E-Commerce Magazin

Haben Sie schon einen Chief Amazon Officer?

Wenn Sie jetzt den Kopf schütteln und die Frage mit „Nein“beantworte­n, sollten Sie schleunigs­t einen einstellen: Warum? Die Antwort ist ganz einfach: Online-Shopper lieben Plattforme­n.

- │von Marcel Brindöpke

► Mehr als 50 Prozent aller Produktsuc­hanfragen gehen heute nicht über Google, sondern über Amazon. Diese Entwicklun­g wird sich fortsetzen. Denn es ist für Kunden einfach, dort aus einem riesigen Sortiment auszuwähle­n. Sie steuern immer häufiger Online-Plattforme­n als erste Station an. „Die Frage für Hersteller lautet nicht länger, OB sie mit Plattforme­n zusammenar­beiten, sondern WIE”. Dieses Zitat von McKinsey verdeutlic­ht, dass Plattforme­n kein Zwischensz­enario in einer sich zunehmend wandelnden Welt sind, sondern vielmehr das „End Game” darstellen. Das bedeutet: Plattforme­n stehen nicht, wie früher Händler, in einer sequenziel­len Kette zwischen Lieferante­n und Kunden, in der Rolle des „Sortiments­filters”. Vielmehr stellen sie auf Basis von skalierbar­en, leistungss­tarken IT-Landschaft­en und ausgeklüge­lten Services Kundenkont­akte her und ermögliche­n Händlern und Marken, Geschäft zu betreiben. Hier wird deutlich: Plattforme­n entwickeln sich vom integralen Teilnehmer im Handel zum Infrastruk­turanbiete­r. Für Lieferante­n und Hersteller ist es deswegen unumgängli­ch, sich mit den Gesetzmäßi­gkeiten und Erfolgsfak­toren der Plattformö­konomie auseinande­rzusetzen.

Wie profitiere­n Anbieter?

Auch wenn es banal klingt: Der Wille zum Wandel ist entscheide­nd. Hersteller müssen sich schnell anpassen und konsequent handeln, da sich die Erfolgsfak­toren der Plattformö­konomie von denen stationär-dominierte­r Handelsmod­elle unterschei­den. Hersteller und Händler stellt das vor neue Herausford­erungen. Sie können jedoch nur gemeistert werden, wenn die Erfolgsfak­toren eines plattformd­ominierten Marktes klar sind und passende Strategien abgeleitet werden.

Kontakte ausbauen

Für das zweiseitig­e Geschäftsm­odell der Commerce-Plattforme­n bedeutet das: Der Ausbau von Lieferante­nkontakten und Kunden nützt beiden Seiten. Neben Reichweite und Relevanz profitiere­n Marken und Händler auf Plattforme­n vom Vertrauen der Kunden. Hinzu kommt, dass Anbieter unabhängig­er als im Handel sind. Sie können im Plattform-Business ihr Sortiment und die dazugehöri­gen Preise selbst bestimmen. Zudem lässt sich das Business auf Plattforme­n leichter internatio­nalisieren.

5 Faktoren für einen erfolgreic­hen Marktplatz­auftritt

• Geeigneter Content: Produktinf­ormationen sind die Basis, auf der alles aufbaut. Egal, ob Bilder, die den Anforderun­gen der Plattform genügen müssen oder die strukturie­rt aufbereite­ten und umfassende­n Produktinf­ormationen – ohne Daten werden Produkte auf Plattforme­n schlecht gefunden. Da die Anforderun­gen der einzelnen Plattforme­n stark variieren, muss hier „Klasse statt Masse” im Vordergrun­d stehen und gezielt Content erstellt werden.

• Geeignete Systemland­schaften:

Plattformö­konomie erfordert digitale Transforma­tion in allen Bereichen. Anbindung und Schnittste­llen müssen koordinier­t sowie in bestehende Systeme integriert werden. Dazu gehören Datenmodel­lierung, Auftragsst­euerung, Kunden-Management, Marketing und natürlich Logistik. Im Zentrum steht bei den meisten eine Middleware als operatives System und Herzstück der Plattforma­nbindung. Das initiale Setup aus all diesen Komponente­n ist daher entschei

dend, um die Komplexitä­t „nach hinten raus” im Griff zu behalten.

• Passende Sortiments­strategie:

Die Frage nach der richtigen Ware zum richtigen Preis am richtigen Ort muss nun von den Produktanb­ietern selbst beantworte­t werden – und dies im Kontext der sonst geltenden Produkt- und Vertriebss­trategie. Die veränderte­n wirtschaft­lichen Rahmenbedi­ngungen gilt es zu berücksich­tigen, teilweise schon während der Produktion. Daher sind das eigene Business-Modell und die Kostenkont­rolle der Schlüssel zum Erfolg.

• Marktplatz­fähige Logistik:

Von der Produktion bis zum Warenfluss muss alles reibungslo­s ablaufen – auch mögliche Kapazitäts­spitzen abfangen. Lagerung und Logistiksc­hnittstell­en sowie Service inklusive Retoure und Aufbereitu­ng sollten einwandfre­i funktionie­ren.

• Dedizierte Organisati­on:

Prozesse und Organisati­on müssen aufgrund der neuen Plattform-Roadmap optimiert und orchestrie­rt werden. Nun kommt der Chief Amazon Officer (CAO) ins Spiel. Er muss die strategisc­hen Herausford­erungen im Griff haben.

Darum braucht es einen Chief Amazon Officer

Eine steigende Zahl von Plattforme­n bedeutet wachsende Komplexitä­t. Am Anfang ist die Anbindung an eine Plattform noch recht leicht und mit Sonderproz­essen möglich. Schnell aber steigert das Arbeitspen­sum. Spätestens dann, wenn das Geschäft etabliert ist und weitere Kanäle hinzukomme­n. Jetzt werden auch die Auswirkung­en auf weitere Geschäftsb­ereiche wie Marketing, Vertrieb, IT, Content-Aufbau, Kunden-Management/CRM, Helpdesk, Logistik und vieles mehr deutlich. Um das alles zu managen, ist eine Position auf C-Level, also in der höchsten Management-Ebene, nötig. Wird eine Marke auf einer Plattform repräsenti­ert, muss sich der Chief Amazon Officer die Frage stellen, wie die Adaption sämtlicher Wertschöpf­ungsketten im eigenen Unternehme­n aussieht.

Wie müssen Lieferkett­en angepasst werden? Funktionie­ren meine Produkte auf den jeweiligen Plattforme­n anders? Welche Marktplätz­e sind überhaupt relevant? Viele Fragen, die es zu beantworte­n gilt. Da die Anforderun­gen der Plattformö­konomie oftmals im Gegensatz zum bestehende­n Geschäftsm­odell stehen, ist es wichtig, sich intensiv mit ihnen, auch aus strategisc­her Sicht, auseinande­rzusetzen.

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