Haben Sie schon einen Chief Amazon Officer?
Wenn Sie jetzt den Kopf schütteln und die Frage mit „Nein“beantworten, sollten Sie schleunigst einen einstellen: Warum? Die Antwort ist ganz einfach: Online-Shopper lieben Plattformen.
► Mehr als 50 Prozent aller Produktsuchanfragen gehen heute nicht über Google, sondern über Amazon. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen. Denn es ist für Kunden einfach, dort aus einem riesigen Sortiment auszuwählen. Sie steuern immer häufiger Online-Plattformen als erste Station an. „Die Frage für Hersteller lautet nicht länger, OB sie mit Plattformen zusammenarbeiten, sondern WIE”. Dieses Zitat von McKinsey verdeutlicht, dass Plattformen kein Zwischenszenario in einer sich zunehmend wandelnden Welt sind, sondern vielmehr das „End Game” darstellen. Das bedeutet: Plattformen stehen nicht, wie früher Händler, in einer sequenziellen Kette zwischen Lieferanten und Kunden, in der Rolle des „Sortimentsfilters”. Vielmehr stellen sie auf Basis von skalierbaren, leistungsstarken IT-Landschaften und ausgeklügelten Services Kundenkontakte her und ermöglichen Händlern und Marken, Geschäft zu betreiben. Hier wird deutlich: Plattformen entwickeln sich vom integralen Teilnehmer im Handel zum Infrastrukturanbieter. Für Lieferanten und Hersteller ist es deswegen unumgänglich, sich mit den Gesetzmäßigkeiten und Erfolgsfaktoren der Plattformökonomie auseinanderzusetzen.
Wie profitieren Anbieter?
Auch wenn es banal klingt: Der Wille zum Wandel ist entscheidend. Hersteller müssen sich schnell anpassen und konsequent handeln, da sich die Erfolgsfaktoren der Plattformökonomie von denen stationär-dominierter Handelsmodelle unterscheiden. Hersteller und Händler stellt das vor neue Herausforderungen. Sie können jedoch nur gemeistert werden, wenn die Erfolgsfaktoren eines plattformdominierten Marktes klar sind und passende Strategien abgeleitet werden.
Kontakte ausbauen
Für das zweiseitige Geschäftsmodell der Commerce-Plattformen bedeutet das: Der Ausbau von Lieferantenkontakten und Kunden nützt beiden Seiten. Neben Reichweite und Relevanz profitieren Marken und Händler auf Plattformen vom Vertrauen der Kunden. Hinzu kommt, dass Anbieter unabhängiger als im Handel sind. Sie können im Plattform-Business ihr Sortiment und die dazugehörigen Preise selbst bestimmen. Zudem lässt sich das Business auf Plattformen leichter internationalisieren.
5 Faktoren für einen erfolgreichen Marktplatzauftritt
• Geeigneter Content: Produktinformationen sind die Basis, auf der alles aufbaut. Egal, ob Bilder, die den Anforderungen der Plattform genügen müssen oder die strukturiert aufbereiteten und umfassenden Produktinformationen – ohne Daten werden Produkte auf Plattformen schlecht gefunden. Da die Anforderungen der einzelnen Plattformen stark variieren, muss hier „Klasse statt Masse” im Vordergrund stehen und gezielt Content erstellt werden.
• Geeignete Systemlandschaften:
Plattformökonomie erfordert digitale Transformation in allen Bereichen. Anbindung und Schnittstellen müssen koordiniert sowie in bestehende Systeme integriert werden. Dazu gehören Datenmodellierung, Auftragssteuerung, Kunden-Management, Marketing und natürlich Logistik. Im Zentrum steht bei den meisten eine Middleware als operatives System und Herzstück der Plattformanbindung. Das initiale Setup aus all diesen Komponenten ist daher entschei
dend, um die Komplexität „nach hinten raus” im Griff zu behalten.
• Passende Sortimentsstrategie:
Die Frage nach der richtigen Ware zum richtigen Preis am richtigen Ort muss nun von den Produktanbietern selbst beantwortet werden – und dies im Kontext der sonst geltenden Produkt- und Vertriebsstrategie. Die veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen gilt es zu berücksichtigen, teilweise schon während der Produktion. Daher sind das eigene Business-Modell und die Kostenkontrolle der Schlüssel zum Erfolg.
• Marktplatzfähige Logistik:
Von der Produktion bis zum Warenfluss muss alles reibungslos ablaufen – auch mögliche Kapazitätsspitzen abfangen. Lagerung und Logistikschnittstellen sowie Service inklusive Retoure und Aufbereitung sollten einwandfrei funktionieren.
• Dedizierte Organisation:
Prozesse und Organisation müssen aufgrund der neuen Plattform-Roadmap optimiert und orchestriert werden. Nun kommt der Chief Amazon Officer (CAO) ins Spiel. Er muss die strategischen Herausforderungen im Griff haben.
Darum braucht es einen Chief Amazon Officer
Eine steigende Zahl von Plattformen bedeutet wachsende Komplexität. Am Anfang ist die Anbindung an eine Plattform noch recht leicht und mit Sonderprozessen möglich. Schnell aber steigert das Arbeitspensum. Spätestens dann, wenn das Geschäft etabliert ist und weitere Kanäle hinzukommen. Jetzt werden auch die Auswirkungen auf weitere Geschäftsbereiche wie Marketing, Vertrieb, IT, Content-Aufbau, Kunden-Management/CRM, Helpdesk, Logistik und vieles mehr deutlich. Um das alles zu managen, ist eine Position auf C-Level, also in der höchsten Management-Ebene, nötig. Wird eine Marke auf einer Plattform repräsentiert, muss sich der Chief Amazon Officer die Frage stellen, wie die Adaption sämtlicher Wertschöpfungsketten im eigenen Unternehmen aussieht.
Wie müssen Lieferketten angepasst werden? Funktionieren meine Produkte auf den jeweiligen Plattformen anders? Welche Marktplätze sind überhaupt relevant? Viele Fragen, die es zu beantworten gilt. Da die Anforderungen der Plattformökonomie oftmals im Gegensatz zum bestehenden Geschäftsmodell stehen, ist es wichtig, sich intensiv mit ihnen, auch aus strategischer Sicht, auseinanderzusetzen.