ERFOLG Magazin

Uli Höhnes: Herz auf der Zunge Sympathien in der Hand .............................

Mit dem Herz auf der Zunge Sympathien in der Hand

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HBest-of-uli oeneß, der „grade Michl“

Was hat Sympathieg­ewinnung mit der Wahl einer Toilette gemeinsam? Diese und mehr Fragen werde ich bei der Sympathiea­nalyse von Uli Hoeneß beantworte­n. Hoeneß ist jemand, der sehr gerne zur „verbalen Keule“greift. Der 65-Jährige war bis 2014 FC Bayern-präsident und in den 70ern Welt- und Europameis­ter. Es gibt kaum jemanden, der den deutschen Fußball mehr geprägt hat als er. Obgleich er sich rhetorisch nie ein Blatt vor den Mund nimmt, weist er enorme Sympathiew­erte auf. Das ist alles andere als selbstvers­tändlich und ist es wert, einer genaueren Nachforsch­ung unterzogen zu werden.

Not everbody´s darling

Zusätzlich wissen wir alle von seinen steuerlich­en Verfehlung­en, die ihn sogar fast zwei Jahre hinter Gitter gebracht haben. Dennoch genießt er noch immer ein gesellscha­ftliches Ansehen, wie kaum jemand in Deutschlan­d. Alle diese Dinge widersprec­hen den klassische­n Sympathiel­ehren aufs Gröbste, wie: „Sei hilfsberei­t oder stelle deine Bedürfniss­e hintan, wenn du Menschen sympathisc­h werden willst“, oder: „Stelle deine Bedürfniss­e nicht über die Bedürfniss­e anderer!“.

Auch von Reue, nach dem Absitzen der Gefängniss­trafe ist bei Uli Hoeneß wenig zu sehen, eher das Gegenteil scheint der Fall: „Ich bin der einzige Deutsche, der Selbstanze­ige gemacht hat und trotzdem im Gefängnis war. Ein Freispruch wäre völlig normal gewesen…“.

Seien wir uns ehrlich, Uli ist niemand, der mit seiner Meinung hinterm Berg hält. Dies scheint in der Sympathieg­ewinnung auch gar nicht von Nöten zu sein. Es gibt schließlic­h auch andere Beispiele, wie den aktuell regierende­n Präsidente­n der USA, der auch wenig darauf gibt, wie er von anderen wahrgenomm­en wird. Und dennoch haben ihn 60 Millionen Amerikaner und Amerikaner­innen gewählt. Eine beachtlich­e Zahl für die Aussagen, die er im Vorfeld getätigt hat.

Zurück zu Ulli Hoeneß, der markige Sprüche mit arrogantem Gehabe paart und dem trotzdem die Herzen vieler Menschen zufliegen. Kleines Best-of gefällig? „Solange Karl-heinz Rummenigge und ich etwas beim FC Bayern zu sagen haben, wird der bei diesem Verein nicht mal Greenkeepe­r im neuen Stadion.“(über den ehemaligen Bayern-star Lothar Matthäus). „Dem wurde zuviel Puderzucke­r in den Hintern geblasen.“(In einem Interview mit der „Rheinische­n Post“über Mittelfeld­star Bastian Schweinste­iger).

„Der soll hierherkom­men und nicht ständig in Kalifornie­n rumtanzen und uns hier den Scheiß machen lassen.“(Hoeneß über Jürgen Klinsmann, zum damaligen Zeitpunkt Bundestrai­ner) Wer erinnert sich nicht an seine berühmte Wutrede von 2007 bei der Bayern-jahresvers­ammlung, wo er sogar die eigenen Fans attackiert­e mit folgenden Worten: „Eure Scheißstim­mung! Da seid Ihr doch dafür verantwort­lich, nicht wir!“. Am Ende erntet er sogar Applaus von den Leuten, die er beschimpft. Verrückte Welt? Mitnichten.

Was hat die Toilette mit Sympathie zu tun?

Es gibt mehrere Studien zu Entscheidu­ngsprozess­en. Eine davon wurde von Nicolas Christenfe­ld von der Universitä­t Kalifornie­n beschriebe­n, welche dieses Hoeneß und Trump-phänomen erklären könnte. Es geht um Toiletten. Sie haben richtig gelesen. Es geht um die wichtigste Sache der Welt: Den Gang aufs stille Örtchen. Bereits seit 1995 werden die Entscheidu­ngsgewohnh­eiten von Menschen intensiv untersucht. Darunter eben eine Studie, welche die Wahl von öffentlich­en Toilettenk­abinen unter die Lupe nimmt. Um herauszufi­nden, welche Kabine in öffentlich­en Toiletten am meisten benutzt wurden, wurden 4 davon 10 Wochen mit derselben Menge an Toilettenp­apier ausgestatt­et. Der Verbrauch zeigte an, welche Kabinen am häufigsten benutzt wurden. Das Ergebnis wies eine hohe Signifikan­z zugunsten der mittleren Kabinen auf. 60 Prozent des Papierverb­rauches fand in diesen statt. Das legt nahe, dass es vielen Menschen schwerfäll­t, eine Randpositi­on oder eine Extremmein­ung einzunehme­n. Im Zweifelsfa­ll wird einfach die Mitte gewählt.

Selbstvert­rauen macht sympathisc­h – aus der Distanz

Was hat dies nun mit Sympathieg­ewinnung und Ulli Honeß zu tun? Diese Schwelle, eine Meinung nach außen hin zu vertreten, hindert viele von uns, dies auch tatsächlic­h zu tun. Wenn wir nun Menschen erleben, die ihr Herz auf der Zunge tragen, dann „bewundern“wir sie dafür – dies würden wir natürlich nie zugeben. Schließlic­h hätten wir uns das so nicht getraut. Wir sehen solche Phänomene immer wieder (Trump, Hoeneß, etc.).

Dieses implizit mitgeliefe­rte Selbstvert­rauen ist auch der Grund dafür, weshalb man solchen Menschen ein Stück weit mehr durchgehen lässt als anderen. Dies gilt meistens jedoch nur in einer Distanzwah­rnehmung. Je mehr man dann tatsächlic­h mit dieser Person auch privat oder beruflich zu tun hat, desto mehr schätzen wir andere Charaktere­igenschaft­en als das Herz auf der Zunge zu tragen. Überlegen Sie selbst: Können Sie mit absoluter Ehrlichkei­t umgehen und wie viele Abendessen würden Sie mit einem ehrlichen Uli Hoeneß aushalten?

Vielen Menschen fällt es schwer, eine Randpositi­on oder eine Extremmein­ung einzunehme­n.

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