durch das AGG (Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz) und die DSGVO (Datenschutzgrundverordnung) geprägt werden, sind wir der generellen Überzeugung, dass KI den fachlich konzipierten HR-Prozessen dienlich sein muss und diese nicht vorgeben darf. HR ist verantwortlich für einen wichtigen Teil des Unternehmens: Talente finden, die zur Marke, zur Einstellung und zu den Kollegen passen. Das überlassen wir lieber unseren hoch qualifizierten, diagnostisch geschulten Recruiten. Die Entscheidung, ob ein Kandidat zu Otto passt, wird bei uns keine Maschine treffen. ║