Bestattungswald im Spahner Südholz feierlich eröffnet
Bestattungswald im Spahner Südholz feierlich eröffnet / Redner erinnern an Streit
Zwei besondere Ereignisse haben das Pfingstwochenende in der Samtgemeinde (SG) Sögel geprägt. Im Spahner Südholz bei Spahnharrenstätte hat die SG gestern den jahrelang umstrittenen Bestattungswald feierlich eröffnet. Noch in dieser Woche sollen dort die ersten Bestattungen vollzogen werden. In den Ansprachen vor mehr als 200 Besuchern kamen mehrfach die politischen Streitereien um das Projekt, aber auch der Wunsch nach Ruhe und Frieden zum Ausdruck. Einen Tag vor der Eröffnung des Bestattungswaldes hat die rumänisch-orthodoxe Kirchengemeinde den Grundstein für ein eigenes Gotteshaus in Sögel gelegt. Mit dem Bau der Kirche soll im nächsten Frühjahr begonnen wären. Es wäre die vierte ihrer Art in Deutschland.
SPAHNHARRENSTÄTTE Im Spahner Südholz bei Spahnharrenstätte hat die Samtgemeinde (SG) Sögel gestern den umstrittenen Bestattungswald eröffnet. Noch in dieser Woche sollen dort die ersten Bestattungen vollzogen werden. In den Ansprachen vor mehr als 200 Besuchern kamen mehrfach die politischen Querelen der vergangenen Jahre zu dem Projekt, aber auch der Wunsch nach Ruhe und Frieden zum Ausdruck.
Die Steine auf dem frisch angelegten Weg durch den Bestattungswald knirschen bei jedem Schritt. Ein sanfter Wind streichelt die Baumkronen, Vögel zwitschern. Der Weg mündet in einen kreisrund angelegten Andachtsund Gebetsplatz, über dem in einer fünf Meter hohen Vorrichtung das Kreuz hängt, das Günter Schnorrenberg, Lambert Hackmann, Rudi Lohmann und Michael Horstmann ehrenamtlich entworfen und hergestellt haben. Die Besucher nehmen im Halbkreis vor dem Kreuz Platz. Mit einer Komposition von Joseph Haydn stimmen Melanie Korte und Gaby Jansen vom Spahnharrenstätter Klarinetten-Ensemble auf die Eröffnungsfeier ein.
Plötzlich kontrovers
Als Erster ergreift SG-Bürgermeister Günter Wigbers (CDU) das Wort. Und er schlägt ernste Töne an. Nicht nur, weil die Eröffnung „ein Moment ist, der bewegt“, sondern weil es nach seiner Auffassung viel zu lange gedauert habe, bis die SG die neue Bestattungsmöglichkeit anbieten könne. Zwischenzeitlich hatte es mehrere Gerichtsverfahren, einen mehrmonatigen Baustopp und turbulente Bürgerversammlungen gegeben.
Wigbers erklärt, dass man fünf Jahre auf kirchlicher
und kommunaler Ebene zunächst sehr konstruktiv, dann aber plötzlich auch kontrovers diskutiert habe. Die Diskussion habe alle Beteiligten an die Grenzen gebracht und auch belastet. Damit meine er in erster Linie aber nicht die gerichtlichen Auseinandersetzungen, Zeitungsberichte, die „in Teilen ganz unerträglichen und unwürdigen Facebook-Veröffentlichungen“oder „menschliche Enttäuschungen“.
Vielmehr ginge es um die Gespräche mit Angehörigen, die mit ihren Verstorbenen zu Lebzeiten besprochen hätten, dass sie ihre letzte Ruhe im Spahner Südholz finden wollten. Dass sie in den vergangenen Jahren „voller Ungeduld und Verzweiflung“hätten ertragen müssen, dass sie keinen Ort gehabt hätten, um mit und um ihre Angehörigen zu trauern, „das ist, was die Angehörigen und auch uns so sehr aufgewühlt, belastet und betroffen gemacht hat“, betont Wigbers.
Dass den Menschen die freie Wahl überlassen werde, wo sie ihre letzte Ruhe finden, sei auch ein Akt der christlichen Nächstenliebe. Ein Bestattungswald sei kein Ausdruck von Beliebigkeit oder des Zeitgeistes, sondern er folge den Bedürfnissen von Menschen. „Wir verraten nicht nur unseren Glauben nicht, wir verraten auch unsere Werte nicht, im Gegenteil“, sagt Wigbers. Der Sögeler SG-Rat und der Spahnharrenstätter Gemeinderat seien ihren Überzeugungen, Politik für die Menschen zu machen, treu geblieben. Die Beschlüsse seien „nach ganz normalen demokratischen Grundsätzen“gefasst worden.
Willen respektieren
Die Entscheidung über Ort und Form der letzten Ruhe sei eine höchstpersönliche. Diesen Akt der Selbstbestimmung gelte es zu respektieren. „Versprechen wir uns doch heute einfach, es jetzt gut sein zu lassen und den Menschen ohne Gewissensnot die freie Wahl zu lassen. Respektieren wir doch einfach den letzten Willen eines jeden Menschen“, appelliert Wigbers.
Einen besonderen Dank richtet der SG-Bürgermeister unter dem Applaus der Zuhörer an den Spahnharrenstätter Bürgermeister Reinhard Timpker („Auch an euch ist das alles nicht spurlos vorbeigegangen“), sowie an die Arenberg Meppen GmbH, die Eigentümerin des Waldes im Spahner Südholz ist. Der wirtschaftliche Ertrag aus dem Bestattungswald fließe in die Arenberg-Stiftung, die unter anderem die Finanzierung
von Kindergärten auch in der SG Sögel fördere.
In dieser Woche sollen die ersten beiden Bestattungen vollzogen werden. Die Nachfrage sei groß. Wigbers räumt allerdings ein, dass der Wald noch nicht ganz fertig ist. So müsse im Winter weiteres Totholz beseitigt und die EDV-gestützte Friedhofsverwaltung endgültig eingerichtet werden. Anonyme Bestattungen seien nicht erlaubt.
Timpker hebt hervor, dass die Veränderung in der Bestattungskultur inzwischen auch den ländlichen Raum erreicht habe. Er wirbt um „Toleranz gegenüber den Wünschen der Lebenden“und „Respekt gegenüber den Toten“. Beides sei maßgebend für das lokalpolitische Entscheidungshandeln gewesen.
„Gemeinde hat gelitten“
Der Bürgermeister betont, dass die Gemeinde unter der Debatte gelitten habe. Zwischenzeitlich habe man den Eindruck gewinnen können, der ganze Ort wäre gegen den Bestattungswald. Dabei sei die breite Mehrheit entweder neutral oder habe dem Vorhaben positiv gegenübergestanden. Die mediale Präsenz habe leider „wie so oft“der lautstarken Minderheit gehört, beklagt Timpker.
Den kirchlichen Segen erteilen gemeinsam Pfarrer Bernhard Horstmann von der Hümmlinger Pfarreiengemeinschaft, Pastor Matthias Voss von der evangelischen Markuskirchengemeinde sowie Pfarrer Marius-Gabriel Matei von der rumänisch-orthodoxen Kirchengemeinde. Horstmann spricht von einer „Stätte der Hoffnung und des Neubeginns“.
Die Besucher der Eröffnungszeremonie sind offenbar zufrieden. „Toll, dass sie es trotzdem durchgezogen haben“, sagt eine von ihnen.
Alle Infos und Hintergründe zur Debatte um den Bestattungswald auf noz.de/soegel
„Versprechen wir uns doch heute einfach, es jetzt gut sein zu lassen“Günter Wigbers, SG-Bürgermeister