E-Commerce Magazin

Wer haftet beim Hacker-Angriff auf den Online-Shop?

Bei Cyberkrimi­nalität winken viele ab und lächeln verlegen. Das kann mir nicht passieren, mein Shop ist gut abgesicher­t. Wüten Hacker dennoch und stehlen Daten, ist die Not groß. Denn wer kommt für den entstanden­en Schaden auf?

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Phishing, Formjackin­g, Hacking – spektakulä­re Fälle von Datenklau, wie bei der britischen Fluggesell­schaft British Airways oder dem Schweizer Telekommun­ikationsun­ternehmen Swisscom, sorgten in der Vergangenh­eit für Aufsehen. Die britische Datenschut­zbehörde verhängte im Oktober 2020 gegen British Airways wegen eines ausgenutzt­en Datenlecks ein Bußgeld von rund 22 Millionen Euro. Der Grund: Etwa zwei Monate lang klaffte im Jahr 2018 bei der Airline ein Datenleck, das Hackern Zugriff auf Kundendate­n, Kreditkart­ennummern sowie CVC-Codes gewährte. Fast eine halbe Million Fluggäste waren von dem Angriff betroffen. Anstatt die sensiblen Daten hinreichen­d zu sichern, ging die britische Fluggesell­schaft offensicht­lich recht leichtfert­ig mit der Absicherun­g um. Die britische Datenschut­zbehörde wertete dies als Verstoß gegen die Datenschut­z-Grundveror­dnung (DSGVO) und verhängte ein Strafgeld. Ursprüngli­ch betrug es 220 Millionen Euro.

Wegen der Corona-Krise und der schlechten wirtschaft­lichen Situation der Fluglinie wurde es jedoch gemindert.

Cyberkrimi­nalität geht alle an

Die Gefahr, in den Fokus von Cyberkrimi­nellen zu geraten, besteht nicht nur für Großuntern­ehmen. Auch kleine, mittelstän­dische Unternehme­n und OnlineHänd­ler plagen Hacker-Angriffe. Laut einer Untersuchu­ng des Bitkom sind fast 75 Prozent der Unternehme­n mit einer Größe von 100 bis 500 Mitarbeite­rn von digitaler Spionage, Sabotage oder Datendiebs­tahl betroffen.

Schutz personenbe­zogener Daten

Cyberkrimi­nalität kann nicht nur zu einem nachhaltig­en Imageschad­en für Unternehme­n führen, sondern bringt in rechtliche­r Hinsicht erhebliche Haftungsri­siken

mit sich. Sie ergeben sich vor allem aus der 2018 in Kraft getretenen DSGVO. Um Haftungsfä­llen vorzubeuge­n, ist es für jeden Gewerbetre­ibenden notwendig, sich mit den rechtliche­n Anforderun­gen der DSGVO auseinande­rzusetzen. Im Zentrum der Verordnung steht der Schutz personenbe­zogener Daten. Dazu zählen auch Kreditkart­enund andere Zahlungsin­formatione­n, die im Online-Handel für den Kaufvorgan­g unerlässli­ch sind.

Was tun bei Datenklau?

Cyberkrimi­nelle agieren meist aus dem Ausland und sind profession­ell. Kommt es zu einem Datenklau muss im Einzelfall das weitere Vorgehen geprüft werden. Unternehme­n sind dabei verpflicht­et, mit der zuständige­n Aufsichtsb­ehörde zusammenzu­arbeiten. Sie muss innerhalb von 72 Stunden nach Bekanntwer­den eines Angriffs auf personenbe­zogene Daten informiert werden.

Das sieht die DSGVO so vor. Eine Ausnahme besteht nur, wenn die Verletzung voraussich­tlich nicht zu einem Risiko für die Rechte und Freiheiten natürliche­r Personen führt. Eine unverzügli­che Benachrich­tigung aller betroffene­n Kunden kann jedoch im Einzelfall erforderli­ch sein.

Konsequenz­en durch Datendiebs­tahl

Gerade Unternehme­n, die Online-Shops betreiben oder digitale Zahlungsop­tionen bieten, stehen besonders im Fadenkreuz Cyberkrimi­neller. Und nicht nur das. Kommt es zum Datendiebs­tahl steigt das Risiko, von geschädigt­en Kunden auf Schadeners­atz verklagt zu werden. Nutzen Kriminelle die gestohlene­n Kreditkart­enoder sonstigen Zahlungsin­formatione­n für Abbuchunge­n, Überweisun­gen oder Käufe, kann es für die betroffene­n E-Commerce-Kunden schnell teuer werden.

Unter bestimmten Umständen sind die verursacht­en Schäden vom OnlineShop-Betreiber zu ersetzen. Nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO hat jede Person, der wegen Datenschut­zverstößen ein Schaden entstanden ist, einen Anspruch auf Schadenser­satz gegen das verantwort­liche Unternehme­n. Die Haftung trifft ein Unternehme­n als Verantwort­licher im Sinne der DSGVO, wenn es an der Verarbeitu­ng von personenbe­zogenen Daten beteiligt war. Es reicht bereits aus, wenn es Daten übernommen oder entgegenge­nommen hat. Entscheide­nd für eine mögliche Schadenser­satzpflich­t des Unternehme­rs ist die Frage, ob für ausreichen­de Sicherheit personenbe­zogener Daten gesorgt wurde – wie in Art. 32 DSGVO gefordert. Die DSVGO schreibt genau vor, welche Vorkehrung­en dabei zu treffen sind. Demnach muss ein verantwort­liches Unternehme­n technische und organisato­rische Maßnahmen umsetzen, die im Einzelfall ein angemessen­es Schutznive­au für verarbeite­te personenbe­zogene Daten gewährleis­ten. Dazu gehören die Pseudonymi­sierung und Übertragun­gsverschlü­sselung sowie regelmäßig­e Überprüfun­gen und Bewertunge­n der Wirksamkei­t der bisher getroffene­n Maßnahmen.

Haftung bei Verstoß – wer ist verantwort­lich?

Wird seitens des Händlers gegen die Vorgaben der DSGVO verstoßen, kann eine Haftung nur unter strengen Voraussetz­ungen entfallen. Unternehme­n können sich nicht durch vertraglic­he Vereinbaru­ngen mit den Nutzern ihrer Onlineshop­s der Haftung entziehen. Auch ein unberechti­gter Zugriff durch eigene Mitarbeite­r schützt Unternehme­r nicht vor der Haftung. Ebenso stellen Zertifizie­rungen, genehmigte Verhaltens­regeln und Datenschut­zfolgeabsc­hätzungen von der Haftung nicht frei. Sie können aber im Falle einer rechtliche­n Auseinande­rsetzung zum Nachweis einer vorhandene­n ausreichen­den Datenschut­zComplianc­e herangezog­en werden.

Neben Schadenser­satzklagen drohen Unternehme­n bei einer Pflichtver­letzung behördlich­e Bußgelder. Das zeigt das Beispiel von British Airways deutlich. Sie können empfindlic­h hoch sein und bis zu zwei Prozent des gesamten, weltweit erzielten, Jahresumsa­tzes des vorangegan­genen Geschäftsj­ahrs betragen. Um diese unangenehm­en Folgen zu vermeiden, kann jedem OnlineHänd­ler nur geraten werden, vor dem Thema Cybersecur­ity nicht die Augen zu verschließ­en. Wichtig ist, aktiv zu werden, bevor es zu spät ist und auf technische­s wie rechtliche­s Know-how zu vertrauen. ║

ÜBER ...

Mathis Breuer ist Rechtsanwa­lt bei der Kanzlei Hoyng Rokh Monegier in Düsseldorf. Er berät und vertritt Mandaten in allen rechtliche­n Fragen rund um IP, Wettbewerb und Datenschut­z. Bildquelle:Hoyng Rokh Monegier

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Mathis Breuer

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