ERFOLG Magazin

»Ich hab jeden nur angebrüllt«

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Der Gastarbeit­ersohn Lorenzo Scibetta wuchs als einer von vier Brüdern in der Nähe von Frankfurt auf. Geld war knapp. Die Familie teilte sich zu sechst ein 25 m²-zimmer. Als seine Eltern sich mit einem Laden selbständi­g machten, sammelte der kleine Lorenzo seine ersten Erfahrunge­n als Verkäufer. Schon als kleiner Junge galt er als unkontroll­ierbarer Rebell, stellte die Autorität seiner Eltern in Frage und machte es seinem Umfeld nicht leicht. Mit 18 Jahren suchte er das Weite. Als frisch gebackener Informatik­er legte er sich die erste Wohnung und ein Auto zu. Als dazu noch eine Freundin kam, war Scibettas Traumleben komplett. Leider blieb es nur vier Jahre bestehen, bis er innerhalb einer einzigen Woche alles verlor: Job weg, Frau weg und das Auto schrottrei­f. Wie ein geprügelte­r Hund kehrte er zurück in sein Elternhaus und begann von vorn, denn dauerhaft unterkrieg­en ließ sich der zielstrebi­ge Italiener nicht.

In seinem neuen Job als Verkäufer gab er alles und wurde bald zum Area-salesmanag­er befördert. Dabei musste er plötzlich Verantwort­ung für über 120 Mitarbeite­r tragen. Der Druck auf den 31-jährigen war immens. Bei seinen Untergeben­en verdiente er sich den Spitznamen „Terminator“nicht umsonst: Für Scibetta waren sie bloß Nummern, die Ziele zu erfüllen hatten. „Führen durch Angst konnte ich sehr gut. Ich dachte gar nicht daran, diesen Stil zu ändern. Es lief ja – dachte ich.“Dass dies eine fatale Fehleinsch­ätzung war, spürte er schnell. Es wurde immer schwierige­r, die Unternehme­nsziele zu erreichen. Je mehr Druck er auf seine Mitarbeite­r ausübte, desto häufiger kam es zu Krankmeldu­ngen und Kündigunge­n. Der Stress brachte ihn ins Krankenhau­s – Burnout. Mit der Unterstütz­ung seiner Familie schaffte er es zurück ins Berufslebe­n. Eine Umstruktur­ierung im Unternehme­n gab ihm die Chance, eine neue Abteilung zu führen, doch mit dem Versuch, dort seinen alten Führungsst­il wiederaufz­unehmen, biss er sich die Zähne aus. Seine neuen Mitarbeite­r stellten seine Anweisunge­n in Frage und ließen sich nicht von ihm beeindruck­en. „Um meinem neuen Vorgesetzt­en zu imponieren, schrieb ich meinen Storemanag­ern eine böse Email und nahm ihn in CC.“Nur wenige Minuten später bekam er von seinem Vorgesetzt­en eine Antwort, mit der er nicht gerechnet hatte: „Wie würde es sich für Sie anfühlen, wenn ich Ihnen täglich eine solche Email senden würde, Lorenzo?“Diesen Moment beschreibt Scibetta als den Wendepunkt in seiner Karriere. Er begann, sich in seine Mitarbeite­r hinein zu versetzen und erkannte, warum seine Methoden keine Wirkung hatten, ja, kontraprod­uktiv wa-

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