„Das Verpackungsaufkommen wird weiter steigen“
Mathias Pfannschmidt, Produktmanager bei Ratioform
Noch immer werden viele online bestellte Artikel in Folie und Plastik verpackt. Welche Alternativen gibt es?
Das stimmt – und während Corona ist die Nachfrage nach Kunststoffverpackungen nochmal deutlich angezogen, obwohl es heute zahlreiche Optionen gibt. Wir unterscheiden zwischen zwei Typen: Packmaterialien, die komplett ohne Kunststoffe auskommen, ein Beispiel dazu sind Isolierboxen aus Stroh statt Styropor. Und Verpackungen aus nachhaltigen Äquivalenten, etwa Packbänder aus bio-basierten Kunststoffen. Bei Ratioform unterstützen wir Anwender, die schonendste Verpackungslösung zu finden.
Wir betrachten dabei aber nicht nur die Packmaterialien an sich, sondern die gesamte Lieferkette. Wenn beispielsweise eine Verpackung aus Recyclingpapier wesentlich schwerer ist als die Kunststoffalternative und dadurch beim Transport ein höherer CO2-Ausstoß entsteht, kann Kunststoff ökologisch und ökonomisch die bessere Wahl sein.
Wie stellt sich das preislich für Online-Händler dar?
Eine nachhaltige Packlösung muss nicht unbedingt teurer sein. Wenn Online-Händler ihre Verpackungen so optimieren, dass sie leichter sind und weniger Luft transportieren, ergibt sich echtes Einsparpotenzial sowohl beim CO2-Ausstoß als auch bei den Transportkosten. Hinzu kommt ein weiterer Punkt: Für Verbraucher ist umweltschonendes Packmaterial zunehmend wichtig. Nachhaltige Verpackung wird immer mehr zu einem Wettbewerbsvorteil. Viele unserer Kunden aus dem Handel sind daher bereit, für umweltschonende Packmaterialien etwa zehn Prozent mehr auszugeben – eine lohnende Investition.
Die Verpackungsindustrie legt bereits großen Wert auf die Recyclingfähigkeit von Verpackungen. Trotzdem gibt es noch viel Nachholbedarf. Wo sehen Sie die Hauptschwierigkeiten?
Die größte Herausforderung ist aktuell, eingefahrene Prozesse im Kreislaufsystem zu überwinden. Wir beobachten, dass oft ausschließlich auf den Ersatz von Plastik mit Hilfe von Papier gesetzt wird, weil es dazu bereits Verfahren zu Recycling und Weiterverwertung gibt. Alternative Lösungsansätze wie Graspapier oder biologisch abbaubare Kunststoffe haben es derzeit noch schwer. Es gibt zahlreiche intelligente Lösungen, die ihren Mehrwert für die Umwelt aber nur entfalten können, wenn Verarbeiter, Markt und Verwerter aktiv an einem Strang ziehen.
Wie wird sich Ihrer Meinung nach das Verpackungsaufkommen im kommenden Jahr entwickeln und wie gelingt es, die Recyclingquote zu erhöhen?
Das Verpackungsaufkommen wird weiter steigen. Kunststoff steht dabei zu Recht in der Kritik. Das liegt weniger an den Materialien selbst, sondern an den geschönten Recyclingzahlen. Um den Recyclinganteil zu erhöhen, ist der Trend „hin zu Papier“sicher ein wichtiger Baustein. In Bereichen, wo sich mittel- bis langfristig keine Papierlösungen etablieren lassen, wird das Thema CO2-Neutralität zu einem wichtigen Schritt hin zu nachhaltigen Packlösungen. Am Ende gilt: Die Fracht muss unbeschadet ankommen. Daran wird sich auch 2021 nichts ändern. ║