»FRÜHER WAR ICH AUSSENSEITER« Bülent Ceylan im Interview über Talent, Erfolg und Sicherheitsdenken
Am Anfang, als du noch kein Komiker warst und noch nicht die Entscheidung hattest, wie sah dein Plan aus? Erinnerst du dich noch daran, was du eigentlich vorhattest? Mein Abi habe ich noch gemacht, aber das Politik- und Philosophie-studium habe ich abgebrochen. Eigentlich wollte ich in die Medien gehen. Ganz früher, in der Schulzeit, wollte ich noch Sonderpädagoge werden oder Psychologie studieren. In meinem Fall war es vielleicht besser, dass ich auf der Bühne gelandet bin und nicht in der Anstalt.
Wann kam die Entscheidung zur Comedy? Hast du schon immer die Leidenschaft gehabt, andere zu unterhalten?
Das kam später in der Oberstufe. Vorher war ich eher der Außenseiter - sehr zurückhaltend. Mein erster Fan war wahrscheinlich meine Mutter, die habe ich als Kind schon zum Lachen gebracht. Und dann später, auf dem Schulfest in der elften Klasse, habe ich Boris Becker imitiert. Becker oder Helmut Kohl zu imitieren, war damals total in. Das kam auch ziemlich gut an bei den Lehrern und den Schülern. Alle meinten, dass ich dazu Talent habe und mehr machen sollte. So kam ich zum Radio und habe hier und da mal ein Praktikum gemacht. Dort konnte ich dann Stimmen imitieren. Mit 23 Jahren ging es für mich zum ersten Mal auf die Bühne. Ich hatte zwar noch kein Soloprogramm, aber fast.
Du hast gerade gesagt, dass du dein Studium abgebrochen hast. Ich höre oft von Studenten, die mitten im Studium merken,
dass es doch nichts für sie ist, sich aber nicht trauen, abzubrechen. Was sagst du solchen Leuten? Zieh durch und bleib vorsichtig oder brich ab und mach dein Ding?
Das kommt darauf an. Eigentlich bin ich als Steinbock ein Sicherheitsmensch. Ich habe zwar an das geglaubt, was ich mache, aber es hat trotzdem zehn Jahre gedauert, um den Durchbruch zu schaffen. Der Weg war lang und ich musste viel Geduld haben. Ich habe das aber immer gespürt, dass es das richtige ist. Wenn ich aber die Leute bei DSDS oder dergleichen sehe, die denken, sie könnten singen und jahrelang fest daran glauben, dann ist das etwas anderes. Man braucht ein gutes Umfeld, das einem nicht nur sagt: „Ja ja, du bist gut.“Sondern auch wirkliche Freunde, die einem ein ehrliches Feedback geben. Selbst dann muss man abwägen, wenn es zum Beispiel mal finanziell nicht so läuft. Man braucht zumindest eine sichere Sache. Wenn es doch klappt, ist es schön. Manchmal denke ich mir: „Hättest du dein Studium doch mal durchgezogen.“Im Nachhinein bin ich natürlich froh, dass alles gut gelaufen ist. In den letzten zehn Jahren gab es aber auch Zeiten, wo es nicht vorwärts ging und ich nur vor 20 oder 30 Leuten gespielt habe. Dann muss man gucken, wie man das überlebt. Die Momente gab es, in denen ich mich gefragt habe, ob es die richtige Entscheidung war oder nicht. In den allermeisten Fällen ist es besser, erstmal etwas Sicheres zu haben - ob das eine Ausbildung ist oder ein Studium. Es wäre fatal von mir zu sagen, dass alle abbrechen müssen, nur weil ich es geschafft habe. Guck dir mal an, wie viel Prozent es wirklich schaffen. Ich habe das große Glück gehabt. Ich will gar nicht sagen, dass es nur an meinem Talent lag, es gab auch die richtigen Leute um mich herum. Es gibt viele Komponenten, die da mitspielen. Man muss realistisch bleiben. Ich habe es geschafft. Glaube daran, wenn du das Talent hast. Aber ich denke immer noch, dass die gewisse Sicherheit wichtig ist. Deswegen kann ich nur raten, wenn einer studiert, dann soll er studieren und es durchziehen.
Viele sagen, für Erfolg braucht man eine unbedingte Leidenschaft - von der man nachts sogar träumt. Bist du eher ein Professional, der sein Handwerk gut beherrscht oder könntest du ohne Comedy nicht leben?
Ich liebe das, was ich mache. Ob ich ohne das nicht leben könnte, ist eine schwierige Frage. Auch deswegen, weil ich Familienvater bin. Ich würde erstmal sagen, ohne meine Familie könnte ich nicht leben. Mein Beruf erfüllt mich, er gleicht mich aus und gibt mir gute Laune. Ich habe auch eine Stiftung für Kinder gegründet. Wenn ich nicht mehr auf der Bühne stehen könnte, würde ich mich da noch mehr engagieren, wobei das natürlich ehrenamtlich ist. Aber das mache ich sehr gerne und investiere gerne meine Zeit. Kinder sind